Bauhaus Archiv Berlin: Mein Reklame-Fegefeuer. Herbert Bayer. Werbegrafik 1928 – 1938

Bis Montag, den 24.Februar 2014, zeigt das Bauhaus Archiv Berlin die Ausstellung „Mein Reklame-Fegefeuer. Herbert Bayer. Werbegrafik 1928 – 1938.“

Der in Haag in Oberösterreich am 5. April 1900 geborene Herbert Bayer kam 1921 ans Bauhaus Weimar und zog mit der Institution 1925 nach Dessau, wo ihn Walther Gropius zum Leiter der neu etablierten Druck- und Reklamewerkstatt machte. 1928 verließ Bayer das Bauhaus und gründete sein eigenes Grafikdesign-Studio in Berlin, in dem er Aufträge für private und öffentliche Kunden realisierte, bevor er dann 1938 nach Amerika emigrierte. Herbert Bayer nahm 1964 an der Documenta 3 in Kassel teil und war 1968 für die Gestaltung der Bauhaus Retrospektive zum fünfzigsten Geburtstag der Institution in Stuttgart verantwortlich – sein letzter großer Auftrag. Im September 1985 starb Herbert Bayer in Santa Barbara, Kalifornien.

„Mein Reklame-Fegefeuer“, kuratiert von Prof. Dr. Patrick Rössler von der Universität Erfurt, präsentiert Grafikdesignprojekte Herbert Bayers, die er zwischen seinem Weggang aus Dessau, 1928, und seinem Umzug von Berlin nach Amerika, 1938, realisierte.

Obwohl es sich angeblich um eine Ausstellung zum Grafikdesign Herbert Bayers handelt, erzählt die Ausstellung doch weit mehr über die politischen und sozialen Entwicklungen in Deutschland dieser Zeit, in der sich bekanntermaßen die ereignisreichsten und global folgenschwersten Entwicklungen in der Geschichte des Landes abspielten.

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Bauhaus Archiv Berlin: Mein Reklame Fegefeuer. Herbert Bayer .Werbegrafik 1928 - 1938

Die erste Arbeit, die man zu sehen bekommt, ist Bayers Poster für die Bauhaus Ausstellung 1927 im Grassi Museum Leipzig – eine Ausstellung, die erheblich dazu beitrug, das Bauhaus einem größeren Publikum bekannt zu machen. Fast schon in Gegenüberstellung zum Leipzig-Poster werden einige Banknoten präsentiert, die Bayer während der Inflation für das Land Thüringen entwarf. Der 50 Millionen Mark Schein mag einem zuerst etwas übertrieben erscheinen, bedenkt man allerdings, dass Eier zu dieser Zeit 320 Millionen Mark das Stück kosteten, kommt er einem dann doch immer noch zu klein geraten vor.

Die unschuldige Hoffnung des Bauhauses und die grausame Realität der Inflation – in dieser Zeit hatte Herbert Bayer vor sich durchzusetzen –  und das sollte ihm auch gelingen.

Als sich die Wirtschaft in den späten 1920er, frühen 1930er Jahren vom Schock der Inflation zu erholen begann, führte die verbesserte finanzielle Sicherheit zu steigendem Konsum in Deutschland – und natürlich wuchs so auch die Nachfrage nach einem talentierten Grafikdesigner wie Herbert Bayer. Folglich avancierte Herbert Bayer Mitte der 1930er Jahre zu einem der am besten bezahlten und profiliertesten Vertretern seines Handwerks.

Natürlich stellt sich die Frage, wie dieser Erfolg in einer Diktatur zustande kommen konnte. Mit seinem Bauhaus Hintergrund, einer jüdisch-amerikanischen Frau und einem sehr modernen Zugang zu Kunst und Design dürfte Herbert Bayer in Nazi-Deutschland eigentlich keine Chance gehabt haben, geschweige denn irgendwie mit dem Nazi-Regime verhandelt haben können. Und dennoch erhielt Herbert Bayer, auch wenn einige seiner Werke 1937 als „entartet“ deklariert wurden, während der dreißiger Jahre hoch dotierte Aufträge von öffentlicher Seite.

Wir wissen viel zu wenig über Herbert Bayer, um auf die Frage nach seiner politischen Haltung die richtigen Antworten geben zu können. Alle vertrauenswürdigen Quellen behaupten allerdings, dass Herbert Bayer, obwohl er sich der NSDAP bereitwillig zur Verfügung stellte, standhaft unpolitisch gewesen wäre und weder der NSDAP beigetreten sei noch deren Manifest unterstützt hätte. Das hielt ihn allerdings nicht davon ab, Projekte zugunsten des Parteiapparats zu realisieren, wie das Grafik- und Ausstellungsdesign für die Ausstellungen „Deutsches Volk, deutsche Arbeit“ im Jahr 1934 und „Das Wunder des Lebens“ 1935 oder das Buchcover für die Hitlerjugend 1936.

Wahrscheinlich wurde Bayer vom Regime akzeptiert, weil die NSDAP einfach clever genug war, seine Fähigkeiten für die Verbreitung ihrer bis dahin noch verhalteneren Propaganda zu missbrauchen. Dazu bedurfte es natürlich auch Bayers Bereitwilligkeit sich benutzen zu lassen. Mit Sicherheit taucht die heroische, germanische Bildsprache in vielen seiner Arbeiten aus der Mitte der dreißiger Jahre nicht rein zufällig auf.

Das bringt uns zu der Frage zurück, wie politisch Designer sein sollten. Im besonderen Grafikdesigner, zu deren Aufgaben es eben auch gehört Emotionen, Meinungen und folglich auch Entscheidungen zu formen. „Mein Reklame-Fegefeuer“ greift diese Frage nicht direkt auf, liefert aber mehr als genug Diskussionsmaterial, um sich auch als unpolitischer Besucher eine Meinung zu bilden.

Die Ausstellung informiert über die Anstrengungen, die Herbert Bayer unternommen hat, um seine Beziehungen zu den Nazis aus späteren Biografien und Ausstellungen zu tilgen. (Herbert Bayer muss sich also im Klaren darüber gewesen sein, dass seine politische Haltung als Grafikdesigner die falsche war.) Um 1938 beschloss Herbert Bayer dann Deutschland zu verlassen, nachdem er wohl realisiert hatte, dass die sich anbahnenden Veränderungen keine positiven waren.

Die Möglichkeit ergab sich durch ein Angebot Walter Gropius‘, die Bauhaus Retrospektive des Museum of Modern Art zu gestalten. Beispiele des Grafikdesigns für eben diese Ausstellung und Arbeiten seiner frühen Zeit in Amerika werden den Besuchern von „Mein Reklame-Fegefeuer“ am Ende präsentiert.

Auch wenn wir uns etwas mehr Kontext gewünscht hätten, vor allem in Bezug auf die Art der Kontakte und Übereinkünfte mit der NSDAP liefert „Mein Reklame-Fegefeuer“ doch mit ungefähr 200 Ausstellungsstücken eine gute Einführung zu Herbert Bayer, seiner Zeit und der frühen Entwicklung des modernen Grafikdesigns wie wir es heute kennen.

Die ausgestellten Arbeiten lassen die Besucher nicht nur Herbert Bayers Entwicklung als Künstler nachvollziehen, sondern zeigen auch, wie viel das moderne Grafikdesign diesem Pionier nach wie vor zu verdanken hat.

„Mein Reklame-Fegefeuer Herbert Bayer. Werbegrafik 1928 – 1938“ kann bis Montag, den 24. Februar 2014, im Bauhaus Archiv Berlin besucht werden. Alle Details sind unter www.bauhaus.de zu finden.

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