5 neue Designausstellungen im August 2016

Machen wir uns nichts vor: Der August ist auch in Designkreisen ein eher ereignisloser Monat: Die Kuratoren sind im Urlaub, die Kritiker sind im Urlaub, die Designer sind im Urlaub – im Grunde sind alle Protagonisten im Urlaub. Wer würde denn ausgerechnet jetzt eine Ausstellung eröffnen wollen?

Tja, die folgenden fünf Museen sind so verrückt…

„Dream out Loud“ im Stedelijk Museum, Amsterdam, Niederlande

Museumsausstellungen beginnen in der Regel mit einer Fragestellung beziehungsweise dem Bestimmen einer Position, bevor die Kuratoren anfangen Objekte auszuwählen, mit denen sie ihre Idee verdeutlichen und/oder die aufgeworfene Frage beantworten wollen. Nicht so „Dream out Loud“ im Amsterdamer Stedelijk Museum. Hier begann man mit der Suche nach Projekten, nach Objekten. Und das nicht etwa, weil den Kuratoren keine interessanten Fragen eingefallen wären, sondern weil genau das die Frage war: Was ist derzeit los im niederländischen Design, wer bewegt sich in welche Richtung, welche Ideale werden vorangetrieben, welche Positionen vertreten?

Dem Museum zufolge sind rund 400 Designer einem Aufruf gefolgt und haben an die 750 Vorschläge eingereicht, von denen eine internationale Jury 26 auswählte – darunter Arbeiten unterschiedlichster Designer, etwa von Marjan van Aubel, Pieke Bergmans oder Dirk van der Kooij. Die Kuratoren versprechen eine Ausstellung, welche die Visionen der ausgewählten Designer, wie man eine bessere, nachhaltigere und fairere Welt schaffen kann, verdeutlicht. Sie versprechen außerdem einen guten Überblick über die aktuellen Entwicklungen in der niederländischen Kreativszene.

Nun könnte man natürlich argumentieren, dass das Auswahlverfahren durch eine Jury zu einer sehr subjektiven Meinung zu dem, was gerade relevant, gut und zeitgenössisch im zeitgenössischen niederländischen Design ist, führt. Mit anderen Worten: Die Ausstellung zeigt Objekte, mit denen die Kuratoren sich erhoffen, ihre eigene Position beziehungsweise ihre eigene Annäherung an die von ihnen gestellte Frage zu beantworten.

„Dream out Loud“ wird am Freitag, den 26. August 2016, im Stedelijk Museum, Museumplein 10, 1071 DJ, Amsterdam, eröffnet und dort bis 01. Januar 2017 zu sehen sein.

Phenomeneon by Pieke Bergmans, part of Dream out Loud opens at the Stedelijk Museum Amsterdam (Photo Mirjam Bleeker, courtesy Stedelijk Museum Amsterdam)

Phenomeneon von Pieke Bergmans, Teil von  Dream out Loud im Stedelijk Museum Amsterdam (Foto Mirjam Bleeker, mit freundlicher Genehmigung des Stedelijk Museum Amsterdam)

 

„TBI: The Youth, the City and the Heritage“ im Museum of Architecture and Design, MAO, Ljubljana, Slowenien

„Die Welt gehört in Kinderhände“ – so sieht es bekanntlich schon Herbert Grönemeyer. Doch wie würde das wohl in der Praxis von Architektur und Stadtplanung aussehen? „The Youth, the City and the Heritage“ konzentriert sich auf die Ergebnisse eines Projekts, das in Idrija, einer Stadt im westlichen Slowenien, durchgeführt wurde. So verspricht die Ausstellung einen Einblick darüber zu geben, wie die lokale Jugend in den sogenannten bottom-up urbanism involviert werden kann und wo bei so einer Herangehensweise Konflikte auftreten könnten. Ein zentraler Bestandteil der Ausstellung sind auch Gespräche und Vorlesungen, in denen die Ergebnisse und Schlussfolgerungen des Projekts diskutiert werden sollen, sodass sich auch weitere Gemeinden über die Ideen informieren und austauschen können.

„TBI: The Youth, the City and the Heritage“ wird am Mittwoch, den 10. August 2016 im Museum of Architecture and Design, MAO, Grad Fužine, Pot na Fužine 2, 1000 Ljubljana eröffnet und läuft bis Sonntag, den 25. September 2016.

TBI: The Youth, the City and the Heritage at the Museum of Architecture and Design, MAO, Ljubljana

TBI: The Youth, the City and the Heritage im Museum of Architecture and Design, MAO, Ljubljana

 

„Occupied“ im RMIT Design Hub, Melbourne, Australien

Die wachsende Weltbevölkerung braucht zunehmend mehr Platz. Gut, das ist uns allen klar. Fakt ist aber, dass der Platz, den wir haben beschränkt ist und dass wir momentan auch noch nicht in der Lage sind, auf andere Planeten umzusiedeln. Fest steht also, dass wir immer dringender nachhaltige Ideen für sicheres, verlässliches und solides Wohnen für die Menschheit der Zukunft brauchen. Die Ausstellung „Occupied“ im Royal Melbourne Institute of Technology Design Hub zeigt deutlich, dass die allumfassende, prestigeorientierte Stadtplanungsmanier vergangener Jahrhunderte nicht mehr kompatibel mit unseren heutigen Städten ist. Die Ausstellung präsentiert stattdessen Vorschläge internationaler Architekturbüros, die sich mehr und mehr darauf konzentrieren sich an die Städte von heute anzupassen und Bestehendes umzuwandeln und wiederzuverwenden. Kleine Eingriffe in urbane Räume, die, wenn man so will, über den Tellerrand existierender Städte hinausgucken und so stets bemüht sind, neue Lösungen und Antworten zu finden. Eingriffe, die hoffentlich überall umgesetzt werden können.

„Occupied“ wurde am Freitag, den 29. Juli 2016 im RMIT Design Hub, Building 100, Corner Victoria and Swanston Streets, Carlton, 3053 Melbourne eröffnet und wird bis Sonntag, den 24. September 2016 laufen.

Occupied" at the RMIT Design Hub, Melbourne, Australia

Occupied im RMIT Design Hub, Melbourne, Australien

 

„Die Inaya-Möbel von Rudolph M. Schindler“ im Museum für Angewandte Kunst in Wien, Österreich

Selbst uns fällt es nicht leicht, so etwas als Ausstellung zu verkaufen… Vier Möbelstücke: ein Esstisch, ein Stuhl und zwei Kommoden.

Der 1887 in Wien geborene Rudolph M. Schindler studierte unter Otto Wagner an der Akademie der bildenden Künste in Wien, bevor er 1914 nach Chicago ging, um mit Frank Lloyd Wright zusammenzuarbeiten. Er fungierte als ein Bindeelement zwischen frühem europäischen und amerikanischen Modernismus. Darüber hinaus war Rudolph Schindler ein wichtiger, wenn auch oft übersehener, Bestandteil der Blüte, die die modernistische Bewegung kurze Zeit später haben sollte: Bauwerke wie das Schindlerhaus von 1922, der El Pueblo Ribera Court von 1923 oder das Lovell Beach House von 1926 – alle drei in Kalifornien – mögen nicht weltweit bekannt sein, setzten seinerzeit aber neue Maßstäbe in den Bereichen Material, Konstruktionsprinzipien und Geometrie.

Auch bei seinen Möbeldesigns geht Rudolph M. Schindler seinen ganz eigenen Weg. Diese sind zwar einerseits völlig unzugänglich und entfremdet, wirken andererseits jedoch sehr vertraut, ja fast schon beruhigend – ein Umstand, der wohl darauf zurückzuführen ist, dass sie traditionelle, klassische Elemente beinhalten und als simple Formen daherkommen, die nicht versuchen mehr zu sein als sie sind.

Die sogenannten Inaya-Möbel sind eine Sammlung von Objekten, die Ende der 1940er Jahre von Rudolph M. Schindler für den in Los Angeles lebenden Beata Inaya entworfen wurden und von denen heute neun Stücke zur permanenten Ausstellung des MAK in Wien gehören: Ein Esstisch, ein Schminktisch, vier Stühle und drei Kommoden. Diese weisen einige Besonderheiten auf, was Form und Konstruktion angeht; das eigentliche Highlight ist jedoch die Manier, in der Schindler die Oberfläche mit einer Stahlbürste bearbeitet hat, um so die Maserung zu betonen. Gut, vier Möbelstücke machen wohl noch keine Ausstellung, aber sie geben einen faszinierenden Einblick in die Arbeit Rudolph M. Schindlers, seine Einstellung zu Form, Funktion und Ästhetik. Und die Ausstellung belegt wieder einmal: Ein Möbelstück ist am Ende des Tages genauso nur ein Möbelstück wie ein Gedicht ein Gedicht, ein Gemälde ein Gemälde und eine Oper eine Oper ist.

„Die Iyana-Möbel von Rudolph M. Schindler“ ist seit Mittwoch, den 03. August 2016 im Museum für angewandte Kunst, Stubenring 5, 1010 Wien zu sehen und läuft dort noch bis Sonntag, den 28. August 2016.

Rudolph M. Schindler, Chair for Beata Inaya's apartment in Los Angeles (Photo Georg Mayer, courtesy MAK Wien)

Rudolph M. Schindler, Stuhl für  Beata Inayas Apartment in Los Angeles (Foto Georg Mayer, mit freundlicher Genehmigung des MAK Wien)

 

„Textilkunst an der Burg Giebichenstein in den 1920er Jahren“ im Kunstverein Talstrasse, Halle (Saale)

Ein zentraler Grundsatz modernistischer Schulen der 1920er Jahre wie etwa Bauhaus oder die Burg Giebichenstein in Halle war die Verbindung von Kunst und Handwerk. So überrascht es nicht, dass Textil- und Teppichdesign in Mitteldeutschland auf eine langjährige Tradition zurückblicken. Die Ausstellung ist Bestandteil von „Große Pläne!“, einer in der ganzen Region stattfindenden Ausstellungsreihe zum Oberthema „Angewandte Moderne in Sachsen-Anhalt 1919-1933“. „Textilkunst an der Burg Giebichenstein in den 1920er Jahren“ verspricht nicht nur das zu behandeln, was im Titel steckt, sondern beinhaltet auch die Erweiterung zu Bauhaus, dem Quasi-Nachbarn der Burg. Diese Erweiterung erscheint nur logisch: Nicht nur gab es einen steten Informations- und Ideenaustausch zwischen den beiden Institutionen, sondern auch personellen Austausch. So lernte etwa Benita Koch-Otte in der Webwerkstatt im Weimarer Bauhaus, bevor sie 1925 an die Burg Giebichenstein wechselte um dort die Weberei zu übernehmen.

Neben dem Fokus auf regionale Textilkunst der 1920er Jahre zeigt die Ausstellung im Kunstverein Talstrasse außerdem zeitgenössisches Teppichdesign des französischen Künstlers Jean Lurçat und beleuchtet damit auch den Einfluss, den Lurçats Werk auf Designer des nachkriegszeitlichen Mitteldeutschlands hatte und potenziell noch heute hat. Hierdurch wird versucht, die Geschichte des Textildesigns in der Region von 1920 bis heute nachzuerzählen.

„Textilkunst an der Burg Giebichenstein in den 1920er Jahren“ wird am Donnerstag, den 08. August 2016 im Kunstverein Talstrasse, Talstraße 23, 06120 Halle (Saale) eröffnet und wird bis Sonntag, dem 20. November 2016 laufen.

Liegende Wolle, 1924, by Johanna Schütz-Wolff, part of Textilkunst an der Burg Giebichenstein in den 1920er Jahren (Image Nachlass Schütz-Wolff Courtesy Stiftung Bauhaus Dessau)

Liegende Wolle, 1924, von Johanna Schütz-Wolff,  Teil von Textilkunst an der Burg Giebichenstein in den 1920er Jahren (Bildnachlass Schütz-Wolff mit freundlicher Genehmigung der Stiftung Bauhaus Dessau)

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