„Die Architekturmaschine. Die Rolle des Computers in der Architektur“ im Architekturmuseum der TU München

„Inwieweit können wir Maschinen Design anvertrauen?“ Diese Frage stellte der amerikanische Architekt Louis I. Kahn im Rahmen der Konferenz „Computer Graphics in Architecture and Design“ im Jahr 1968.

Seiner Meinung nach ließen sich nur sehr wenige Aufgaben von Maschinen übernehmen: „Die Maschine kann ein Maß kommunizieren, sie kann aber nicht erschaffen, nicht beurteilen und nicht entwerfen. Diese Aufgaben gehören zum Geist“.1

Wie sieht es heute aus?

Mit der Ausstellung „Die Architekturmaschine. Die Rolle des Computers in der Architektur“ erforscht das Architekturmuseum der TU München die Geschichte des Computers in der Architektur, bzw. die Geschichte der Architektur im Computer. Die Ausstellung geht der Frage nach, ob der Computer im Verlauf dieser Geschichte begonnen hat, die Architektur zu beherrschen, oder ob es der Architektur gelungen ist, die Oberhand zu behalten.

Imaginary Architecture by Otto Beckmann (l) and Plotter Drawings by Günter Günschel (r), as seen at The Architecture Machine. The Role of Computers in Architecture, the Architekturmuseum der TU München

Imaginäre Architektur von Otto Beckmann (l) und Plotterzeichnungen von Günter Günschel (r), „Die Architekturmaschine. Die Rolle des Computers in der Architektur“, Architekturmuseum der TU München

Wie schon so oft bemerkt, birgt die Allgegenwart der Computertechnologie heute die Gefahr, dass man vergisst, wie relativ neu digitale Computer eigentlich sind. Analoge Computer sind hingegen schon seit dem Altertum bekannt, die Babylonier beispielsweise machten regelmäßig Gebrauch von Algorithmen.

Erst in den 1950er Jahren begann die digitale Computertechnologie sehr langsam aus universitären und kommerziellen Forschungskontexten in der breiteren Gesellschaft Anwendung zu finden und sich so auch im Bereich Architektur zu etablieren: Die erste Design-/Architektur-Software, Sketchpad, wurde 1963 von Ivan Sutherland am Massachusetts Institute of Technology (MIT) entwickelt. Die oben bereits erwähnte Konferenz der Yale School of Art and Architecture 1968 war eine der ersten großen internationalen, interdisziplinären Konferenzen, die eine mögliche gemeinsame Zukunft von Architektur und Computern thematisierte. Bereits 1970 folgte das Buch „The Architecture Machine“ von Nicholas Negropontes. Ein Projekt, das wie Sketchpad am MIT entwickelt wurde, und das Negropontes folgendermaßen beschrieb: [Das Buch ist gedacht] „, für Leute, die daran interessiert sind, sich mit Problemen auseinanderzusetzen, auf die sie keine Antworten wissen.“2

In Anlehnung an den Titel, wenn auch nicht unbedingt an das Ethos von Negropontes‘ Projekt, geht die Ausstellung „Die Architekturmaschine“ von den ersten tastenden Schritten der frühen Pionierinnen und Pioniere aus und diskutiert, wie sich die Beziehung zwischen Architektur und Computer in den letzten ca. 60 Jahren entwickelt hat. Diese Entwicklung wird anhand von etwa 40 internationalen Projekten und im Verlauf von vier miteinander verflochtenen Kapiteln veranschaulicht. Dazu gehören „Computer als Zeichenmaschine“, „Medium des Geschichtenerzählens“, „interaktive Plattform“ und als Ausgangspunkt sowohl der Ausstellung als auch der Beziehung zwischen Computer und Architektur das Kapitel „Designwerkzeug“.

The Multihalle, Mannheim by Frei Otto and Carlfried Mutschler, as a pile of plotter paper. And sketches, as seen at The Architecture Machine. The Role of Computers in Architecture, the Architekturmuseum der TU München

Die Multihalle Mannheim von Frei Otto und Carlfried Mutschler in Form eines Stapels Plotterpapier sowie Skizzen, gesehen bei „Die Architekturmaschine, die Rolle des Computers in der Architektur“ im Architekturmuseum der TU München

Eine der ersten Fragen, die sich Architektinnen und Architekten in den 1960er Jahren stellten, war logischerweise, wo und wie sie diese sich entwickelnde Computertechnologie einsetzen könnten.

Für einen Louis I. Kahn lag die Antwort, oder zumindest ein Teil der Antwort, nicht im Bereich des Entwerfens. Und mit dieser Auffassung war er nicht allein. In der Architektur und anderen kreativen Berufen gab es große Zweifel daran, ob die objektivierende Rechenmaschine den subjektiven, poetischen Menschen in kreativen Prozessen ersetzen könnte, ohne die emotionale Verbindung zu verlieren, die zwischen einem Kunstwerk, zwischen Architektur, Design, Musik, und dem Individuum besteht, und die zumindest damals ein essenzieller Bestandteil eines Werkes war.

Natürlich gab es auch Pragmatikerinnen und Pragmatiker, die zuerst an die grundlegendste aller architektonischen Entwurfsaufgaben dachten, an das Zeichnen. Sketchpad nahm die Entwicklung vom Analogen zum Digitalen sehr wörtlich und erlaubte es der Architektin oder dem Architekten, mit Hilfe eines sogenannten Lichtstiftes direkt auf den Computerbildschirm zu zeichnen. Dieser Ansatz ist nicht nur logisch, er liefert auch ein weiteres schönes Beispiel für den Skeuomorphismus im Software-Design, der helfen soll, den Einstieg in neue Technologien für Nutzerinnen und Nutzer zu erleichtern. Sketchpad ermöglichte bei aller Neuheit zunächst aber nur Entwurfszeichnungen in 2D und war damit nur von begrenztem Wert. Das digitale 3D-Zeichnen entwickelte sich jedoch relativ schnell, ebenso wie die Fähigkeiten von Computern, die ihnen von Kahn anvertrauten Messungen zu übernehmen, und dies in immer höheren Komplexitätsgraden. Solche Entwicklungen bei Hard- und Software ließen den Computer nicht nur zu einem architektonischen Entwurfswerkzeug, sondern auch zu einem Analyse-, Modellierungs- und Rendering-Werkzeug avancieren.

Solche Entwicklungen werden in „Die Architekturmaschine“ anhand von diversen Projekten veranschaulicht. Darunter sind Otto Beckmanns Studien [zu] „Imaginäre[r] Architektur“ aus den 1970er Jahren, die versuchten, die noch sehr experimentelle Computertechnologie für die Erzeugung eines sehr experimentellen formalen Ausdrucks zu nutzen. Außerdem „Cornell in Perspective“ von 1969 bis 72, eine der ersten animierten Architekturbegehungen und ein Projekt, das am Computer generiert, aber als analoger 16-mm-Film präsentiert wurde, wobei jedes Einzelbild vom Monitor abfotografiert wurde. Für die Ausstellung wurde diese Arbeit erstmals digitalisiert. Frei Ottos und Carlfried Mutschlers Multihalle in Mannheim von 1972 bis 74 ist wiederum eines der frühesten Beispiele für den Einsatz von Computern zur Berechnung der Winkel von strukturellen Verbindungen und zur Generierung von Bauplänen. Solche Projekte machen nicht nur deutlich, wie sich die frühen Pionierinnen und Pioniere vorwärts tasteten, sondern zeigen vor allem auch sehr gut, dass die frühe Computertechnik noch mit sehr viel Arbeit verbunden war. Es handelte sich noch um sehr manuelle und oft analoge Prozesse.

Vor allem aber erforderten diese Verfahren Programmierkenntnisse. Wir dürfen nicht vergessen, dass wir uns hier immer noch am Anfang der Computertechnologie befinden, in einem Zeitalter also, in dem der Einsatz von Computern in jeder Hinsicht noch etwas für Eingeweihte war. Diese Zeit war bestimmt von Großrechnern und Plottern, von primitiven Programmiersprachen mit begrenztem Wortschatz, hohen Kosten und geringer Kapazität und weit entfernt von „Apps“.

Doch als Computer durch immer neue Software immer leistungsfähiger, kleiner, benutzerfreundlicher und autarker wurden und immer mehr Menschen begannen, die Möglichkeiten von Computern in ihrem täglichen Leben, beruflich und privat, nicht nur in Erwägung zu ziehen, sondern auch zu verstehen und zu akzeptieren, hielten Computer immer schneller Einzug in immer mehr Bereiche unseres Lebens. Und so auch in immer mehr Bereiche der Architektur.

Walter Segal Model by John Frazer, Julia Frazer and John Potter, including generated layouts and costings, as seen at The Architecture Machine. The Role of Computers in Architecture, the Architekturmuseum der TU München

Walter Segal Modell von John Frazer, Julia Frazer und John Potter, einschließlich generierter Layouts und Kalkulationen, „Die Architekturmaschine. Die Rolle des Computers in der Architektur“, Architekturmuseum der TU München

In der Architektur geht es vor allem darum, die Umwelt zu gestalten und Gebäude zu planen, in denen wir leben und arbeiten können. Trotzdem bezieht sich die Geschichte der Beziehungen zwischen Architektur und Computern, wie die Ausstellung deutlich macht, nicht nur auf die Entwicklung neuer Formen, die mit analogen Technologien nicht kalkulierbar sind. Es geht bei dieser Beziehung auch nicht nur um die Unterstützung bei der Entwicklung von Bauprozessen, z. B. im Zusammenhang mit Modularität in der Architektur, oder um die Automatisierung eines Großteils der Arbeitsabläufe in der Architektur: Computer spielen vielmehr in der Entwicklung der breiteren Praxis und Industrie der Architektur eine Rolle.

Dazu gehört beispielsweise die Präsentation von Architektur, sowohl intern, also unter direkt an einem Projekt beteiligten Personen, als auch extern, in der breiteren Gesellschaft. Entwicklungen in diesem Bereich haben zu Veränderungen in der Art und Weise geführt, wie Architektur, Architektinnen und Architekten in der Öffentlichkeit wahrgenommen werden. Um ihre Pläne nicht nur Architekten und Ingenieurinnen zugänglich zu machen, haben Architekten im Laufe der Geschichte immer versucht, ihre Projekte auf eine Art und Weise zu visualisieren, die über das rein Technische hinausgeht. Sie haben das größtenteils durch die Verwendung von Projektionen und maßstabsgetreuen Modellen erreicht, die es ermöglichten, die Arbeiten in einen räumlichen Kontext zu setzen. Allerdings kann man mit solchen analogen Methoden nur erreichen, dass Besucherinnen und Besucher die Möglichkeit haben, sich mit dem Projekt zu beschäftigen, unabhängig davon, wie realistisch die Modellbäume sind.

Computer-Rendering und Computer-Animation brachten in diesem Kontext völlig neue Möglichkeiten, die dank immer leistungsfähigerer Hardware und Software immer komplexer geworden sind. Ein Feld, das so zunehmend an Bedeutung gewonnen hat und zu einer der primären Methoden geworden ist, mit denen Architektur wahrgenommen, konsumiert und verstanden wird. In der Ausstellung wird dieser Bereich anhand einer vielfältigen Auswahl von Animationen und Renderings erforscht und diskutiert, die den Besucherinnen und Besuchern nicht nur die Vielfalt kommerzieller visueller Darstellungsformen in der zeitgenössischen Architektur verdeutlichen, sondern auch die Frage nach dem Warum aufwerfen. Wozu all der Aufwand?

Die Antwort, oder zumindest ein großer Teil der Antwort, ist das „Storytelling“, das allgegenwärtige Werkzeug in der Trickkiste des zeitgenössischen Marketings, mit dem Architektinnen und Architekten versuchen, ihre Projekte nicht nur auf eine Weise zu visualisieren, die über das rein Technische hinausgeht, sondern auch Emotionen mit einem Projekt zu verknüpfen, ihm eine emotionale Ebene zu verleihen. Die Frage nach Emotionen in architektonischen Renderings und Animationen ist sehr komplex und wirft zwangsläufig weitere Frage auf. Hätten wir nicht ein besseres, gesünderes, rationaleres Verhältnis zur Architektur, wenn wir uns nicht alle auf suggerierte Emotionen konzentrieren würden? Und wäre ein solches Architekturverständnis im Gegensatz zum „Storytelling“ nicht von größerem Nutzen für  Diskussionen, in denen es um die Vorzüge oder Nachteile eines bestimmten Projekts, oder auch um die umfassenderen Beziehungen zwischen Architektur und Gesellschaft geht?

Renderings, as seen at The Architecture Machine. The Role of Computers in Architecture, the Architekturmuseum der TU München

Zeitgenössische Computer-Renderings, gesehen bei „Die Architekturmaschine. Die Rolle des Computers in der Architektur“, Architekturmuseum der TU München

Die Ausstellung ist innerhalb der vier Bereiche mehr oder weniger chronologisch aufgebaut. Es gibt aber auch einen unabhängigen chronologischen Verlauf: Die Ausstellung beginnt nämlich mit Sketchpad aus dem Jahr 1963 und eines der letzten Exponate ist das Barclays Center in Brooklyn von SHoP et al. aus den Jahren 2009-2012 und einer App zur Dokumentation und Visualisierung des Bauprozesses. Die Bewegung durch den Raum ist also auch insgesamt sehr chronologisch.

So wie sich die Ausstellung mit der Geschichte des Computers in der Architektur auseinandersetzt, bietet sie auch eine Gelegenheit, die 40 Projekte einzeln zu erforschen und zu reflektieren, und diese 40 Projekte als Momente innerhalb der Architekturgeschichte seit den 1960er Jahren zu erfassen. Sie sind vielleicht untrennbar mit der Entwicklung der Computertechnologie verbunden, aber auch für sich genommen genauso relevant und interessant.

Zu diesen Projekten gehören zum Beispiel das Walter-Segal-Modell von John Frazer, Julia Frazer und John Potter aus dem Jahr 1982. Dabei handelt es sich um eine Weiterentwicklung von Walter Segals analogem Selbstbausystem aus den 1950er Jahren. In seiner digitalisierten Version ermöglicht das System die Planung von Häusern durch das Einfügen von Registerkarten, die Wände, Türen, Fenster usw. darstellen. Nach Fertigstellung der Planung war die Software in der Lage, den Entwurf zu prüfen und, wenn alles in Ordnung war, Grundrisse und Kalkulationen zu generieren. Ein Projekt, das nicht nur erfreulich intuitiv konzipiert ist, sondern auch ein schlagkräftiges Argument für das Entwerfen von Bausystemen anstelle von Gebäuden darstellt. Einen anderen Ansatz verfolgt das Projekt Possible Palladian Villa von George Heresy und Richard Freedman aus dem Jahr 1992. Es verwendet die Konstruktionsprinzipien von Andrea Palladio aus dem 16. Jahrhundert als Grundlage für die automatische Generierung von Gebäuden. Die Basis bilden von Nutzerinnen und Nutzern definierte Parameter. Dabei stellt sich die Frage: Wer braucht Architektinnen und Architekten? Oder besser gesagt, wer braucht Architekten des 21. Jahrhunderts, wenn man Architektinnen des 16. Jahrhunderts hat?

An anderer Stelle erregte der Siemens-Pavillon für die CeBit 1970 in Hannover von Ludwig Rose, Georg Nees und Jost Clement unsere besondere Aufmerksamkeit. Dabei handelt es sich um das erste von einem Computer entworfene Gebäude in Deutschland. Ein Werk, das die historische Bedeutung von Messen für die Entwicklung der Architektur deutlich macht, was wiederum durch die sogenannte BMW-Bubble von Bernhard Franken et al. nochmal unterstrichen wird. Die wurde nämlich erstmals auf der Frankfurter Automobilausstellung 1991 präsentiert. Neben zahlreichen neuartigen Anwendungen aus der Computertechnologie, die in die Entwicklung involviert waren, war die BMW-Bubble, und so wird sie in „Die Architekturmaschine“ auch präsentiert, eines der ersten 3D-gedruckten Architekturmodelle.

Diese Episode zieht weitere Überlegungen zum 3D-Druck in der realen statt modellierten Architektur nach sich. Überlegungen, die gleichsam von einem Holzbalken aus dem Projekt Dunescape von SHoP aus dem Jahr 2000 aufgegriffen werden. Dieses Projekt demonstriert zwar sehr gut, wie Computertechnologie zur Vereinfachung des Bauprozesses eingesetzt werden kann, ist aber vor allem ein sehr schönes Beispiel für ein digital entworfenes, aber analog gebautes Projekt. Damit liefert es Anlass für eine Anmerkung, die auf diesen Seiten schon oft angebracht wurde: nämlich, dass wir trotz der weithin bekannten Vorteile industrieller Bauprozesse und der verbesserten Möglichkeiten im Kontext des industriellen Bauens, die durch digitale Computertechnologie ermöglicht werden, immer noch Ziegel auf Ziegel und Balken in Balken bauen. Und das diese Vorteile und Möglichkeiten weitestgehend ignoriert werden.

The BMW Bubble, one of the first 3D printed architecture models, as seen at The Architecture Machine. The Role of Computers in Architecture, the Architekturmuseum der TU München

Die BMW-Bubble, eines der ersten im 3D-Verfahren gedruckten Architekturmodelle, „Die Architekturmaschine. Die Rolle des Computers in der Architektur“, Architekturmuseum der TU München

Bei „Die Architekturmaschine“ handelt es sich ganz deutlich um eine Architekturausstellung, es werden also viele Modelle, Pläne, Filme usw. gezeigt. Die Ausstellung liefert eine gut getaktete, zugängliche, unterhaltsame und zum Nachdenken anregende Reise durch die Geschichte des Computers anhand von 40 beispielhaften, experimentellen und/oder öffentlichkeitswirksamen Signature-Projekten. (Man sollte hier nicht vergessen, dass die Architektur, mit der sich die meisten Architektinnen und Architekten beschäftigen, und dementsprechend auch ihre Beziehung zum Computer, sehr viel alltäglicher ausfallen.)

Wenn wir eines vermissen würden, dann wäre es eine Vorgeschichte der digitalen Computertechnologie in der Architektur, ein kurzes Szenenbild sozusagen. Uns fehlt nicht unbedingt eine Diskussion darüber, wie in vergangenen Jahrhunderten, und zwar bis in die 1970er Jahre hinein, große, komplexe Strukturen ohne Digitalcomputer geplant und ausgeführt wurden. Vielmehr vermissen wir jene Vorläufer, die der ersten Generation von Computerarchitektinnen und -architekten die Möglichkeiten erklärten. Vorläufer wie zum Beispiel ein Konrad Wachsmann oder ein Superstudio, deren Fotomontagen und Filme aus den späten 1960er Jahren die kommende Computeranimation so prägnant vorhergesagt haben. Wenn wir noch etwas vermissen würden, dann wären es die Ingenieurinnen und Ingenieure. Ja, in zahlreichen Projekten werden die verantwortlichen Ingenieure genannt; aber die Fokussierung auf die Architektinnen neigt dazu, die Rolle der Ingenieure in der Architektur herunterzuspielen. Doch wie wir alle in der Ausstellung „Visionäre und Alltagshelden. Ingenieure – Bauen – Zukunft“ im Oskar von Miller Forum erfahren haben, würde es ohne Ingenieurinnen und Ingenieure keine Architektur geben, oder zumindest nur Pläne und keine gebaute Architektur. Der Digitalcomputer ist ebenso eine Ingenieursmaschine wie eine Architekturmaschine!

Und endlos.

In seinem Buch „The Architecture Machine“ schreibt Nicholas Negroponte: ,“Sie werden feststellen, dass dieses Buch nur einen Anfang und kein Ende hat“3. Das Architekturmuseum der TU München folgt mit „Die Architekturmaschine“ dem Beispiel Negropontes und macht sehr deutlich, dass in der Architektur, wie in allen Bereichen, die Entwicklung der Computertechnologie bedeutet, dass man, egal wie weit man glaubt, gereist zu sein, immer an der Schwelle zu neuen Möglichkeiten, zu neuen Realitäten und zu neuen Erkenntnissen steht.

Die Ausstellung hilft einem so zu verstehen, dass der Punkt, an dem sich die zeitgenössische Architektur dank digitalen Computings befindet, nicht das Ende der Geschichte ist, und dass sich die Beziehungen zwischen Computer und Architektur noch immer weiterentwickeln.

Ausstellungsbesucherinnen und -besucher verstehen auch, dass die kommende Künstliche Intelligenz ein neues Kapitel in den Beziehungen zwischen Computern und Architektur aufschlagen wird. Was uns zu den Fragen zurückführt, wo und wie wir diese sich entwickelnde Technologie einsetzen könnten. Wenn Computer einen Verstand haben, wenn Computer subjektiv sind, wer braucht dann noch Architektinnen und Architekten? Um diese Frage zu beantworten, muss man verstehen, was sie tun und welche Funktion sie in der Gesellschaft haben. Entscheidend für die Entwicklung der Rolle von Computern in der Architektur wird also die populäre Wahrnehmung von Architektur sein. Und die Frage, inwieweit wir als Gesellschaft Architektinnen und Architekten das Design anvertrauen können…?

„Die Architekturmaschine. Die Rolle des Computers in der Architektur“ läuft bis Sonntag, den 6. Juni, im Architekturmuseum der TU München in der Pinakothek der Moderne, Barer Str. 40, 80333 München.

Alle Details, einschließlich Informationen über das Begleitprogramm, finden Sie unter www.architekturmuseum.de/the-architecture-machine.

Wenn Sie den Besuch einer Ausstellung planen, machen Sie sich bitte im Voraus mit den aktuellen Regeln in Bezug auf Eintrittskarten, Einlass, Sicherheit, Hygiene, Garderobe usw. vertraut und bleiben Sie verantwortungsbewusst und vor allem neugierig.

The history of the Mus computeralis, as seen at The Architecture Machine. The Role of Computers in Architecture, the Architekturmuseum der TU München

Die Geschichte von Mus computeralis, „Die Architekturmaschine. Die Rolle des Computers in der Architektur“ im  Architekturmuseum der TU München

1. Louis I. Kahn, Panel Discussion – The Past and Future of Design by Computer, in: Proceedings of the Yale Conference on Computer Graphics in Architecture (April 1968), New Haven CT 1969, S. 98 quoted in Georg Vrachliotis, Architekturmaschine. Individualisierungssyteme, Arch+, December 2018, 36–43

2.Nicholas Negroponte, The Architecture Machine. Towards a more humane environment, MIT Press, 1970, A Preface to a Preface

3.ibid

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