5 neue Architektur- und Designausstellungen im Oktober 2019 – Bauhaus Spezial

Wir geben es zu: Mehr oder weniger neu … Denn bereits im Mai 2019 machte es die große Zahl weltweit neuer Architektur- und Designausstellungen möglich, gleich zwei Empfehlungslisten zu erstellen: Eine mit Ausstellungen mit starkem Fokus auf Bauhaus/Zwischenkriegsmoderne und eine allgemeinere, weniger fokussierte. Fünf Monate vor dem nächsten Frühjahr hat die globale Museumslandschaft das Sommerloch nun restlos hinter sich gelassen, und wir treffen wieder auf eine Fülle neuer Ausstellungen, die dazu einladen, zwei Empfehlungslisten zu erstellen. Im Mai haben wir mit den allgemeineren Tipps begonnen, also fangen wir diesmal mit neuen Ausstellungen in Berlin, Weimar, Cottbus, London W1 und London E17 an, die alle im weitesten Sinne das Bauhaus und die Zwischenkriegsmoderne untersuchen.

5 New Architecture & Design Exhibitions for October 2019 – Bauhaus Special

„Nordic Design. Die Antwort aufs Bauhaus“ im Bröhan-Museum, Berlin

Nur kurz vorab: In den Ankündigungen zu „Nordic Design. Die Antwort aufs Bauhaus“ stolpert man über das Wort „hygge“, ein kurzes Wort, das uns aber trotz seiner Kürze auf die Palme bringt. Und ein Wort, bei dem wir normalerweise aufhören weiterzulesen. In diesem Fall haben wir uns aber entschieden über das Wort hinwegzusehen, die Provokation zu ignorieren und uns stattdessen auf eine Ausstellung zu konzentrieren, die untersuchen möchte, wie sich die Ideale von und an Institutionen wie dem Bauhaus in Skandinavien entwickelt und verbreitet haben. Wobei sich die „Antwort“ aus dem Titel vermutlich als mehrere „Antworten“ herausstellen wird. Während nämlich beispielsweise Poul Henningsens Lampen aus den 1920er Jahren auch aus Dessau hätten stammen können, ist Alvar Aaltos Entscheidung für Formsperrholz statt gebogenem Metall im Sinne einer Humanisierung der Moderne, eine Ablehnung dessen, was die späten 1920er Jahre so populär ausmacht. Hans J. Wegner ignorierte die Entwicklungen der Zeit so gut wie möglich, Arne Jacobsen absorbierte sie vollständig und Verner Panton & Eero Aarnio feuerten sie an. (Haben sie das wirklich?)

Mit Fokus auf den 1950er und 1960er Jahren in Norwegen, Dänemark, Schweden und Finnland verspricht „Nordic Design“ nicht nur eine differenzierte Reflexion über das Bauhaus und die Positionen der Zwischenkriegsmoderne, sondern auch über die Entwicklungen von Architektur und Design der Nachkriegszeit in Skandinavien. Damit wird hoffentlich auch das „H-Wort“ als der faule Marketingtrick entlarvt, um den es sich dabei eigentlich handelt.

„Nordic Design. Die Antwort aufs Bauhaus“ wird am Donnerstag, den 24. Oktober im Bröhan-Museum, Schlossstraße 1a, 14059 Berlin eröffnet und läuft bis Sonntag, den 1. März.

A product of Bauhaus Copenhagen....? A PH 3½-2½ Lamp by Poul Henningsen from 1928

Ein Produkt des Bauhaus Kopenhagen …? Die PH 3½ – 2½ Leuchte von Poul Henningsen aus dem Jahr 1928

„Mathilde von Freytag-Loringhoven (1860-1941)“ im Stadtmuseum, Weimar

Die erste Frau, die an der Kunstakademie Weimar studierte, Mathilde von Freytag-Loringhoven, ist heute als Besitzerin des Kurwenals, eines sprechenden Dackels, bekannt und darüber hinaus eine der prominentesten Kritikerinnen von Gropius‘ Schule und ihrer Weltanschauung(en).

Mathilde von Freytag-Loringhoven, 1860 in Kopenhagen geboren, begann 1879 ihr Studium in Weimar unter der Leitung von Expressionisten wie Karl Buchholz und war anschließend als Künstlerin tätig, die deutschlandweit ausstellte. 1913 begann sie als Kulturkritikerin für die Weimarer Landeszeitung zu arbeiten und etablierte sich in dieser Funktion Funktion als führende Kritikerin des Bauhaus‘. Sie wurde, mit den Worten des Stadtmuseums, „zur Geißel des Bauhauses“. Und das vor allem in Weimar, und nicht im fernen Berlin oder München. Im Herzen der Stadt von Wieland, Herder, Goethe und Schiller also, die zum Mittelpunkt, zum Epizentrum einer neuen Tradition werden sollte.

Und so verspricht die Ausstellung nicht nur, die Biographie, das Werk und die Person von Mathilde von Freytag-Loringhoven zu erhellen und bekannt zu machen, sondern auch herauszustellen, dass, wenn man das Bauhaus als Bruch mit akzeptierten Konventionen betrachtet, es auch diejenigen gegeben haben muss, die sich nicht nur gegen den Bruch wehrten – ihn als Schritt in die falsche Richtung betrachteten – sondern die sich möglicherweise unwohl und entfremdet fühlten von dem, was vorgeschlagen und entwickelt wurde. Das zu verstehen ist genauso wichtig, wie das, was Gropius et al. vorschlugen zu verstehen.

„Mathilde von Freytag-Loringhoven (1860-1941)“ wird im Stadtmuseum Weimar, Karl-Liebknecht-Str. 5-9, 99423 Weimar am Samstag, den 12. Oktober eröffnet und läuft bis Sonntag, den 12. Januar.

Mathilde von Freytag-Loringhoven (Portrait by Max Thedy, 1900 Photo Stadtarchiv Weimar)

Mathilde von Freytag-Loringhoven (Portrait von Max Thedy, 1900. Foto Stadtarchiv Weimar)

„Das Bauhaus in Brandenburg. Industriedesign und Handwerk im Zeichen der Moderne“ im Dieselkraftwerk, Cottbus

Wir haben es schon oft festgestellt: Obwohl das Bauhaus Weimar und das Bauhaus Dessau, die Burg Giebichenstein Halle und die Deutschen Werkstätten Hellerau alle in Ostdeutschland liegen, wird der Beitrag Ostdeutschlands zu den Entwicklungen der Zwischenkriegsjahre gemeinhin schnell übersehen. Vor allem im angeblich relativ bauhausfreien Bundesland Brandenburg. Die Verbindung und der Einfluss des Bauhaus‘ auf Brandenburg waren allerdings sehr viel ausgeprägter, als manche annehmen mögen, was das Brandenburgische Landesmuseum für moderne Kunst, BLMK, mit der Ausstellung „Das Bauhaus in Brandenburg“ erläutern und erforschen will.

Erforschen will die Ausstellung Zusammenhänge und Einflüsse, wie sie durch (a) Industrieunternehmen wie den Kunststoffhersteller Römmler AG, mit dem Christan Dell kooperierte, oder die Vereinigten Lausitzer Glaswerke Weißwasser, wohl am bekanntesten durch ihre Kooperationen mit Wilhelm Wagenfeld, zum Ausdruck kommen, und b) traditionellere Handwerksbetriebe, darunter die Handwerkersiedlung Gildenhall, eine Gemeinschaft, die zu ihren Mitgliedern Ex-Bauhaüsler wie Else Mögelin zählte. „Das Bauhaus in Brandenburg“ verspricht darüber hinaus das Zusammenspiel von Brandenburg und Bauhaus in Bezug auf Bildung und Verlagswesen zu thematisieren.

Die Ausstellung sollte so ein erweitertes Verständnis des Einflusses der Gropius-Schule ermöglichen und den sehr realen, greifbaren Beitrag Brandenburgs zu den Diskussionen und Diskursen der Zwischenkriegsjahre deutlich machen.

„Das Bauhaus in Brandenburg. Industriedesign und Handwerk im Zeichen der Moderne“ wird im Dieselkraftwerk, Uferstraße/Am Amtsteich 15, 03046 Cottbus am Samstag, den 26. Oktober eröffnet und läuft bis Sonntag, den 12. Januar.

The Kubus System by Wilhelm Wagenfeld for Vereinigte Lausitzer Glaswerke Weisswasser (Photo © and courtesy V&A Museum London)

Vorratsgeschirr „Kubus“ von Wilhelm Wagenfeld für die Vereinigten Lausitzer Glaswerke Weisswasser (Foto © und mit freundlicher Genehmigung des V&A Museum London)

„Beyond Bauhaus – Modernism in Britain 1933 to 1966“ in der Architecture Gallery, RIBA, London, England

Die Frage, ob die Moderne jemals im Vereinigten Königreich Fuß gefasst hat, ist kompliziert. Die Frage ob das Bauhaus jemals in Großbritannien ankam, ist weniger kompliziert: Nach der Machtergreifung der Nazis flohen zahlreiche Bauhäusler aus Deutschland nach England, die bekanntesten drei waren Walter Gropius, Marcel Breuer und László Moholy-Nagy, die alle für kurze Zeit in London lebten und arbeiteten, bevor sie in die USA weiterzogen.

Mit einer Präsentation von Objekten aus dem eigenen Archiv des Royal Institute of British Architects, darunter, laut RIBA, selten gesehene und ausgestellte Werke von Gropius, Breuer & Moholy-Nagy, verspricht „Beyond Bauhaus“ das Werk des Trios aus ihrer Zeit in England zu erforschen. Darüber hinaus soll das Vermächtnis ihres kurzen Aufenthalts auf der unruhigen Insel herausgestellt werden, das sich in Werken einer kommenden Generation englischer Architektinnen wie Mary Crowley, Maxwell Fry oder Sadie Speight widerspiegelt. So soll das Verständnis des Bauhaus-Erbes, sowie das der Entwicklung der britischen Architektur erweitert werden.

Ob das allerdings die Frage beantwortet, ob die Moderne jemals im Vereinigten Königreich Fuß gefasst hat …

„Beyond Bauhaus – Modernism in Britain 1933 to 1966“ wird in der Architecture Gallery, RIBA, 66 Portland Place, London W1B 1AD am Donnerstag, den 1. Oktober eröffnet und läuft bis Samstag, den 1. Februar.

House in Ferriby by Leslie Martin and Sadie Speight, 1935 (Image RIBA Collections)

Beyond Bauhaus – Modernism in Britain 1933 to 1966 (Image RIBA Collections)

„Pioneers. William Morris and the Bauhaus“ in der William Morris Gallery, London, England

Wie wir alle wissen, sind das Bauhaus und die internationale Moderne aus unzähligen Impulsen des späten 19. Jahrhunderts entstanden, darunter die englische Arts and Crafts-Bewegung, mit ihrem berühmtesten Vertreter William Morris – Textildesigner, Autor, sozialistischer Aktivist und Fan isländischer Sagen.

Während das Bauhaus Weimar bis zum Umzug nach Dessau viele sichtbare und konzeptionelle Überschneidungen mit der Arts and Crafts Bewegung aufwies, wurden diese Verbindungen, obwohl oft noch vorhanden, immer abstrakter und distanzierter.

Ausgehend von dem, was die Organisatoren als „Morris‘ Schlüsselprinzipien“ – Einheit, Handwerk, Einfachheit und Gemeinschaft – bezeichnen, will die Ausstellung „Pioneers. William Morris and the Bauhaus“ Werke von Morris mit Werken des Bauhaus‘ von Gunta Stölzl, Benita Koch oder Gerhard Marcks vergleichen. Neben einem Dialog zwischen Morris und dem Bauhaus eröffnet die Ausstellung bestimmt auch genügend Raum für neue Überlegungen zu beiden.

„Pioneers. William Morris and the Bauhaus“ wird in der William Morris Gallery, Lloyd Park, Forest Road, Walthamstow, London, E17 4PP am Samstag, den 19. Oktober eröffnet und läuft bis Sonntag, den 26. Januar.

William Morris. A Bauhaus Pioneer...... (Photo c. 1887 by Frederick Hollyer via commons.wikimedia.org)

William Morris. Ein Bauhaus Pionier… (Foto 1887 von Frederick Hollyer via commons.wikimedia.org)

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