Copenhagen Design Week: Monique Engelund & Jonas Pedersen

Letzten August stand unser Ausflug nach Kopenhagen und zur CODE 10 unter keinem guten Stern. Wir sahen uns sogar gezwungen, die Frage zu stellen, ob dänisches Möbeldesign immer noch von Bedeutung ist.

Um diesen Punkt etwas mehr nachzugehen, haben wir jetzt zwei dänische Designer nach ihrer Meinung zum gegenwärtigen dänischen Möbeldesign befragt.

Monique Engelund und Jonas Pedersen haben in Aarhus Architektur studiert und einen Abschluss in Möbeldesign. Und nein, sie haben die Richtung nicht auf halber Wegstrecke geändert. Der Studiengang  ist in Aarhus so strukturiert, dass man in den ersten beiden Jahren „traditionelle“ Architektur studiert und sich anschließend auf Architektur oder Möbeldesign spezialisiert. Die korrekte Bezeichnung für Leute wie Monique und Jonas ist – das haben wir gelernt – „Möbelarchitekt“. Das ist nicht nur eine entzückende für sich stehende Bezeichnung, sie beinhaltet vielmehr einen der zentralen Gründe warum die Mitte des 20. Jahrhunderts so viele Designklassiker hervorgebracht hat: Ihre Produzenten waren Architekten, die wie Architekten ausgebildet worden waren, die wie Architekten dachten, die wie Architekten designten.

Jonas Pedersen

Jonas Pedersen

Für Jonas Pedersen liegt der Grund, warum Dänemark damals so sehr von diesem weltweiten Phänomen profitierte, in der Frage der Materialwahl. „In den 1950er und 1960er Jahren, als dänisches Möbeldesign bekannt wurde, gab es eine Menge an wirklich talentierten Architekten in Dänemark, die wiederum prinzipiell mit Holz arbeiteten und einen einzigartigen Stil entwickelten.“ Ein Stil der zum Synonym für Qualität und Innovation aus Dänemark wurde und der Namen wie Wagner, Jacobsen und Juhl etablierte.

Inwieweit aber sind diese „alten Meister“ eine Last für die jetzige Generation dänischer Designer – eine Generation, die nicht in einer Zeit geboren wurde, in der dänische Möbelgeschichte geschrieben wurde?

Das ist ein großes Problem, meint Jonas. „Viele Leute heutzutage denken immer noch, das dänisches Design von der Vergangenheit bestimmt wird. Es ärgert mich, dass nach wie vor die Meinung vorherrscht, dass gutes Design immer Design von damals ist. Dagegen müssen wir kämpfen.“

Erst kürzlich durfte Monique Engelund ihre eigene Erfahrung mit solchen Haltungen machen. Sie reichte auf eine Anzeige einer chinesischen Firma, die nach einem „neuen“, „jungen“, „wilden“, „frischen“, skandinavischen Designer suchte, einige ihrer Entwürfe ein. „Aber alles was sie wollten waren Holzmöbel, weil sie dachten, das ist, was wir machen!“

Im Raum folgt an der Stelle ein kollektives Achselzucken.

Aber was macht nun die nächste Generation. Was hat sie vor? Was motiviert sie? Sie stehen vor der Herausforderung, das 21. Jahrhundert zu gestalten. In den 1950er und 1960er Jahren rebellierten viele junge Designer gegen Konformität und kämpften für kreative Freiheit. Eine Freiheit, die junge Designer heutzutage haben, allerdings erst lernen müssen sie anzuwenden.

Monique Engelund

Monique Engelund

„An der Uni“ sagt Monique, „werden wir tatsächlich dazu angeregt rebellisch zu sein, was das Ganze in sich paradox macht.“ Es ist schwer in einem offenen Raum zu rebellieren. Man braucht Grenzen, um dagegen ankämpfen zu können. Solche Probleme sind natürlich nicht nur auf Dänemark begrenzt. Wir sind eine globale Gesellschaft.

Die neue Generation Designer muss lernen die Frage zu formulieren, die sie der Gesellschaft stellen möchte, bevor sie damit beginnt Antworten zu präsentieren. Das gehörte zu den Dingen, die wir auf der  CODE 10 vermisst haben. Innovation. Risiko. Jugendliche Rebellion. Und – wenn wir es ganz Old-School-Punk haben wollen – ein Manifest.

Zeit für uns, eine Panton Chair Miniatur auf den Tisch zu stellen und zu fragen: „Internationales oder dänisches Design?“

Jonas: „Der ist vom Mars …“

Monique: „Das ist sicherlich nicht gerade typisch dänisch.  Ich denke die Entwicklung des Stuhls ist europäisch. Ich glaube nicht, dass wir uns das als Verdienst anrechnen lassen können.“

Für viele Nicht-Dänen ist der Panton Chair aber der Inbegriff zeitgenössischen dänischen Designs. Die Arbeit wurde damals von Pantons dänischen Designmitstreitern kritisiert und verspottet, und Panton hätte in den 1960er Jahren in Dänemark niemals einen Hersteller gefunden. … Und wahrscheinlich auch nicht im China des 21. Jahrhunderts – wenn man an Moniques Erfahrungen denkt. (Obwohl das natürlich Ironie des Schicksals ist angesichts der vielen Kopien die von dort kommen.)

Die Generation vor Verner Panton war erfolgreich mit der Entwicklung einer einheitlichen, abgrenzbaren, konservativen Formensprache basierend auf ein und demselben Material. Verner Panton hingegen fand seinen Erfolg und revitalisierte damit letzten Endes dänisches Design, weil er neue Entwicklungen in der Produktion und der Materialtechnologie benutzte, um gegen diese anerkannten Vorstellungen zu rebellieren. Was zu der Schlussfolgerung führen könnte, dass wenn dänisches Design für die Zukunft relevant bleiben soll, man Designer braucht, die wiederum gegen Panton rebellieren.

Und tun sie es? In welche Richtung wird sich dänisches Möbeldesign bewegen?

Wenn man Jonas, Monique und ihren Zeitgenossen zuhört, bekommt man einen guten Eindruck von jungen Designern, die nicht länger einen Vertrag mit einem großen internationalen Hersteller als ihr ultimatives Ziel ansehen, sondern ihre Arbeiten als Lösungen für Probleme verstehen und nicht „bloß“ als Produkte. Oder wie Monique es eloquent formuliert: „Ich denke, dass es da eine Tendenz in Richtung Kombination von Design mit anderen Disziplinen wie Soziologie oder Ökologie gibt und man so nach dem tieferen Sinn des eigenen Produktes sucht.“

Wenn das mal keine Rebellion gegen die Wiederbelebung der Pop Art ist!

Wichtiger ist aber, dass man vielleicht einen Eindruck junger Designer bekommt, für die „dänisches Design“ nicht länger ein Designstil ist, sondern vielmehr ein geografischer Indikator.

Und genau so gibt es auch neue, junge dänische Hersteller wie Hay oder Norman Copenhagen, die das verstanden haben und ein internationaleres Portfolio haben, als das im goldenen Zeitalter des dänischen Designs der Fall war, aber dennoch jungen Designern aus Dänemark offen stehen. Und solche Hersteller sind an einen kontinuierlichen Strom an talentierten und intelligenten Möbelarchitekten wie Jonas Pedersen und Monique Engelund gebunden, die uns Hoffnung für dänisches Möbeldesign der Zukunft geben.

Vielleicht kam CODE 10 auch einfach nur zu früh!

Auf der Copenhagen Design Week zeigt Monique Engelund Noah´s Ark, eine Installation, die in Zusammenarbeit mit Sophie Alexandrine enstand und welche die ökologischen Lasten übermäßigem Konsums in den Kontext des Möbeldesigns überträgt.

 

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Arche Noah von Monique Engelund und Sophie Alexandrine @ Copenhagen Design Week

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