DMY Design Spots 2015: Migrant Birds präsentiert Modern Fossils von Song Tao

Im Zusammenhang mit dem DMY 2015 präsentiert die in Berlin und Peking ansässige Austauschorganisation Migrant Birds die Ausstellung „Modern Fossils“. Eine Einzelausstellung mit Arbeiten des Pekinger Künstlers und Designers Song Tao.

Migrant Birds present Modern Fossils by Song Tao

Migrant Birds präsentiert Modern Fossils von Song Tao

Der 1969 in Shanghai geborene Song Tao absolvierte zuerst im Jahr 1986 die Central Academy of Fine Arts in Peking, bevor er nach Frankreich zog, um dort einen Masterabschluss in Bildhauerei an der Universirté 1 zu machen.

Auch wenn Song Tao regelmäßig mit Einzelausstellungen in China vertreten war, wurden seine Arbeiten in Europa nur sehr selten gezeigt; „Modern Fossils“ ist seine erste Ausstellung in Deutschland und folgt auf eine etwas breiter angelegte Ausstellung seiner Arbeiten im Centre Culturel de Chine in Paris.

Der als Künstler ausgebildete und immer noch als Künstler im klassischen Sinne sehr aktive Song Tao ist seit 20 Jahren auch als Designer aktiv, und sieht nach eigenen Angaben nur wenig Unterschiede, was die Motivationen und Prozesse beider Genres angeht – nur dass beim Design die Endresultate eine funktionale Qualität haben, die bei den künstlerischen Arbeiten nicht gefragt ist.

Wir sind keine Experten von Song Taos Werk, aber die Arbeiten, die wir gesehen haben, kombinieren Konzepte, Materialien und Ansätze miteinander und mischen vor allem auch traditionelle chinesische Objekte mit modernen Materialien und einem eher zeitgenössischen Verständnis von Ästhetik und Funktionalität. So entstehen Objekte, die ebenso Brücken zwischen unterschiedlichen Zeiten und Kulturen wie auch funktionale Produkte sind.

Das trifft auch auf die „Modern Fossils“-Kollektion zu.

Mit einer Kombination aus antiker Ulme und einem bernsteinfarbenem Harz, gestützt durch Bambusstäbe aus Messing, reflektieren die Objekte die wichtige Rolle von Ulme, Bernstein und Bambus in der chinesischen Kultur und Gesellschaft.

Zuweilen grenzen die Arbeiten an unnötige Dekadenz oder erscheinen als der absolute Inbegriff von Majestät und Anmut, und sind so nicht augenblicklich zugänglich. Wir fühlten uns beispielsweise an die Tools for Life Kollektion von OMA für Knoll erinnert, an die wir uns ein paar Tage gewöhnen mussten und von denen uns einige Objekte nach wie vor schwierig erscheinen.

Nicht so bei „Modern Fossils“. Auch wenn die anfänglich etwas fremd, etwas abstoßend scheint, ist die Kennenlernphase schleißlich doch recht kurz. Man lernt schnell der Logik der Stücke und den Gedanken Song Taos zu folgen und gewöhnt sich an Material und Formensprache. Und selbst wenn die Objekte zeitweise wie gesagt unnötig dekadent erscheinen, sind sie doch bewusst genau so konzipiert. Als Bänke, Tische und dergleichen handelt es sich ohne Frage um funktionale Objekte, als welche man sie selbstverständlich auch benutzen kann. Gleichzeitig sind sie jedoch auch konzeptionelle Galeriestücke – kreiert, um eine Botschaft zu vermitteln und um ebenso als Kunstwerk wie auch als funktional Objekt wahrgenommen zu werden. Der Widerspruch zwischen visuellem Eindruck und Material, zwischen Opulenz und Einfachheit, zwischen Geschichte und Ewigkeit gehört zum Charme dieser Kollektion. Das Gefühl der Entfremdung von so vertrauten Dingen ist einfach sehr reizvoll. So wie auch der sich wandelnde Charakter der Objekte durch die Lichtreflektionen im Bonbon-Bernstein. Song Taos Arbeiten mögen Fossilien sein, aber sie sind nicht tot.

Summus Aqua by Song Tao, as seen at Modern Fossils, Berlin

Summus Aqua von Song Tao, as seen at Modern Fossils, Berlin

Als Titel für die Kollektion ist „Modern Fossils“ sicherlich passend, hat man doch zweifellos den Eindruck in den Arbeiten würde etwas konserviert, als würde die Zeit angehalten. So sind die Objekte eine permanente, unveränderliche Erinnerung an kulturelle Normen, die noch lange nachdem die natürliche Materie verfallen und verschwunden ist bestehen werden. So wie uns paläontologische Fossilien Aufschlüsse über vergangene Zeitalter und die Gründe für ihr Vergehen liefern, so können uns Song Taos „Modern Fossils“ helfen, eine nachhaltige Zukunft zu kreieren. Einfache Beine aus Bambus für einen Tisch mit einer Tischplatte zu verwenden, die aus einem gebogenen Bruchstück eines Möbels oder Gebäudes besteht, dem man persönliche Bedeutung beimisst wäre eine relativ unkomplizierte und rohstoffarme Möglichkeit, Möbel zu produzieren. Und Luxus ist nicht immer Bernstein, antike Ulme und Messing, sondern manchmal nur ein Tisch oder eine Bank.

Neben der ersten Ausstellung von Song Tao ist „Modern Fossils“ auch die erste in einer ganzen Reihe von Ausstellungen von zeitgenössischem Design, die Migrant Birds in Berlin organisiert. Eine Reihe, mit der Migrant Birds einerseits den kulturellen chinesisch-deutschen Dialog weiterführen will und mit der man zur gleichen Zeit der ansteigenden Zahl zeitgenössischer Designer, die in China arbeiten eine Plattform bieten möchte.

Wir werden euch bestimmt auf dem Laufenden halten.

Für alle in bzw. in der Nähe von Berlin: „Modern Fossils“ von Song Tao ist in der Zhong Gallery, Koppenplatz 5, 10115 Berlin bis zum 11. Juli zu sehen.

Alle Details sind unter www.migrantbirds.org zu finden.

 

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