(smow) Sommertour 2011: Summaery @ Bauhaus Universität Weimar

Ackerbauern leben – ach, was – atmen bekanntlicherweise ja Wetterdatenbanken. Das wird z.B. daran deutlich, dass man einen dieser besagten Bauern nur fragen braucht, wie das Wetter im Juli vor vier Jahren war und er ohne mit der Wimper zu zucken sofort die (richtige!) Antwort sagen kann. Ganz nebenbei wird er natürlich auch noch erklären, warum das schlecht für die Ernte war.

Mit Designjournalisten ist das ähnlich.

Summaery 2010 konnte sein Versprechen halten und war sehr „summery“.
Summaery 2011 konnte das nicht. 2011 war eher „autumnery“.

Nicht dass das irgendeine Relevanz für das Vergnügen bzw. Nicht-Vergnügen bei der Ausstellung gehabt hätte. Wir mussten einfach nur diesen Wortwitz unterbringen.

Ein Hauptbestandteil der Summaery 2011 war eine Serie bestehend aus 9 Pavillions, die einer interdisziplinären Zusammenarbeiten entsprang und von der Architekturfakultät geleitet wurde.

The Opaque.Pavillion @ Summaery 2011 Bauhaus University Weimar

Der Opaque.Pavillion @ Summaery 2011 Bauhaus Universität Weimar

Unser Highlight war darunter ohne Frage der Opaque.Pavillion.

Der Pavillion ist besser gesagt eine Kuppel, gebaut nach dem IKO8 Mero System. Wobei die Studierenden der Bauhaus Uni Weimar die Struktur adaptiert haben, indem sie schuppenartige, dreieckige Platten aneinandergesteckt haben. Die Konstruktionsweise hat den Effekt, dass man – steht man im Pavillion – vor Sonne und Regen geschützt ist, während ein freies-luftiges Gefühl suggeriert wird. Die optische Illusion, die durch die „Offenheit“ erzeugt wird, bedeuted gleichzeitig, dass sich das Pavillion ganz wunderbar in den Garten der Nauhausstraße 15 integriert ohne seine Umgebung zu dominieren – was sich vermutlich auch auf die meisten anderen Kontexte übertragen ließe.
Das Totschlagargument jedoch war für uns, dass die Platten des Pavillions so angeordnet sind, dass Regenwasser von einer auf die nächste Platte läuft und so ganz automatisch nach unten abläuft, ohne dabei aber nach innen dringen zu können. Als wir dort waren, war es glücklicherweise trocken – aber laut der Studierenden regnete es am Vorabend und die Konstruktion soll ganz ausgezeichnet funktioniert haben.

In der Produktdesignausstellung gab es nichts, was der fast schon biblischen Erfahrung vom R2B2 von Christoph Thetard auf der Summaery 2010 nahekam.

Andererseits war das auch nicht möglich. Und wird es wohl auch nie mehr.

Wir haben zurzeit übrigens zwei Interviews mit Christoph in Vorbereitung. Und es sei nur eins dazu gesagt: Die werden genauso gut wie seine Arbeit…

Was uns insgesamt in der Diplomausstellung aufgefallen ist, ist, dass zahlreiche Arbeiten eine Rückkehr zur Handarbeit und einen gelungenen Mix „traditioneller“ Materialien zeigten.
Wir fanden auch nichts in der Ausstellung, das im computergesteuerten Sinne modern aussah. Oder ein App benötigte.
Das hat uns wirklich gefallen.

Klara by Stephan Bohn - part of the Diploma show at Bauhaus Uni Weimar. Klara ia a glass vessle suitable for induction cooking.

Klara von Stephan Bohn - Teil der Diplomausstellung an der Bauhaus Uni Weimar. Klara ist eine Reihe von Glasgefäßen, die zum Induktionsjkochen geeignet sind.

Sonst waren uns die Designstudenten in Weimar oft ein wenig zu künstlerisch. Das 2011er Diplom ging jedoch viel mehr in Richtung angwandte Kunst und entsprach so auch unserem Geschmack.

Unter den Ausstellungen hat uns vor allem Plastic Fantastic gefallen – ein Seminar, dessen Aufgabe darin bestand, ein Haushaltsgerät, das normalerweise aus Plastik hergestellt wird, aus Keramik zu fertigen. Außerdem gefiel uns das Seminar Workabilly, bei dem es um kreativen Arbeitsraum ging.

Plastic Fantastic hat einige sehr schöne Entwürfe, wie die Espressomaschine Seppl, eine Computertastatur aus Porzellan und einen wunderbaren skelettartigen Fußwärmer, hervorgebracht. Auch wenn uns keines der Produkte vollends vom Hocker gerissen hat, hat das Ganze doch gezeigt, dass man mit ein wenig Fantasie gut die Menge an Plastik aus vielen Produkten verbannen kann. Bliebe mal wieder nur die Frage, wie man so etwas in der Massenherstellung umsetzen könnte.

Das herausragendste Stück aus Workabilly war definitiv „Über Eiermann“ von Ludwig Fehn und Weiwei Wang. Auf der einen Seite wegen des großartigen Wortspiels, aber vordergründig weil es eine tolle Lösung bietet, die Organisation des Eiermann Schreibtischs zu erweitern.

Wilbur von Daniel Wahl stellte bereits einen idealen Weg da, Kabel unterm Eiermann zu organisieren und Über Eiermann schafft nun das gleiche für all jene Dinge, die sich auf den Schreibtischen rumtreiben. Über Eiermann erweitert gewissermaßen die Stahlrohre des Eiermann Tischrahmens und verlängert sie bis über die Tischplatte hinaus, wodurch ein neuer Rahmen entsteht, der verschiedene Funktionen erfüllen kann. Ludwigs und Weiweis Prototyp verfügt zwar bereits über einige Ablagemöglichkeiten, man könnte das System aber auch noch weiter entwickeln, so z.B. durch akustische Elemente, Magnetteile und Kabelhalter. Der Eiermann Tisch wäre dann endlich das modulare System, als das er insgeheim schon lange gehandelt wird.

Aber es war nicht alles Sonnenschein.
Ist es für uns ja eigentlich nie…

Es gibt da einen Raum im Hinterhof der Designfakultät in Weimar, der so etwas wie ein Fluch für uns zu werden scheint. Letztes Jahr fand dort die Austellung zu Gefängnismöbeln statt und dieses Jahr die zum Thema „Wasser“. Keins von beiden Themen hat für uns funktioniert, sie konnten sozusagen beide ihre selbst gesteckten Ziele nicht erreichen.
Nächstes Jahr werden wir auf diesem Raum lieber gleich verzichten.

Eines der Dinge, die wir am meisten an der Bauhaus Universität schätzen, ist die – soweit wir das beurteilen können – unkomplizierte Vermischung der Fakultäten und der logischerweise daraus folgenden interdisziplinären Lernstruktur.
Wir wissen natürlich, dass das nicht nur auf Weimar zutrifft, aber Weimar tut es mit ein bisschen mehr Geschick und Stil als andere Institute.
Summaery 2011 hat einmal mehr diesen Eindruck bestätigt und macht Hoffnung, dass sich das auch in der Zukunft fortsetzen wird.

Auf Facebook haben wir noch einige weitere Bilder von der Summaery @ Bauhaus University Weimar hochgeladen: facebook.com/smowcom

“Über Eiermann” by Ludwig Fehn and Weiwei Wang @ Summaery 2011

Über Eiermann von Ludwig Fehn und Weiwei Wang @ Summaery 2011

Tagged with: , , , ,