„Das Entwerfen von Spielzeug ist immer eine anregende und unglaublich spannende Herausforderung"1, findet Renate Müller. Eine Herausforderung, die für Müller nicht nur technischer Natur ist, sondern vielmehr erfordert, dass „man menschliche Emotionen in jedes einzelne Stück einfließen lässt“. Denn nichts Sinnvolles könne entstehen, "wenn du das Herz dafür nicht hast und die Liebe und den Verstand'.2
Mit der Ausstellung „Renate Müller Spielzeug + Design Sonneberg“ im Wasserschloss Klaffenbach in Chemnitz wird nicht nur gezeigt, wie Renate Müller seit den 1960er Jahren die Herausforderung des Spielzeugdesigns angegangen ist und wie sie versucht hat, eine persönliche, menschliche Emotion in ihre Arbeit einzubringen. Die Ausstellung regt auch zu weitergehenden Überlegungen zum Spielzeugdesign und zum Design für Kinder in Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft an.
Renate Lindemann wurde am 24. Oktober 1945 in Sonneberg, Thüringen, geboren. Die Stadt ist seit jeher für ihre Spielzeughersteller und ihre Spielzeugindustrie bekannt. Renate Lindemann wuchs, wie fast unvermeidlich, in dieser Tradition auf. Ihr Großvater Friedrich Engel hatte zu Beginn des 20. Jahrhunderts maßgeblich zum Ruf und wirtschaftlichen Erfolg des Unternehmens H. J. Leven beigetragen, bevor er es in den 1920er und 30er Jahren nach und nach von seinem Gründer aufkaufte. H. J. Leven. Anschließend vermachte er es seiner Tochter Hildegard und ihrem Ehemann Emil Lindemann, den Eltern von Renate Lindemann.
Renate Lindemann trat 1967 nach Abschluss ihres Studiums an der Fachschule für Spielzeug in Sonneberg in das Familienunternehmen und damit in eine Dynastie ein. An dieser Stelle beginnt die Hauptgeschichte von „Renate Müller Spielzeug + Design Sonneberg”.
Denn obwohl Renate Müllers Name im Ausstellungstitel prominent vertreten ist, geht es bei „Renate Müller Spielzeug + Design Sonneberg” nicht nur um Renate Müller, sondern auch um die Menagerie aus Nilpferden, Enten, Elefanten, Schildkröten, Krokodilen und anderen Tieren, die sie über Jahrzehnte in Sonneberg großgezogen hat.
Diese Menagerie aus Flusspferden, Enten, Elefanten, Schildkröten, Krokodilen und anderen Tieren begrüßt Sie im ersten Stock des Wasserschlosses Klaffenbach und begleitet Sie bis in den zweiten Stock.
Diese Menagerie lässt sich schnell erklären: Holzwolle, Rupfen, Leder. (Gelegentlich ein bisschen Holz.) Eine Erklärung, eine Beschreibung, die den einzelnen Charakteren jedoch nicht gerecht wird. Auch nicht ihrer Relevanz und Bedeutung.
Eine Menagerie aus Nilpferden, Enten, Elefanten, Schildkröten, Krokodilen und anderen Tieren, deren Aufstieg und Entwicklung ebenso Teil von Renate Müller Spielzeug + Design Sonneberg ist, wie die persönliche Vorstellung, die Renate Müller Spielzeug + Design Sonneberg ermöglicht.
Und eine Menagerie, die ihren Ursprung in der Fachschule für Spielzeug in Sonneberg hat.
Insbesondere in der Klasse von Helene Häusler, einer 1904 in Metz, das damals zum Deutschen Reich gehörte und heute zu Frankreich zählt, geborenen Kreativen. Nach einer Ausbildungszeit in Kassel, Hamburg und München bekleidete sie in den 1920er und 30er Jahren verschiedene Funktionen in der Sonneberger Spielzeugindustrie, bevor sie 1934 nach München zog, um ihre Karriere fortzusetzen. In München blieb sie bis zu ihrer Rückkehr nach Sonneberg im Jahr 1954 – einem nicht uninteressanten Jahr, um von Bayern nach Thüringen zu ziehen.
Helene Haeusler hatte nicht nur einen sehr theoretischen Ansatz in Bezug auf Spielzeug und Spielzeugdesign, sondern auch eine distanziert-akademische und beobachtende Beziehung zu Spielzeug. Sie hatte auch ein sehr ausgeprägtes Verständnis für die Natur der Beziehungen zwischen Spielzeug und Kindern, für Spielzeug als Methode, sich der Welt um uns herum zu nähern, als Mittel zur Entwicklung von Methoden, um mit all dem in Beziehung zu treten und zu interagieren, was man als Kind nicht verstehen kann, für das Spielen als mehr als nur Spielen, und die auch Spielzeug als mehr als die Summe seiner Teile verstand, als etwas mit einer Tiefe, die über das Oberflächliche hinausgeht. Oder mit einer Tiefe, die über das Oberflächliche hinausgeht, wenn es richtig entworfen und umgesetzt ist.
Letzteres stand zweifellos in engem Zusammenhang mit ihren Überlegungen zu den einfachen, volkstümlichen, handgefertigten Spielzeugen, die auf den Jahrmärkten von einst zu finden waren. Haeusler schrieb über diese Objekte: „Sie besitzen einen bestimmten geistigen Irrgang”3 und „besaßen auch jene wohl einkalkulierte Imponderabilität”, einer unserer Lieblingssätze überhaupt. Haeusler meinte damit, dass es sich um Objekte handelte, die „sich nicht sofort, sondern im Spiel offenbaren"4, und „in den Händen der Kinder lebendig” wurden".5 Es ist die Position, dass ein Spielzeug erst dann ein Spielzeug ist, wenn ein Kind es physisch und mental in Besitz nimmt. Eine nicht irrelevante Position hinsichtlich der Notwendigkeit, dem Nutzer Raum zu lassen, um das Objekt im Kontext des zeitgenössischen Designs von Gütern für Kinder und Erwachsene zu vervollständigen. Und dies gilt auch im Kontext von Architektur und Stadtplanung sowie im Design für Gemeinschaften.
Helene Haeusler stellte ihren Schülern an der Fachschule für Spielzeug in Sonneberg Anfang der 1960er Jahre Rupfen-Zuckersäcke vor und gab ihnen die Aufgabe, aus diesem ihnen nicht nur unbekannten, sondern auch in der Verarbeitung ungewohnten Material Spielzeug herzustellen. Zu den Ergebnissen gehörten eine Reihe von Rupfentieren – einen populären Namen, den wir sehr gut finden. Die Einfachheit in Material und Herstellung der Rupfentiere erinnert an die einfachen Jahrmarktspielzeuge, die Haeusler so beeinflusst und geprägt haben. An der Fachschule für Spielzeug gab es auch frühe Experimente mit der Züchtung von Rupfentieren, von denen die Familie Lindemann die Rechte zur Herstellung von drei Ausführungen erworben hat: ein Nashorn von Gudrun Metzel, eine Ente von Elfriede Fritsche und ein Würfel von Helene Haeusler. Letzteres ist technisch gesehen kein Tier. Aber dennoch sehr wohl ein Tier.
Ein Trio von Sonneberger Rupfentieren von H. J. Leven wurde 1967 auf der Herbstmesse in Leipzig offiziell vorgestellt. Renate Lindemann, nach 1968 Renate Müller, ergänzte diese noch junge Menagerie schnell um eine Schildkröte, einen Elefanten oder ein Nilpferd, bevor H. J. Leven 1972 zwangsweise verstaatlicht wurde – was im Kontext der DDR der späten 1960er/frühen 1970er Jahre fast unvermeidlich war.
Renate Müller konnte sich 1976 mit ihrer Aufnahme in den Verband Bildender Künstler der DDR und damit dem Recht, als selbstständige, freiberufliche Kreative zu arbeiten, von der staatlichen Zwangskontrolle befreien. Ein Recht, das sie nutzte, indem sie in Sonneberg eine eigene Werkstatt gründete – unabhängig von dem, was aus dem Familienunternehmen in den unbeständigen Händen der DDR-Behörden geworden war.
Ein unabhängiges Atelier bedeutete zwar, dass sie die Kontrolle über die Familienmenagerie verlor – eine Gruppe, die Müller nach der Zwangsverstaatlichung unter anderem um einen Wal und ein Krokodil erweitert hatte –, aber auch, dass sie weiterhin Rupfentiere verschiedener Gattungen pflegte, darunter das, was in „Renate Müller Spielzeug + Design Sonneberg” als „Langes Pferd” bezeichnet wird. Wie der Name schon sagt, ist es ein sehr langes Pferd. Außerdem entwickelte sie die Positionen und Ideen, die den Rupfentieren innewohnen, in Objekten weiter, die keine Tiere sind, aber, ähnlich wie Helene Häuslers Würfel, sehr wohl Tiere sind. Ein Beispiel ist ein modulares, multifunktionales Spielzeugsystem aus dem Jahr 1982. Es ist eine Sammlung geometrischer Formen in einem Spektrum von Farben und klingt wie ein Projekt des Bauhauses oder von Verner Panton. Aber es ist auch ein Rupfentier.
Es ist eine unabhängige Werkstatt in Sonneberg, die es Renate Müller ermöglichte, ihre kreativen Bereiche weiter auszubauen und zu entwickeln. Sie bot ihr eine Befreiung von den Zwängen der formalisierten DDR-Wirtschaft und ermöglichte es ihr, ihren Beitrag zur Entwicklung des Designs in der DDR und zur Entwicklung der DDR durch Design auszuweiten. Und zur Entwicklung von Renate Müller. Ein Beitrag und eine berufliche Entwicklung, die, wie „Renate Müller Spielzeug + Design Sonneberg” anschaulich darlegt, eng mit der Realisierung von Innenarchitekturprojekten für öffentliche/bürgerliche Räume im Zusammenhang mit Kindern sowie mit der Gestaltung öffentlicher Spielplätze verbunden war.
Letzteres wird unter anderem durch einen Plan aus der Mitte der 1980er Jahre für einen Spielplatz in der damaligen Julian-Marchlewski-Straße in der damaligen Karl-Marx-Stadt veranschaulicht. Ersteres wird besonders anschaulich durch die Pläne und Objekte aus Müllers Entwurf von 1985/86 für ein kombiniertes Sitz- und Spielsystem für das Pionierhaus Bruno Kühn in Oberhof veranschaulicht. Das Pionierhaus war eines von unzähligen staatlich geförderten und kontrollierten Kinderferienlagern in der DDR. Dieses kombinierte Sitz- und Spielsystem ist trotz seiner Standortspezifität universell einsetzbar und sein Konzept ist heute zweifellos genauso gültig wie damals.
Dies führte zu einer Erweiterung und Weiterentwicklung, durch die Renate Müller an ihrer Alma Mater, der heutigen Ingenieurschule für Maschinenbau und Spielzeugformgestaltung, zu lehren begann. Sie war Mitbegründerin und Leiterin der sogenannten Kindumwelt-Gruppe innerhalb der VBK. Über diese Gruppe finden sich nur schwer verifizierbare Informationen, sie war jedoch offenbar national und international sowohl als Plattform für Diskussionen über die Anforderungen an die Entwicklung kindgerechter Umgebungen als auch als aktive Entwicklerin von Umgebungen für Kinder und zur Unterstützung von Kindern tätig.
Dann kamen die Jahre 1989, 1990 und 1991. Mit ihnen kehrten nicht nur H. J. Leven zu seinen rechtmäßigen Eigentümern zurück, sondern auch die gesamte Menagerie aus Nilpferden, Enten, Elefanten, Schildkröten, Krokodilen und anderen Tieren in die Obhut und Pflege von Renate Müller.
Seitdem hat Renate Müller, wie sie nicht zuletzt durch die Vorstellung von Projekten in München, Jena oder Sonneberg verdeutlicht, die Aspekte, die sie im Rahmen ihrer unabhängigen Werkstatt in der DDR begonnen hatte, weiterentwickelt. Und sie hat auch ihre Menagerie weiterentwickelt und gepflegt – sowohl die tierischen als auch die nicht-tierischen Tiere.
Die Ausstellung ist weder streng chronologisch noch thematisch, sondern vermischt beide Erzählmöglichkeiten frei zu einem kohärenten, leicht verständlichen Ganzen. „Renate Müller Spielzeug + Design Sonneberg” nutzt den Ausstellungsraum im Wasserschloss Klaffenbach auf ansprechende Weise, indem sie die freiliegende Holzkonstruktion des Obergeschosses als natürliche Erweiterung des Raumes einbezieht. Es handelt sich um ein Ausstellungsdesign, das den verfügbaren Raum in seiner dreidimensionalen Gesamtheit nutzt, statt ihn als erweiterten zweidimensionalen Raum zu verwenden, wie es bei den meisten Ausstellungen der Fall ist. Es nutzt den verfügbaren Raum so, wie es jedes Kind tun würde, wenn es sich selbst überlassen wäre. Ohne dass ein Erwachsener „Nein!” sagt.
Die Präsentation zeigt nicht nur die Rupfentiere, sondern umfasst auch Exponate zu den oben genannten Spielbereichen im Innen- und Außenbereich sowie Teppichdesigns von Renate Müller, darunter „Vögel” aus dem Jahr 2016. Für dieses Werk erscheint das Wort „Freude” schmerzlich unzureichend, ebenso wie „Universe I”. In diesem Werk wird die lange Tradition der klassischen Farbtheorie aktiv reflektiert und hinterfragt. Es stammt ebenfalls aus dem Jahr 2016 und sendet nicht nur die besten Grüße aus dem Bauhaus Weimar, sondern auch von Pythagoras, Goethe, Ostwald, Panton und vielen anderen aus allen Jahrhunderten. Ein weiteres Werk ist ein modulares Konstruktionssystem für Möbel, Utensilien und Kinderspielgeräte im öffentlichen Raum aus der Mitte der 1980er Jahre. Wie man sofort erkennt, ist es im Wesentlichen ein modularer Spielzeugbaukasten im städtischen Maßstab. Das bedeutet, dass es nicht nur als Vorschlag für modulare Außenmöbel betrachtet werden kann, sondern auch im Zusammenhang mit den Beziehungen zwischen der Welt der Kinder und der Welt der Erwachsenen gesehen werden muss.
Oder eine idealisierte Darstellung von Renate Müller bei der Arbeit als praktizierende Handwerkerin, durch die Nachbildung von Aspekten ihrer Werkstatt in Sonneberg, komplett mit Werkzeugen, Materialien, Möbeln und Rupfentieren, die verschiedener Behandlungen bedürfen – eine Erinnerung daran, dass Renate Müllers Rupfentiere von ihr selbst in Sonneberg von Hand hergestellt werden. Der vollständige Titel der Ausstellung lautet daher: „Renate Müller: Spielzeug + Design + Craft, Sonneberg”.
Die Präsentation gibt einen Einblick in die internationale Rezeption von Renate Müller seit 1989: Die oben genannten Teppiche wurden beispielsweise ursprünglich von der New Yorker Galerie R & Company im Rahmen der Biennale von Venedig 2017 präsentiert und auch von R & Company im Rahmen der Design Miami in Basel vorgestellt. Das kombinierte Sitz- und Spielsystem für das Pionierhaus Bruno Kühn war Teil der Ausstellung „Century of the Child” im Museum of Modern Art (MoMA) in New York im Jahr 2012. Neben anderen internationalen Präsentationen ihrer Arbeit in internationalen Kontexten tragen diese dazu bei, die internationale Relevanz dessen zu unterstreichen, was Renate Müller in Sonneberg entwickelt hat.
Die Präsentation ermöglicht auch alternative Perspektiven auf die Kreativwirtschaft in der DDR, nicht zuletzt durch den indirekten Zugang zu den Folgen der erzwungenen Verstaatlichung eines Familienunternehmens, eines Familienhandwerksbetriebs, der ebenso Teil der Familie ist wie die menschlichen Mitglieder. Ein etwas direkterer Zugang zu den Folgen wäre wünschenswert, auch wenn dies leider immer mit einem öffentlichen Eingriff in private, persönliche Gefühle und Schicksale verbunden ist.
Es ist aber auch eine Präsentation, die sehr stark die Rupfentiere ist.
Die Kreaturen sind schnell erklärt, aber sie sind so viel mehr als diese kurze Beschreibung, so viel mehr als Holzwolle, Rupfen und Leder.
Kreaturen, die nicht nur Tiere sind, nicht nur Stofftiere in der langen Tradition Sonnebergs. Allein durch ihre Mischung aus Sackleinen und Holzwolle unterscheiden sie sich physisch stark von den Stofftieren aus Sonneberg. Aber auch konzeptionell unterscheiden sie sich von dem, was ein Stofftier üblicherweise ist – obwohl sie sehr wohl Objekte zum Umarmen sind.
Oder, genauer gesagt, Individuen zum Umarmen. Wie man bei „Renate Müller Spielzeug + Design Sonneberg” schnell lernt, sind sie alle Individuen, alle lebendige Charaktere, die aktiv mit einem kommunizieren, auf einen zukommen und einen in Gespräche verwickeln. Dabei sind sie niemals aufdringlich, sondern immer respektvoll gegenüber dem, was man will, was man braucht und wer man ist.
Sie sind auch nicht nur Spielzeuge, sondern vielmehr therapeutische Spielzeuge, Werkzeuge für medizinische und pflegerische Kontexte im Zusammenhang mit Kindern, Charaktere für Situationen, die Fachleute aller Art mit Qualitäten und Fähigkeiten erfordern, die über technische und wissenschaftliche Kompetenz hinausgehen. Sie erfordern Fachleute, die niemals aufdringlich sind, sondern immer respektvoll mit dem umgehen, was man will, was man braucht und wer man ist.
Und sie sind auch Möbel. Sie sind Objekte, auf denen man sitzen, liegen oder stehen kann, um einen physischen und emotionalen Ort des Komforts zu finden – sei es in einem vertrauten Raum zu Hause oder in einem Raum in einer Einrichtung, in der man sich wahrscheinlich lieber nicht aufhalten würde. So bieten sie in diesem Kontext einen physischen und emotionalen Ort, an dem sich ein Kind in einer stressigen Situation wohlfühlen kann. Aus diesem Grund besuchen echte Tiere oft Kinderstationen.
Therapeutisches Spielzeug, therapeutische Hilfsmittel, die in erster Linie auch Spielzeug sind – das war der Grund für ihre Entstehung in Helene Häuslers Klasse Anfang der 1960er Jahre an der Fachschule für Spielzeug in Sonneberg. Genau so hat die Familie Lindemann sie Ende der 1960er und Anfang der 1970er Jahre der Öffentlichkeit vorgestellt und weiterentwickelt.
Renate Müller hat therapeutisches Spielzeug und therapeutische Hilfsmittel, die in erster Linie auch Spielzeug sind, über Jahrzehnte hinweg entwickelt, sowohl als Tier- als auch als Nicht-Tier-Tiere. Renate Müller Spielzeug + Design Sonneberg zeigt, wie Müller die Grundlagen dieser ersten Rupfentiere – die Überlegungen und Diskussionen aus Helene Haeuslers Kurs an der Fachschule für Spielzeug – aufgriff und über Jahrzehnte hinweg weiterentwickelte.
Dieses Spielzeug kann uns nicht nur viel über interaktives Design lehren, sondern auch über die Schaffung intuitiver, kommunikativer und offener Objekte, deren Wesen sich durch den Gebrauch ergibt. Darüber hinaus können wir viel über das Design für Serien und das Entwerfen von Rahmenbedingungen und Strukturen lernen, die die Weiterentwicklung und Bewegung von Prinzipien in neue Richtungen ermöglichen und fördern, anstatt mit jedem Projekt das Rad neu zu erfinden. Ein Prinzip, das sich auch in den Arbeiten von Charles und Ray Eames, Michael Thonet oder den zahlreichen Shaker-Gemeinschaften wiederfindet.
Ein Beitrag von Renate Müller zur Designdiskussion und zur Entwicklung des Designs, der zwar im Kontext von „Renate Müller Spielzeug + Design Sonneberg” gelesen und diskutiert werden kann, aber wie oben erwähnt seit 1989 international anerkannt ist, in der DDR jedoch nicht immer Anerkennung fand. Das wichtigste Designmagazin der DDR, Form+Zweck, ignorierte Renate Müller weitgehend.
Warum?
Wir wissen es nicht.
Und „Renate Müller Spielzeug + Design Sonneberg” gibt leider keine Antworten. Das könnte jedoch mit Müllers Unabhängigkeit durch ihre Mitgliedschaft in der VBK zusammenhängen. Oder auch nicht. Die Frage ist nach wie vor offen. Zumindest für uns. Andere werden es wie immer wissen.
In vielerlei Hinsicht ist es jedoch wichtiger, dass die Werke, Projekte, Positionen und Beiträge von Renate Müller heute für uns alle da sind, um sie zu würdigen, uns mit ihnen auseinanderzusetzen und sie kritisch zu bewerten. Renate Müller kann, sollte und muss zu unseren zeitgenössischen und zukünftigen Designdiskursen beitragen, wie sie selbst zu mahnen pflegt.
Das führt zu einer weiteren Frage, die „Renate Müller Spielzeug + Design Sonneberg” nicht anspricht: Eine Rückschau auf die Ergebnisse der letzten 60 Jahre ist gut und schön, unterhaltsam und lehrreich. Aber wie sieht die Zukunft aus?
Nicht unbedingt die Zukunft einer handwerklichen Praxis, in der der wichtigste Handwerker, wie wir alle, nicht jünger wird. Diese Frage ist zwar nicht einfach zu beantworten, aber sicherlich berechtigt.
„Renate Müller Spielzeug + Design Sonneberg” neigt vielmehr dazu, zu argumentieren, dass Müllers tierische und nicht-tierische Rupfentiere, seine Ansätze und Positionen eine Zukunft haben – oder besser gesagt, dass sie heute so zeitgemäß sind wie eh und je.
Aber wird das immer so bleiben?
Einerseits kann keine KI, kein Algorithmus und keine Technologie Renate Müllers Rupfentiere jemals ersetzen. Andererseits gilt dies nur, solange die menschliche Gesellschaft auf „menschlichen Emotionen” basiert, auf der Vorrangstellung des Herzens, der Liebe und des Verständnisses.
Wenn dies nicht mehr der Fall ist, wer braucht dann eine Menagerie aus Nilpferden, Enten, Elefanten, Schildkröten, Krokodilen und anderen Tieren?
Die Frage, wie sich die Geschichte ab dem Jahr 2025, dem Jahr, in dem ”Renate Müller Spielzeug + Design Sonneberg” endet, weiterentwickelt, ist also auch eine Frage danach, wie wir uns die Entwicklung der Gesellschaft wünschen.Werden die Menagerie aus Nilpferden, Enten, Elefanten, Schildkröten, Krokodilen und anderen Tieren zu teuren Sammlerstücken und Objekten für Museumsvitrinen? Werden sie zu Objekten aus der Vergangenheit ohne zeitgenössische Stimme? Oder wollen wir sie als aktive, lebendige Begleiter? Wollen wir das, was sie repräsentieren, das, was sie verkörpern, das, was sie bieten?Renate Müllers Menagerie und Raumgestaltung für Kinder hängen in hohem Maße von der Neugier und Wissbegierde der Kinder ab. Es kommt darauf an, dass diese Neugier und Wissbegierde Raum und Gelegenheit bekommen, sich so zu entfalten, wie es den Kindern richtig erscheint und in einem Maße, das ihnen angenehm ist. Betrachtet man Renate Müllers Spielzeug + Design Sonneberg, beginnt man dies zu schätzen. Es liegt in der Natur der KI, dass sie die menschliche Vorstellungskraft, Intelligenz, Neugier und Wissbegierde ersetzt. Sie erledigt Dinge, die Sie bisher dank Ihrer Neugier und Wissbegierde erreicht haben. Sie bringt Sie an Orte und eröffnet Ihnen Ausblicke, von denen Sie nicht wussten, dass es sie gibt. Orte und Ausblicke, die die KI nicht sehen kann. Sie macht aktive, forschende Intelligenz statisch und passiv. Sie lässt die Vorstellungskraft erstarren. Mit KI gibt es keine „Unwägbarkeit”, keinen Raum für „Unwägbarkeit”. „Unwägbarkeit” wird in der KI-Gesellschaft missbilligt. Auch wenn es zweifellos viele gute Argumente für bestimmte Anwendungen der KI gibt, müssen wir KI nicht in allen Bereichen vollständig akzeptieren. Die Geschichte zeigt jedoch, dass wir dies wahrscheinlich dennoch tun werden. Und zwar ausnahmslos unüberlegt und passiv. Und dann? Wie soll die Rolle des Spiels als Mittel, um Kinder zu befähigen, Methoden zu entwickeln, um mit allem, was sie nicht verstehen können, in Beziehung zu treten und zu interagieren, in den kommenden Jahrzehnten mit immer mehr KI und autonomer Technologie gestaltet werden? Wie sollen taktile, motorische, kognitive und emotionale Fähigkeiten gleichzeitig entwickelt werden, wenn KI und autonome Technologien immer mehr an Bedeutung gewinnen? Wie können Kinder mit taktilen, motorischen, kognitiven, emotionalen, entwicklungsbezogenen und anderen Störungen in den kommenden Jahrzehnten, in denen KI und autonome Technologien immer mehr an Bedeutung gewinnen, unterstützt, gefördert und gestärkt werden? Wie sollen reaktionsfähige, einladende, anregende und unterstützende Innen- und Außenräume für Kinder gestaltet werden, wenn KI und autonome Technologien immer mehr an Bedeutung gewinnen? Wie wird die Kindheit in den kommenden Jahrzehnten mit immer mehr KI und autonomer Technologie aussehen? Renate Müllers Menagerie aus Nilpferden, Enten, Elefanten, Schildkröten, Krokodilen und anderen Tieren hat keine Antworten darauf. Aber Antworten sind auch nicht ihre Daseinsberechtigung. Es geht vielmehr darum, Raum für die Entwicklung von Fragestellungen zu schaffen. Auch Renate Müllers Spielzeug + Design Sonneberg hat keine Antworten. Das Unternehmen versucht nicht, Antworten zu geben, sondern ermöglicht es, die dringende Notwendigkeit zu erkennen, sich Antworten zu nähern. Es bietet einen anregenden Raum, um die Fragen, die wir stellen müssen, um möglichen Antworten näherzukommen, besser zu formulieren. Gleichzeitig gewährt es unterhaltsame und lehrreiche Einblicke in Design, Spielzeug, Spielzeugdesign und das Entwerfen für Kinder. Und über die anhaltende Relevanz und Bedeutung von Renate Müller in diesen Bereichen. Vor allem bietet es aber eine leicht anzunehmende Einladung, eine schöne Zeit mit einer Vielzahl von Figuren zu verbringen, von denen man nie genug bekommen kann. Was wohl die wahre Definition von „zeitlos” ist? Ein Bestandteil der „menschlichen Emotionen”.
„Renate Müller Spielzeug + Design Sonneberg” ist noch bis Sonntag, den 19. Oktober, im Wasserschloss Klaffenbach, Wasserschloßweg 6, 09123 Chemnitz, zu sehen.
Weitere Informationen finden Sie unter www.c3-chemnitz.de (nur auf Deutsch). Eine Reihe von kurzen Videointerviews mit Renate Müller finden Sie unter www.stiftung-industrie-alltagskultur.de/renate-mueller (nur auf Deutsch bzw. Thüringisch).
1Nicht referenziertes Zitat in Renate Müller Spielzeug + Design Sonneberg
2siehe "Spielzeuggestalterin - Beruf und Berufung", video Interview mit Renate Müller, zu sehen bei www.stiftung-industrie-alltagskultur.de/renate-mueller
3Aphorismen zum Spielzeug von Helene Haeusler, aufgeschrieben von Hein Köster, Form+Zweck, Nr. 3, 1975, Seite 34/35
4ibid, Seite 35
5Helene Haeusle, Form+Zweck, Nr. 2, 1972, page 41