blickfang Stuttgart 2013. Einundzwanzig Jahre jung.

1992 entschieden sich einige „Spinner“ – nicht unsere Worte, nicht mal ihre Worte, sondern die höflich wiedergegebenen Worte einer Institution in Baden-Württemberg, die eigentlich mehr Weitsicht besitzen sollte – eine Verkaufsmesse für zeitgenössische Designermöbel in Stuttgart ins Leben zu rufen. Eine Verkaufsmesse, auf der junge Designer ihre in Eigenproduktion entstandenen Arbeiten direkt einem Käuferpublikum präsentieren konnten.

Die erste blickfang Stuttgart zog ungefähr 42 Aussteller an; eine beachtliche Leistung, wenn man bedenkt, dass blickfang eine der allerersten Messen ihrer Art war und dass das eine Zeit war, in der das Hauptziel der meisten Designer war, einen Hersteller für ihre Arbeiten zu finden. Der unabhängige „Produzent“, wie wir ihn heute kennen, lag noch in ferner Zukunft.

Über die dazwischenliegenden zwei Jahrzehnte wuchs blickfang nicht nur innerhalb Stuttgarts und etablierte sich in der hiesigen Kreativszene – wenn die 21. Ausgabe der blickfang Stuttgart am 15. März ihre Tore öffnet, werden über 200 Designer teilnehmen, die Mode, Schmuck und Möbeldesigns präsentieren – sondern auch international mit einer Reihe von Messen in Deutschland, Österreich und der Schweiz sowie zuletzt in Dänemark.

Eine Tatsache, die einen in Kombination mit der Vielzahl ähnlicher Messen, die weltweit aus dem Boden schießen, dazu bringen könnte Obi-Wan Kenobi falsch zu zitieren und zu fragen: „Wer ist dümmer, der Dumme oder der Dumme, der seinen Plan abgelehnt hat….?“.

Im Vorfeld der blickfang Stuttgart 2013 haben wir blickfang Gründer und CEO Dieter Hofmann und Anne Schneider, Projektmanagerin für blickfang Stuttgart und Hamburg, getroffen und wollten wissen, wie alles begann…

Dieter Hofmann: Zusammen mit meinem Bruder war ich fast 30 Jahre im Veranstaltungswesen tätig und wir haben immer versucht Projekte zu entwickeln, die uns persönlich interessierten. Für mich war Design so ein Thema. Als junger Mann hatte ich über eine Karriere im Designbereich nachgedacht und sogar eine Lehre als Schreiner begonnen. Doch ich habe ziemlich schnell gemerkt, dass das nicht mein Ding ist und angefangen BWL zu studieren. Mit blickfang wollten wir einfach jungen, unabhängigen Designlabels eine Plattform bieten, wo sie in Kontakt mit den Konsumenten treten konnten. In gewisser Weise, Design aus seinem „Elfenbeinturm“ holen und es einem interessierten, weiteren Publikum nahe bringen.

(smow)blog: Ist es 21 Jahre später immer noch notwendig Design aus seinem „Elfenbeinturm“ zu holen oder worin sehen Sie die heutige „Rolle“ von blickfang?

Dieter Hofmann: Die Situation hat sich in den letzten Jahren ganz offensichtlich verändert. Ich möchte es mit den Veränderungen vergleichen, die im Bereich der Lebensmittelindustrie stattfanden, wo sich die Konsumenten z.B. immer mehr dafür interessieren, wo ihr Essen herkommt und wie es hergestellt wird. Ähnliche Überlegungen werden immer relevanter für eine immer größer werdende Gruppe von Konsumenten von Möbeln oder Kleidung. Ökologische Überlegungen sind ein Aspekt, aber genauso wichtig ist Regionalität und dass man versteht, woher die Produkte kommen. So etwas anzubieten ist mittlerweile wichtiger für uns als Design zu „erklären“.

(smow)blog: Bleiben wir bei diesem „regionalen“ Aspekt: blickfang ist in sechs Städten in vier Ländern vertreten. Halten alle Veranstaltungen an ein und derselben blickfang-Marke fest oder haben sie alle ihren eigenen Charakter?

Anne Schneider: Wir versuchen eine gewisse Konsistenz im Auftreten und der Darstellung der Veranstaltungen zu bewahren, aber natürlich tickt jeder Ort etwas anders. Was in Hamburg funktioniert, muss nicht auch in Stuttgart funktionieren. Dann gibt es auch eine unterschiedliche Mischung von Ausstellern. Im Allgemeinen sagt man, dass bei allen blickfang Locations ein Drittel der Aussteller aus der Gaststadt kommt, ein Drittel aus dem Gastland und ein Drittel international ist. Dieser Mix beeinflusst natürlich die Atmosphäre des Events. Und so ist es zwar immer blickfang und auch immer als solches zu erkennen, aber jede blickfang Messe hat darüber hinaus auch ihre eigene „Design Identität“.

(smow)blog: 2012 debütierte blickfang in Kopenhagen; die erste Messe im nicht-deutschsprachigen Europa. Können wir das als Beginn einer größeren europäischen Eroberung interpretieren?

Dieter Hofmann: Wir denken zurzeit über eine weitere Europa-Expansion nach und im Moment haben wir drei, vier mögliche Locations im Visier. Obwohl wir nicht vergessen dürfen, dass eine Vergrößerung keine Frage des neuen Veranstaltungsortes ist; es ist eine Frage von Ressourcen und Zeit. Wenn wir jede Woche eine andere Messe in einer anderen europäischen Metropole veranstalten, ist das natürlich etwas, was wir als Organisatoren meistern müssen. Dennoch gibt es diese Pläne und ich bin zuversichtlich, dass in absehbarer Zukunft konkretere Ideen für den ein oder anderen Ort entwickelt werden.

(smow)blog: Zurück zur blickfang Stuttgart 2013. Nach der Premiere im letzten Jahr, wird nun die blickfang Local Plattform wiederholt. Ganz kurz, was ist der Hintergrund?

Anne Schneider: Blickfang Local wird in Zusammenarbeit mit der Wirtschaftsförderung der Landeshauptstadt Stuttgart organisiert und entsprang aus allgemeinen Gesprächen darüber, wie man unsere Kooperation verbessern könnte und wie man kreativen Talenten aus Stuttgart helfen kann. Die Idee ist es, jungen Talenten eine Plattform zu bieten, auf der sie ihre Arbeiten zum ersten Mal einem Publikum vorstellen können. Dieses Jahr sind fünf Stuttgarter Designstudios aus dem Möbelsektor dabei.

(smow)blog: Und sind die Teilnehmer vorausgewählt oder müssen sie sich bewerben?

Anne Schneider: Sie müssen sich bewerben. Was die generelle Regel für alle blickfang Aussteller ist. Sogar für die, die schon einmal in der Vergangenheit bei blickfang ausgestellt haben. Wir haben eine internationale Spezialisten-Jury, die die Auswahl auf Basis von Kriterien wie zum Beispiel folgenden trifft: Kann die Produktionskette eindeutig nachvollzogen werden? Was ist das Besondere an dem Projekt? Oder steckt hinter der Arbeit eine originelle Geschichte? Daneben versuchen wir ein strenges 50/50 Gleichgewicht zwischen Möbeln auf der einen und Mode und Schmuck auf der anderen Seite herzustellen. Und wir versuchen auch sicherzustellen, dass kein zu großer interner Wettbewerb zwischen den Ausstellern entsteht und dass die Mischung der Produkte interessant und so weit gefasst wie nur möglich ist.

(smow)blog: blickfang hat eine designbasierte Idee aus Stuttgart in die Welt gebracht. Ist Stuttgart indes selbst eine kreative Stadt?

Anne Schneider: Stuttgart hat eine lange Tradition innerhalb der Architektur und die ganze Region ist geprägt von einer Handwerkstradition, was bedeutet, dass es eine hohe Konzentration von Menschen in der Region gibt, die Objekte mit regionaler Herstellung sehr zu schätzen wissen. Was jedoch nicht heißen soll, dass Stuttgart über eine hohe Konzentration von Designern verfügt. Auf der blickfang Stuttgart haben wir nicht viele Designer aus Stuttgart selbst, sie kommen viel mehr aus dem weiteren Umland. In Zürich haben wir z.B. mehr Aussteller direkt aus Zürich oder in Hamburg mehr direkt aus Hamburg.

(smow)blog: Zum Schluss nochmal zurück zum Anfang. Als blickfang startete, war die Herstellerszene nicht so ausgebaut wie heute. Haben sich die Dinge so entwickelt wie Sie sie vorausgesehen haben?

Dieter Hofmann: Zurückzublicken ist in gewisser Weise immer schwierig, und ja, wir könnten behaupten, die jüngsten Entwicklungen seien Teil unseres strategischen Plans gewesen. Doch letztlich haben wir nur an eine Idee geglaubt und geglaubt, dass sie sich durchsetzen könnte. Dass sie sich als so erfolgreich erwies, liegt hauptsächlich an den parallelen Entwicklungen in der Gesellschaft; Entwicklungen zu denen blickfang auch einen klitzekleinen Beitrag geleistet hat. Wie Sie sagen, produzieren mittlerweile immer mehr junge Designer ihre eigenen Waren und blickfang spiegelt diesen Trend wieder. Viele unserer Aussteller suchen nicht nach einem großen Hersteller. Sie haben sich viel mehr bewusst entschieden selbst zu produzieren und ihr eigenes Label zu gründen. Und ich finde das spannend.

blickfang Stuttgart 2013 findet von Freitag, den 15. März bis Sonntag, den 17. März in der Liederhalle Stuttgart statt.

Vollständige Informationen unter blickfang.com

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