5 neue Designausstellungen im November 2016

Axl Rose hat einmal gesagt: „… es ist schwer eine brennende Kerze im kalten Novemberregen zu halten.“

Die Frage ist natürlich, warum sollte man das wollen? Hört sich ja eher nach einem hirnrissigen Vorhaben an.

Die Uhren wurden umgestellt, es ist dunkel, kalt, alle sind etwas schwermütig – aber mal ganz ehrlich, Axl: Draußen mit einer Kerze rumzustehen wird die Sache auch nicht besser machen.

Ganz anders verhält es sich hingegen mit dem Besuch einer der folgenden Ausstellungen…

„Fear and Love – Reactions to a complex world“ im Design Museum, London, England

Abgesehen davon, dass sich „Fear and Love – Reactions to a complex world“ ziemlich vielversprechend und interessant anhört, markiert die Ausstellung auch die Wiedereröffnung des Londoner Design Museums nach dessen Umzug von der Shad Thames nach Kensington und so auch die erste Möglichkeit sich die neuen Ausstellungsräume anzusehen. Besonders erfreulich ist, dass sich das Museum bei der Eröffnungsausstellung gegen eine Ausstellung mit „Werken aus der Sammlung“ entschieden hat und stattdessen – was um einiges anspruchsvoller erscheint – eine Erkundung unserer aktuellen Gesellschaft und unseres zeitgenössischen Lebens präsentiert. Mit 11 Installationen von so verschiedenen Architekten und Designern wie beispielsweise Christien Meindertsma, Madeline Gannon oder OMA verspricht „Fear and Love“ eine Untersuchung darüber, wie zeitgenössisches Design sich auf die Gesellschaft auswirken kann. Und zwar auf eher immateriellen, elementaren Ebenen, die weit über eine physikalische und ökonomische Ebene hinausgehen.

„Fear and Love – Reactions to a complex world“ wird am 24. November im Design Museum, 224-238 Kensington High Street, London, W8 6AG eröffnet und läuft bis Sonntag, den 23. April.

Christien Meindertsma presents Fibre Market, part of Fear and Love – reactions to a complex world at the Design Museum, London

Christien Meindertsma präsentiert Fibre Market, ein Teil von „Fear and Love – reactions to a complex world“ im Design Museum, London

„Ceci n’est pas une copie. Design between Innovation and Imitation“ im CID – Centre d’innovation et de design in Grand-Hornu, Hornu, Belgien

Wie wir schon oft auf diesen Seiten festgehalten haben, ist die Geschichte des zeitgenössischen Designs eine Geschichte des Kopierens. Früher lernten Studenten von ihren Lehrern, indem sie sie kopierten und begannen durch den Prozess des Nachmachens ihr Handwerk zu verstehen. Heute mag das Kopieren subtiler ausfallen – trotzdem wird nach wie vor kopiert. Referenzen und Bezüge auf klassische Designs beispielsweise findet man regelmäßig in neueren Arbeiten. Genauso werden häufig traditionelle Objekte von einer Kultur in eine andere übertragen. Auf einer anderen – alles in allem weniger ehrlichen – Ebene ist ein weiterer Grund für die regelmäßigen Beschwerden über die Monotonie des globalen Möbelmarktes der, dass sich ein jeder nach dem umsieht, was die anderen machen und sich alle von dem inspirieren lassen, was kommerziell erfolgreich ist. Das beinhaltet selten direkte Kopien, aber ebenso selten wirklich originale, neue Gedanken. Beim Open Design hingegen ist Kopieren Programm, oder besser gesagt gar nicht möglich, denn es ist ja die Idee dahinter.

„Ceci n’est pas une copie“ verspricht eine Untersuchung des „Kopierens“ in all seinen Schattierungen und Facetten – bis hin zu unverblümten Plagiaten, die einzig kommerziellen Vorteil bringen sollen – und das auf Kosten anderer. Es soll nicht nur die gesamte Bandbreite des Kopierens im zeitgenössischen Design untersucht werden, sondern auch dessen Funktion – so wird also hoffentlich auch deutlich, dass kopieren nicht gleich kopieren heißt.

„Ceci n’est pas une copie. Design between Innovation and Imitation“ wird am Sonntag, den 27. November im CID – Centre d’innovation et de design in Grand-Hornu, Rue Sainte-Louise, 82 7301 Hornu eröffnet und läuft bis Sonntag, den 26. Februar.

Mal 1956 from Mal: The classic Eames Lounge Chair in rotation moulded plastic. PArt of Ceci n’est pas une copie. Design between Innovation and Imitation at Le Grand Hornu

Mal 1956 von Mal: Der klassische Eames Lounge Chair aus Plastik. Ein Teil von „Ceci n’est pas une copie. Design between Innovation and Imitation“

„Maasparadox: Cultural Resilience in Times of Climate Change“ im Bureau Europa, Maastricht, Holland

Der Klimawandel verändert unser Verhältnis zum Wasser. An manchen Stellen wird Wasser noch knapper, als es derzeit schon ist. So wird aus Wasser eine Ressource, mit der sich handeln lässt und demzufolge eine Quelle ökonomischen Druckes. Für manche heißt das mehr Wasser als notwendig, für andere Anpassung und Veränderung. Für die Ausstellung „Maasparadox“ wurden 15 internationale Designer, Künstler und Architekten eingeladen sich mit dem Fluss Meuse zu beschäftigen, der durch Frankreich, Belgien und Holland verläuft. Vor allem sollten sie erkunden, wie sich der Klimawandel auf die Kulturen und Kommunen entlang des Flusses auswirkt und was getan werden kann, um den negativen Aspekten des Klimawandels entgegenzuwirken.

Es gibt keine globale Lösung hinsichtlich der hydrologischen Herausforderungen. Deshalb ist es wichtig die lokalen Ursachen zu erforschen und so lokale Lösungen zu finden, die zielgerichtet und angemessen sind. Man könnte (und sollte das wahrscheinlich auch) Wissenschaftler dazu bringen Modelle auszuarbeiten und echte Veränderungen anzustoßen – Kreative zu bitten, das gleiche entsprechend ihrer jeweiligen Spezialisierungen zu tun, hat allerdings genauso Gültigkeit. In vielerlei Hinsicht läge hier eine wichtige Ergänzung wissenschaftlicher Forschungen.

„Maasparadox: Cultural Resilience in Times of Climate Changes“ ist vom 5. November bis zum 22. Januar 2017 im Bureau Europa, Timmerfabriek, Boschstraat 9, 6211 AS Maastricht zu sehen.

Maasparadox: Cultural Resilience in Times of Climate Change at Bureau Europa Maastricht

„Maasparadox: Cultural Resilience in Times of Climate Change“ bei Bureau Europa Maastricht

„Frei Otto. Denken in Modellen“ im ZKM Zentrum für Kunst und Medien, Karlsruhe, Deutschland

Frei Otto ist ohne Frage einer der wichtigsten Architekten des 20. Jahrhunderts. Wenn nicht gar der wichtigste. Dennoch bleibt er ein Architekt, den man außerhalb von Spezialistenkreisen nur wenig kennt.

Das grenzt an ein Verbrechen! Denn mit seinen Forschungen zu Leichtbaustrukturen, dehnbaren Membranen und natürlich vorkommenden Konstruktionssystemen half uns Frei Otto nicht nur dabei die Grundlagen der Konstruktion besser zu verstehen, von der Idee des Gebäudes als etwas permanentem abzurücken und die Ästhetik der Architektur neu zu definieren, sondern lehrte uns auch mit einem Minimum an Ressourcen zu bauen.

Die vom Südwestdeutschen Archiv für Architektur und Ingenieurbau, saai, organisierte und von einem Team unter der Leitung von Georg Vrachliotis kuratierte Ausstellung „Denken in Modellen“ hat sich vorgenommen, die Arbeit Frei Ottos einem größeren Publikum zugänglich zu machen. Sie wird so hoffentlich auch deren Relevanz für zeitgenössische Architektur, für Design und Stadtplanung herausstellen können.

Zu diesem Zweck präsentiert das ZKM ungefähr 200 Objekte, die durch um die 1000 Dokumente, Fotos und Skizzen ergänzt werden. Frei Ottos Oeuvre wird dabei in den 4 Abschnitten „Frei Ottos Modelllandschaft“, „Frei Ottos offenes Archiv“, „Frei Ottos Kosmos“ und „Frei Ottos Projektion“ erforscht.

Damit verspricht die Ausstellung eine der umfangreichsten und weitreichendsten Präsentationen zu Frei Otto und seiner Arbeit – und so eine ihm würdige Retrospektive.

„Frei Otto. Denken in Modellen“ wird am Samstag, den 5. November im ZKM | Zentrum für Kunst und Medien, Lorenzstraße 19, 76135 Karlsruhe
 eröffnet und läuft bis Sonntag, den 12. März.

Interior of the Multihalle during construction for the Bundesgartenschau 1975 in Mannheim (Photo © saai Südwestdeutsches Archiv für Architektur und Ingenieurbau, Karlsruher Institut für Technologie, Werkarchiv Frei Otto)

Innenansicht der Multihalle während der Konstruktion für die Bundesgartenschau 1975 in Mannheim (Foto © und mit freundlicher Genehmigung des saai Südwestdeutsches Archiv für Architektur und Ingenieurbau, Karlsruher Institut für Technologie, Werkarchiv Frei Otto)

„Pierre Chareau: Modern Architecture and Design“ im Jewish Museum, New York, New York, USA

Der französische Architekt und Designer Pierre Chareau ist wohl einer der am meisten übersehenen des 20. Jahrhunderts. Geboren 1883 in Bordeaux, war Pierre Chareau ein Gründungsmitglied des Congrès International d’Architecture Moderne, CIAM und ein frühes, wenn nicht gar ein Gründungsmitglied der Union des Artistes Modernes. Er kreierte außerdem mit dem Maison de verre in Paris eine der eigentümlichsten Arbeiten der modernen Architektur in Frankreich.

Die in Kooperation mit dem Centre Pompidou Paris organisierte Ausstellung „Pierre Chareau: Modern Architecture and Design“ hat sich vorgenommen die Arbeit und Relevanz eines Designers zu erforschen, der – wenn auch ohne Frage ein Vertreter der Moderne – nie den Kontakt zu den Handwerkskünsten, aus denen heraus er seine Arbeiten und seine Arbeitsphilosophie  entwickelte, verlor. Auch erhielt er immer eine Verbindung zu den natürlichen, organischen Elementen des Art Deco aufrecht. Chareau entwickelte so ein Werk, das heute als einzigartiges Zeugnis einer Diskussion um Produktion, Ästhetik und Funktionalität gelten kann, die während der Weltkriegsjahre weltweit aufkam.

Heute wird diese Diskussion fortgeführt und Pierre Chareau kann dazu möglicherweise nach wie vor einen wichtigen Beitrag leisten.

Neben dem Fokus auf Arbeiten von Pierre Chareau verspricht die Ausstellung auch einen genaueren Blick auf die Person Chareau. Dazu geht sie auf seine zahlreichen Gönner, Kontakte und Verbindungen zu führenden internationalen Künstlern dieser Zeit ein.

„Pierre Chareau: Modern Architecture and Design“ ist vom 4. November bis zum 26. März im The Jewish Museum, 1109 5th Ave at 92nd St, New York, NY 10128 zu sehen.

MB152 Telephone table and lamp by Pierre Chareau. Photo © Collection of Audrey Friedman and Haim Manishevitz. Courtesy of Jewish Museum New York)

MB152 Telefontisch und Leuchte von Pierre Chareau. (Foto © Collection of Audrey Friedman and Haim Manishevitz. Mit freundlicher Genehmigung des Jewish Museum New York)

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