(smow) Blog kompakt: Eröffnung des Staatlichen Museums für Archäologie Chemnitz

Als Erich Mendelsohns Schocken Kaufhaus 1930 in Chemnitz eröffnet wurde, war das Wasmuths Monatshefte für Baukunst, eine der führenden Architekturzeitschriften jener Zeit, schonungslos in ihrem Lobgesang auf das Gebäude: „Mit dem neuen Schocken Kaufhaus in Chemnitz hat Erich Mendelsohn einen neuen Höhepunkt seiner Kreativität erreicht.“1

Mit der Verwandlung von Mendelsohns Kaufhaus in das neue Staatliche Museum für Archäologie haben die Verantwortlichen vielleicht nicht gerade einen kreativen Höhepunkt erreicht, wohl aber einen Ort geschaffen, der Archäologie erfahrbar macht und neue Standards in Sachen Ausstellungsdesign setzt.

Die Verwandlung wurde von den Stuttgarter Architekten Auer Weber in Zusammenarbeit mit den Dresdner Architekten Knerer und Lang unternommen und im Gegensatz zu Egon Eiermann, der den Abriss-Ansatz wählte, als er mit Erich Mendelsohns Kaufhaus in Stuttgart konfrontiert war, haben Auer Weber ein respektables Projekt entwickelt, das den ursprünglichen Charakter bewahrt, auch wenn nur wenig vom original Interieur übernommen wurde. Das größte Kompliment, was man zu der Verwandlung wohl machen kann, ist vielleicht, dass das Innere immer noch einem Kaufhaus ähnelt. Und das meinen wir positiv! Etwas an den weiß gestrichenen Säulen und den kahlen Böden macht uns irgendwie Glauben, auf einem der höheren Stockwerke ein Angebot für ein paar Jeans oder einen neuen Pullover zu finden. Aber nein…

Was man findet, ist eine Archäologie-Ausstellung, die zweifelsfrei eine Archäologie-Ausstellung ist. Nun werden im Staatlichen Museum für Archäologie Chemnitz, kurz SMAC, die letzten 3.000.000 Jahre der Region auf 3.600 m² Ausstellungsfläche präsentiert. Die Dauerausstellung wurde von der Stuttgarter Kreativagentur Atelier Brückner entworfen und neben den zu erwartenden Töpfen, Knochen, Stoßkeilen usw. findet man in Glasvitrinen interaktive Multimedia-Präsentationen längst vergangener Zeiten und Modelle über das Leben von früher und zeigt außerdem Schautafeln zur Flora und Fauna der Region, eine Erkundung der anatomischen Charakteristika der Region sowie einen kurzen Blick auf die Anfänge der Industrialisierung im 19. Jahrhundert. Moderne Architektur, wenn man so will…

Trotz der Reichweite der Ausstellung fühlt es sich durch die Offenheit des Raumes nicht an, als wäre man in einem Museum. Es ist alles etwas entspannter und weniger beängstigend.

Ein wesentlicher Grund für die entspannte Atmosphäre ist das zentrale Atrium, das durch die drei Ausstellungsflächen führt und am Boden eine interaktive Karte von Sachsen bereithält. Diese Karte soll sich im Laufe der Zeit vertikal bewegen… Wir haben es noch nicht gesehen und können es nicht beurteilen, wie sie sich bewegt oder welchen Effekt das erzeugt, aber wir werden euch auf dem Laufenden halten.

Als architektonisches Feature war das Atrium schon in Auer Webers Originalplänen enthalten und, wie es das Schicksal so wollte, kam es auch den Wünschen der anderen beiden Parteien nach. „Das Museum wollte eine zusammenhängende Geschichte und keine durch Stockwerke unterbrochene Erzählung“, erklärte Professor Uwe Brückner vom Atelier Brückner, und weiter, „Wir für unseren Teil wollten ein vertikales Element, einen vertikalen Kontext, sodass es eine physische und visuelle Verbindung zwischen den verschiedenen Ausstellungsteilen gibt.“

Das Atrium erfüllt beide dieser Wünsche und unserer Meinung nach profitiert der Besucher von einem musealen Raum, der dazu einlädt, die Dinge langsam anzugehen.

Das SMAC erklärt dabei nicht nur die Geschichte Sachsens, sondern auch, wie Archäologen arbeiten und warum Archäologie wichtig ist, während eine vertikale Darstellung eines Bodenprofils entlang des Treppenhauses einen Eindruck davon vermittelt, wie es unter einem aussehen mag. Ein sehr nettes Extra, das Archäologie in einen Kontext setzt, den alle Besucher verstehen und einordnen können.

Neben der Hauptausstellung zur Archäologie findet man im Staatlichen Museum für Archäologie Chemnitz außerdem eine Einführung zu Erich Mendelsohn, Salman Schocken und die Kaufhausdynastie. Wohlwollend in den gebogenen äußeren Wänden der drei Ausstellungsetagen angebracht, haben die ausgestellten Fotos, Modelle und persönlichen Stücke den Charakter einer informellen Vitrinenschau und einen Charme, der das SMAC-Erlebnis schön abrundet.

Alle Informationen, einschließlich Öffnungszeiten und Ticketpreisen, sind unter smac.sachsen.de zu finden.

Vorab hier schon mal ein paar Eindrücke:

1. Wasmuths Monatshefte für Baukunst, Ausgabe 14, 1930

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