„Here We Are! Frauen im Design 1900 – heute“ im Vitra Design Museum, Weil am Rhein

Im Zusammenhang mit ihren Überlegungen zum komplexen Thema „Frauen und Fiktion“ liest sich Virginia Woolf in ihrem 1929 erschienenen Essay “A Room of One’s Own” chronologisch durch ein Bücherregal mit Werken von Frauen aus allen Jahrhunderten.

Die Ausstellung “Here We Are! Frauen im Design 1900 – heute” im Vitra Design Museum funktioniert in etwa so wie Virginia Woolfs Bücherregal und ermöglicht auf diese Weise Überlegungen zum komplexen Themas „Frauen und Design“, inklusive kritischer Hinterfragung.

Here We Are! Women in Design 1900 - Today, Vitra Design Museum, Weil am Rhein

„Here We Are! Frauen im Design 1900 – heute“, Vitra Design Museum, Weil am Rhein

Here We Are! Frauen im Design 1900 – 1950

Virginia Woolf beginnt “A Room of One’s Own” und ihre Überlegungen zu „Frauen und Fiktion“ zunächst in der Universitätslandschaft des frühen 20. Jahrhunderts in England und geht anschließend zum Lesesaal des British Museum über: „Wenn eine Wahrheit nicht in den Regalen des British Museum zu finden ist, wo, so fragte ich mich, als ich ein Notizbuch und einen Bleistift zur Hand nahm, ist dann die Wahrheit?.“1

Die Wahrheit war jedoch nicht zu finden – stattdessen nur Meinungen, viele Meinungen von Männern über Frauen, herabsetzende und verleumderische Meinungen. Frustriert und enttäuscht über den ausbleibenden Fortschritt und ihre Unfähigkeit eine Antwort zu finden, beschließt Woolf, „die Untersuchung einzugrenzen und den Historiker zu fragen, der keine Meinungen, sondern Fakten aufzeichnet“.

Ähnlich verhält es sich mit der Ausstellung “Here We Are! Frauen im Design 1900 – heute”, die nicht wie Woolfs Untersuchungen im 15. Jahrhundert beginnt, sondern, wie der Titel schon sagt, um 1900. Diese Zeit steht nicht nur für den Beginn des Berufsstands Designer*in überhaupt, sondern auch für die ersten Designerinnen, und für gesellschaftliche Umbrüche auf allen Ebenen. Diese Umbrüche vollzogen sich nicht zuletzt im Hinblick auf die Rechte der Frauen, die eine partizipativere, vielseitigere Rolle in der Gesellschaft forderten. Neben Überlegungen etwa zur englischen Suffragettenbewegung oder zur Darstellung von Frauen in den Medien zu Beginn des 20. Jahrhunderts thematisiert das Kapitel der Ausstellung auch frühe Institutionen, die sich der Förderung kreativer Frauen widmeten. Dazu gehören neben dem allgegenwärtigen Bauhaus auch die weniger häufig diskutierte VkhUTEMAS in Moskau und die Loheland Schule für Körperbildung, Landbau und Handwerk – eine 1919 in der Nähe von Fulda gegründete reine Fraueneinrichtung.

Im Eröffnungskapitel der Ausstellung werden außerdem ausgewählte Designerinnen des späten 19. und frühen 20. Jahrhunderts vorgestellt. Dabei handelt es sich um professionelle Designerinnen und nicht um dilettantische Amateurinnen, die ausnahmslos aus den wohlhabenden Schichten stammten und die heute die geläufige Wahrnehmung des Designs von Frauen aus der Zeit des frühen 20.Jahrhunderts bestimmen. Zu diesen Designerinnen gehören unter anderem Louise Brigham, deren selbstgebaute Möbel aus Verpackungskisten einen Widerhall in den zeitgenössischen DIY-, Upcycling- und Palettenmöbeln finden; Gunta Stölzl, deren innovative Vision allzu oft durch den Fokus auf ihre populäre Position als einzige Jungmeisterin am Bauhaus ins Hintertreffen gerät; oder, besonders erfreulich, Gertrud Kleinhempel. Wie treue Leser wissen werden, sind Gertrud Kleinhempel und ihre Zeitgenossin Margarete Junge nicht nur faszinierende Persönlichkeiten wenn es um die Entwicklung des Möbeldesigners als Beruf geht, sie liefern auch zahlreiche Gründe für die Tatsache, dass wir uns heutzutage an einem Punkt befinden, an dem die Geschichte der Frauen im Design neu aufgerollt werden muss.

So werden im zweiten Kapitel von “Here We Are!” mit Fokus auf die Jahre 1920 bis 1950 die Geschichten vieler bekannter Namen nachgezeichnet und unter anderem Aino Aalto, Lilly Reich oder Ray Eames vorgestellt. Hier geht es um Designerinnen, von denen man noch vor wenigen Jahren meinte, alles über sie zu wissen, bis langsam klar wurde, dass das nicht zutrifft und, dass eindeutig Aspekte fehlen. Diese Designerinnen stehen somit nicht nur für die wichtigen, grundlegenden Beiträge von Frauen zur Entwicklung des Designs. Durch die Kürze ihrer Biografien und Werkverzeichnisse, den Fokus auf die Kontexte als Ehefrau, Partnerin oder Untergebene von wem auch immer, stehen sie auch für die Verzerrungen, Fehler und Schieflagen in unserer Vorstellung von der Geschichte des Designs.

Part of the chapter Pioneers of Modernism 1920 - 1950 with amongst others Eileen Gray and Lilly Reich, as seen at Here We Are! Women in Design 1900 - Today, Vitra Design Museum, Weil am Rhein

Ein Teil des Kapitels Pioniere der Modernism 1920 – 1950, mit unter anderem Eileen Gray und Lilly Reich, gesehen bei „Here We Are! Frauen im Design 1900 – heute“, Vitra Design Museum, Weil am Rhein

Here We Are! Frauen im Design 1950 – 1990

“Here We Are!” geht ab 1950 zu einem relativ flotten Rundgang durch die ersten vier Nachkriegsjahrzehnte über, genauer gesagt zu zwei Rundgängen. Einer führt durch die Entwicklungen des Feminismus und ein zweiter Rundgang durch Designs verschiedener Genres, die in diesen vier Jahrzehnten realisiert wurden. Der erste Rundgang führt den Besucher von Simone de Beauvoirs Buch “Le Deuxième Sexe” von 1949 bis zur Gründung des Kollektivs Guerrilla Girls im Jahr 1985, über Betty Friedan, Denise Scott Brown oder das Matrix-Kollektiv. Der zweite präsentiert Werke von so unterschiedlichen Kreativen wie Grete Jalk, Rei Kawakubo oder Anna Castelli Ferrieri. Und obwohl es keinen direkten Zusammenhang zwischen den Rundgängen gibt, ist man sich doch darüber im Klaren, dass sich beides, also Theorie und Praxis, bedingen.

So wie Woolf mit ihrer Frage, warum es nicht mehr Bücher von Frauen aus vergangenen Jahrhunderten gibt, die Konventionen und Beschränkungen analysiert, die die Teilhabe von Frauen an der Gesellschaft in den vergangenen Jahrhunderten definierten, so reflektiert “Here We Are!” die sozialen und kulturellen Konventionen und Beschränkungen, die das komplexe Thema „Frauen und Design“ beeinflusst und geprägt haben. Der Ausstellungsbesucher wird aufgefordert über diese Zusammenhänge nachzudenken.

Doch während Woolfs Diskussion in einer Zeit beginnt, in der Literatur und Gesellschaft lange Zeit nebeneinander existiert und sich langsam angenähert hatten, beginnen die Diskussionen in “Here We Are!” mit der Entstehung des Berufsstandes des Designers und dem Beginn der Beziehung zwischen Design und Gesellschaft, das heißt zu einem Zeitpunkt, als diese Beziehung notwendigerweise erst definiert werden musste. Insofern liegt die Erkenntnis nahe, dass die Beschränkungen und Konventionen, die die Teilhabe von Frauen am Design bestimmten und das Verständnis von Frauen im Bereich Design prägten, parallel zum Beruf Designer entstanden sind. Sie entstanden also als inhärente Bestandteile des sich entwickelnden, noch jungen Berufs des Designers und hätten insofern auch anders definiert werden können.

Oder anders gesagt: Die Tatsache, dass Gertrud Kleinhempel und Margarete Junge in den ersten Jahren des 20. Jahrhunderts als professionelle Designerinnen / Möbeldesignerinnen arbeiteten, war, soweit wir das rückblickend beurteilen können, nicht sonderbar. Dass die beiden als Designerinnen tätig waren, galt nicht als seltsam und weckte kein besonderes Interesse, abgesehen von den von ihnen produzierten Objekten. Es spielte keine Rolle, dass Kleinhempel, Junge und ihre vielen Zeitgenossinnen Frauen waren.2 Design war (noch) geschlechtslos.

Dann wurde Design zunehmend männlich konnotiert. Um Simone de Beauvoir zu paraphrasieren: Der Beruf DesignerIn ist nicht als Männerdomäne auf die Welt gekommen, er wurde dazu gemacht.

Hier ist weder die Zeit noch der Ort für eine Diskussion über die Gründe, warum Design zur Männerdomäne wurde; aber nachdem es dazu gekommen war, blieb es dabei.

Die Ausstellung “Here We Are!” hilft nicht nur dabei, zu verstehen, warum das Design eine Männerdomäne blieb, sondern auch, welche sozialen und kulturellen Konventionen und Beschränkungen die Beteiligung von Frauen am Design im vergangenen Jahrhundert beeinflussten, wie diese unsere Auffassung von Frauen im Design im vergangenen Jahrhundert prägten und wie heute die populäre, unhinterfragte Vorrangstellung des Y-Chromosoms im Designbereich abgebaut wurde und wird.

Post-War Feminist theory as part of the chapter On the Move 1950 - 1990, as seen at Here We Are! Women in Design 1900 - Today, Vitra Design Museum, Weil am Rhein

Feministische Theorie der Nachkriegszeit, ein Teil des Kapitels Auf dem Weg 1950 – 1990, gesehen bei „Here We Are! Frauen im Design 1900 – heute“, Vitra Design Museum, Weil am Rhein

Here We Are! Despite Everything!

Natürlich ist dem Vitra Design Museum klar, dass Frauen schon lange entwerfen und dass Frauen eine ebenso wichtige Rolle in der Entwicklung des Designs gespielt haben wie die Männer. Aber man weiß am Vitra Design Museum auch, dass das geläufige, populäre Verständnis von Frauen im Designbereich diese Realität nicht widerspiegelt und dass Designgeschichte normalerweise männerzentriert erzählt wird. Auch dir Kuratoren vom Vitra Design Museum erkennen an, dass sich das ändern muss und dass sie dabei Verantwortung tragen.

Das bedeutet also, dass die Ausstellung “Here We Are!” nicht konstatiert, dass Frauen in der Lage sind Design zu entwickeln, davon gehen inzwischen alle aus; vielmehr versucht die Ausstellung jenen strukturellen Rahmen nachzuzeichnen, in dem Design stattfindet, wahrgenommen, realisiert und konsumiert wird. Es geht darum die strukturellen Aspekte hervorzuheben, die lange Zeit dazu beigetragen haben, die von Männern dominierte Erzählung der Designgeschichte aufrechtzuerhalten und zu verstärken.

Zu diesen strukturellen Aspekte zählt unter anderem die Lehre des Designs: Während sich Designhochschulen hinsichtlich Gleichberechtigung und Chancengleichheit gegenüber der Universitätslandschaft im England des frühen 20. Jahrhunderts, durch die Virginia Woolfs Erzählerin spazierte, stark verändert haben mögen, gilt dies nicht immer für die Inhalte und die Praxis der Designausbildung. Zu jenen strukturellen Aspekte gehören auch die mediale Vermittlung von Design in Magazinen, Zeitungen und auch in Büchern, sowie das Sammeln und Archivieren von Design in Museen. Sucht man in den meisten „Classics of Design“-Büchern nach Frauen, so findet man dieselben Objekte von denselben Frauen, ausnahmslos in Zusammenarbeit mit einem Mann; und um wieder mit Virginia Woolf zu sprechen: „Wenn eine Wahrheit nicht in den Regalen des British Museum zu finden ist, wo, so fragte ich mich, als ich ein Notizbuch und einen Bleistift in die Hand nahm, ist dann die Wahrheit?“

20th century works by, amongst others Gae Aulenti, Pipstrello lamp for Martinelli Luce (1965) (f. l.) & Anna Castelli Ferrieri, 4814 armchair for Kartell (1988) (r), as seen at Here We Are! Women in Design 1900 - Today, Vitra Design Museum, Weil am Rhein

Werke des 20. Jahrhunderts, unter anderem Gae Aulenti, Pipstrello Lampe für Martinelli Luce (1965) (f. l.) & Anna Castelli Ferrieri, 4814 Sessel für Kartell (1988) (r), gesehen bei „Here We Are! Frauen im Design 1900 – heute“, Vitra Design Museum, Weil am Rhein

Here we are! Designerinnen (nicht) in der Ausstellung

Wie schon oft in diesen Beiträgen angemerkt (am ausführlichsten im Zusammenhang mit der Ausstellung Female Traces im Museum of Furniture Studies in Stockholm), wird wohl jeder, der in den 2020er Jahren in einem Museum nach der Wahrheit über „Frauen und Design“ sucht, dieses Museum wahrscheinlich genauso enttäuscht und frustriert verlassen wie Woolfs Erzählerin das British Museum in den 1920er Jahren.

Man kann mit Fug und Recht behaupten, dass Museen im Laufe der Jahrzehnte nicht nur in erster Linie Werke von Männern gesammelt und archiviert haben und Werke, die von Männern als wichtig und relevant erachtet wurden, sondern auch in erster Linie Werke von Männern ausgestellt haben3. Das Vitra Design Museum ist ein hervorragendes Beispiel dafür: In seiner 30-jährigen Geschichte hat es noch nie eine große monografische Ausstellung über eine Designerin/ein weibliches Kollektiv gezeigt. Folglich haben die Museen durch ihr Sammeln und Vermitteln wesentlich dazu beigetragen, die scheinbar natürliche und selbstverständliche Vorrangstellung der Männer im Designbereich zu rechtfertigen und zu verstärken.

Die Ausstellung “Here We Are!” kann als Teil der Bemühungen des Vitra Design Museums angesehen werden, die eigenen Defizite in Bezug auf die Geschlechtervielfalt in den Griff zu bekommen. Abgesehen von den Fragen, die die Ausstellung aufwirft, und den Reflexionen, die sie anstößt, stammen fast alle Exponate in “Here We Are!” aus der eigenen Sammlung des Museums. Ein Umstand, der, wie die Kuratoren erklären, eine detailliertere, kritischere Aufarbeitung ihrer Sammlung nötig machte, als es normalerweise der Fall wäre.

Die Ausstellung ermahnt uns im Sinne dieser kritischen Neubewertung das Präsentierte beim Besuch einer Designausstellung kritisch zu bewerten und die Erzählung, die uns vorgesetzt wird zu hinterfragen.

Was uns zum letzten Kapitel von “Here We Are!” bringt, oder, um Woolfs Erzähler zu paraphrasieren, wir sind im Laufe dieses Streifzugs endlich in dem Raum angekommen, der Design von noch lebenden Menschen präsentiert.

Part of the chapter The Bigger Picture 1990 - Today with amongst other works, Furnitureplant #1, Hangout by Bless (2016) (l) & Ruché by Inga Sempé for Ligne Roset (2010), as seen at Here We Are! Women in Design 1900 - Today, Vitra Design Museum, Weil am Rhein

Ein Teil des Kapitels The Bigger Picture 1990 – heute mit unter anderem den Arbeiten:
Furnitureplant #1, Hangout von Bless (2016) (l) & Ruché von Inga Sempé für Ligne Roset (2010), gesehen bei „Here We Are! Frauen im Design 1900 – heute“, Vitra Design Museum, Weil am Rhein

Here we are! Frauen im Design 1990 – heute

So wie sich Virginia Woolfs Bücherregal mit Werken von Frauen immer besser füllt, so tauchen je näher wir unserer Gegenwart kommen, auch immer mehr Frauen auf, die einen Platz im Design und in der Geschichte des Designs einnehmen. Dennoch könnte nur ein törichter Mann behaupten, dass in der Welt des Designs alles gut und gleichberechtigt ist. Denn trotz allen Verbesserungen ist „der Mann immer noch das wortgewandte Geschlecht“.

Dieses Missverhältnis trifft vor allem im Zusammenhang mit dem Möbeldesign zu, das in “Here We Are!” überwiegt, und das unbestreitbar eine der sichtbarsten und populärsten Ausdrucksformen des Designerhandwerks ist. Es handelt sich um eine Branche, in der, wie so oft in diesen Beiträgen festgestellt, Frauen vor allem durch ihre Abwesenheit auffallen. Vitra ist hier ein hervorragendes und treffendes Beispiel ist: Schließlich befinden wir uns ja im Vitra Design Museum auf dem Vitra Campus neben der Vitra-Fabrik und dem VitraHaus. Der Ausstellungsbesucher kann Vitra also nicht entkommen. Und Vitra kann der Tatsache nicht entkommen, dass in der Vitra Designerliste eine Menge weiße Männer auftauchen. Mit diesem Überhang an weißen Männern steht Vitra keineswegs allein da, ganz im Gegenteil. So steht die Möbelbranche trotz des Erfolgs und der Sichtbarkeit von Persönlichkeiten wie Hella Jongerius, Patricia Urquiola, Front oder Inga Sempé, wie sie im letzten Kapitel von “Here We Are!” vorgestellt werden, für ein großes strukturelles Problem, das gelöst werden müsste.

Bei Woolfs Bücherregal mag es noch Gründe für den Mangel an Autorinnen gegeben haben, aber viele dieser Gründe sind längst hinfällig. Was sind nun die Gründe, bzw. die Ausreden der Industrie?

Virginia Woolf beendet ihre Überlegungen zu „Frauen und Fiktion“ mit Überlegungen zu Shakespeares Schwester. Diese fiktive Figur, hatte sie zuvor in ihrem Essay entwickelt, als sie darüber nachdachte, was passiert wäre, hätte Shakespeare eine Schwester gehabt, die ebenfalls eine Karriere im Theater anstrebt. Es hätte wohl ein schlimmes Ende genommen. Aber, so mahnt Woolf, Shakespeares Schwester lebt immer noch da draußen, sie verkörpert eine „fortwährende Präsenz“, und wird eines Tages auferstehen, „indem sie ihr Leben aus dem Leben der Unbekannten schöpft, die ihre Vorläuferinnen waren“.

Während Woolf zuversichtlich scheint, dass die Existenz dieser unbekannten Vorläuferinnen ausreicht, geht die Ausstellung “Here We Are!” kein solches Risiko ein und endet deshalb mit einer Präsentation zeitgenössischer Projekte, die nicht nur die Sichtbarkeit von Designerinnen erhöht, sondern die zudem unbekannte Designerinnen aus vergangenen Zeiten sichtbar macht und sie dadurch in den zeitgenössischen Designdiskurs aufnimmt. Dazu gehört zum Beispiel das laufende Forschungsprojekt des Zagreber Kollektivs Oaza, das sich mit über 30 Designerinnen befasst, die in der Mitte des 20. Jahrhunderts im heutigen Kroatien tätig waren, oder die zeitgenössische Forschung und Dokumentation über Jane Dillon, eine englische Designerin, die nach ihrer Zusammenarbeit mit Ettore Sottsass bei Olivetti Ende der 60er/Anfang der 70er Jahre ihr eigenes Studio gründete und dann aus dem Blickfeld geriet.

Die Ausstellung macht somit deutlich, dass wir Dank einer (Wieder-)Belebung der vielen Vorreiterinnen, sei es durch Ausstellungen wie “Here We Are!” oder durch unabhängige Forschungsprojekte, gemeinsam zu der Einsicht gelangen können, dass, Designerinnen immer aktiv waren, immer einen Beitrag geleistet haben, nur nie die Aufmerksamkeit bekamen, die ihnen zugestanden hätte.

Am Ende steht die Möglichkeit, dass wir zu einer Zeit zurückkehren, in der es keine Rolle spielte, ob man als DesignerIn ein Mann oder eine Frau war, in der allein die Qualität der Arbeit zählte, und Frauen im Design noch nicht verkünden mussten: Here We Are!!!

Works by students of the Loheland School and Bauhaus, the latter primarily Marianne Brandt, as seen at Here We Are! Women in Design 1900 - Today, Vitra Design Museum, Weil am Rhein

Works by students of the Loheland School and Bauhaus, the latter primarily Marianne Brandt, as seen at Here We Are! Women in Design 1900 – Today, Vitra Design Museum, Weil am Rhein

Here we are! Frauen im Design 1900 – Heute. Und darüber hinaus.

“Here we are” ist eine gut durchdachte, logisch konzipierte Ausstellung, die eine sehr gute Auswahl und Mischung von Werken bekannter und weniger bekannter Designerinnen präsentiert und die ihre verschiedenen Themen nicht nur in unterschiedlichen und vielfältigen Kontexten, sondern auch in einem Spektrum von Designgenres angeht. Einer der erfreulichsten Aspekte der Ausstellung ist, dass es wie bei Virginia Woolf nicht darum geht, weibliche und männliche Designer zu vergleichen. Vielmehr betrachtet die Ausstellung Design als einen Beruf im Kontext der Gesellschaft und den daraus resultierenden strukturellen Konstruktionen.

Das gelingt der Ausstellung auf eine sehr zugängliche Weise. Trotz aller Risiken und Versuchungen, in die Tiefen der sozialen und feministischen Theorie abzutauchen, hält es “Here We Are!” einfach, verleugnet dabei aber nie die Komplexität, die unter der Oberfläche liegt und die wichtig ist, um ein möglichst breites und vielfältiges Publikum zu erreichen.

“Here We Are! Frauen im Design 1900 – heute” läuft noch bis Sonntag, den 6. März, im Vitra Design Museum, Charles-Eames-Str. 2, 79576 Weil am Rhein.

Alle Einzelheiten finden Sie unter www.design-museum.de/here-we-are.

Mache Sie sich bitte im Voraus mit den aktuellen Regeln in Bezug auf Eintrittskarten, Eintritt, Sicherheit, Hygiene, Garderobe usw. vertraut machen. Und bleiben Sie während Ihres Besuchs bitte sicher, verantwortungsbewusst und vor allem neugierig……

1. and all further quotes unless otherwise stated, Virginia Woolf, A Room of One’s Own, in Virginia Woolf, A Room of One’s Own and Three Guineas, Penguin Classics, 2019

2. Yes in his 1902 Innendekoration article on the Dresdner Werkstätten für Handwerkskunst Henry van der Velde does note that Kleinhempel and Junge are female, and make a coupe of patronising, disparaging back handed compliments, but on the whole is appreciative of their works, see Henry van de Velde, Werkstätten für Handwerks-kunst, Innendekoration. Mein Heim. Mein Stolz, Vol. 13, Nr. 6, Juni, 1902, page 153ff https://digi.ub.uni-heidelberg.de/diglit/innendekoration1902/0160/image (accessed 26.09.2021). But generally in the eralier years of the 20th century gender isn’t an issue, that started to change in the second decade of 20th the century, see, for example, Paul Westheim, Ausstellung, “Die Frau in Haus und beruf” in Zoologischen Garten, Kunstgewerbeblatt, Vol,. 23 Nr 7 April 1912, page 142-143 or Robert Breuer, Die Frau als Möbelbauerin, Fachblatt für Holzarbeiter, Vol 10, 1915 page 101ff.

3. Design museums need to be transparent about the mix, the diversity, of their collections and presentation, not just in terms of gender, but in all possible aspects, and arguably in terms of gender they are further ahead than in other contexts, it’ll probably be another 30 years before any European design museum stages Here We Are – Black Designers 1900 – Today. That the subject at hand is gender we focus on that….

Tagged with: , , , , , ,