DMY Berlin 2012: Designing Design Education

Lucas Verweij

Lucas Verweij

Am 8. Juni findet im Rahmen des DMY ein eintägiges Symposium mit Workshop statt, welches die Designausbildung näher unter die Lupe nehmen soll.

Wie treue Leser wissen, kommen wir oft auf das Thema Designausbildung zu sprechen – sei es, wenn es um die Vermittlung von betriebswirtschaftlichen Grundlagen innerhalb der Ausbildung an Designschulen geht, oder wir die Masse der Designstudenten in Frage stellen oder nach Vernetzungsmöglichkeiten von Designschulen mit den örtlichen Gemeinden suchen. Es versteht sich deshalb von selbst, dass wir diese DMY-Veranstaltung unterstützen und als passende Ergänzung zum Designing Business-Symposium sehen. Wenn Design eine neue Art ist Geschäfte zu machen, was bedeutet das dann für die neue Generation von Designern? Und natürlich für die Schulen, die sie auf ihre neue Rolle vorbereiten sollen?

Um etwas mehr darüber zu erfahren, haben wir uns mit dem Projektinitator Lucas Verweij getroffen und zunächst gefragt, wie das Projekt entstanden ist:

Lucas Verweij: DMY Berlin arbeitet schon sehr lange mit Hochschulen zusammen, deshalb gibt es eine Bindung zu denjenigen, die regelmäßig auf dem DMY Festival ausstellen. Vor einigen Jahren schlug die DMY-Jury vor, diese Verbindungen zu festigen und dem Thema Ausbildung etwas mehr Aufmerksamkeit zu widmen, also im Prinzip mehr für ein Thema zu tun, das, wenn auch nicht immer sichtbar, stets präsent ist. Also hatten wir beim DMY 2011 eine Art Vorab-Expertenmeeting, bei dem alle ausstellenden Schulen involviert waren. Das zeigte, dass es sehr viel Energie und Enthusiasmus gibt, die Dinge voranzutreiben und ich wurde gebeten, für 2012 eine etwas formalere Struktur zu entwickeln.

Die Designausbildung ist ein boomendes Geschäft. In Westeuropa tauchen jeden Tag neue Master-Abschlüsse auf, während die Zahl der Bachelor-Abschlüsse in Indien, China und Osteuropa ebenfalls explodiert. Das heißt es gibt zurzeit eine weltweite Explosion der Zahl der Designabsolventen und ich glaube nicht, dass es sich dabei nur um eine temporäre Explosion handelt, sondern ein Anzeichen dafür, dass die Zahlen weiterhin steigen und steigen werden. Vielleicht studiert ja in 20 Jahren jeder Design! Und es steigt nicht nur die Zahl der Kurse, sondern viele Fächer werden beispielsweise mit Kommunikationsstudien, Marketing oder technischen Fächern verknüpft. Sie alle haben Designabteilungen oder zumindest Designkurse ins Leben gerufen, natürlich auf Gebieten, die für das Hauptfach relevant sind.

(smow)blog: Was ist denn deiner Meinung nach die treibende Kraft hinter dieser Explosion?

Lucas Verweij: Ich denke, dass Design sich immer weiter ausdehnt. Begriffe wie „Social Design“, „Open Design“ oder „Design Thinking“ gab es vor fünf oder zehn Jahren noch gar nicht; es sind noch ganz junge Gebiete. Die Gesellschaft entwickelt sich ja stetig und das tolle am Design ist, dass es sich mit der Gesellschaft verändert. Beispielsweise sind Grafikdesigner mit dem Rückgang des Drucks einfach auf digitales Design umgestiegen; es war schon fast ein natürlicher, automatischer Prozess. Bei Designern geht das relativ schnell. Architekten beispielsweise sind dagegen sehr statisch und können sich nicht so gut an Veränderungen anpassen.

Außerdem ist Design sehr beliebt geworden. Wenn man sich vor fünfundzwanzig Jahren als Industriedesigner vorstellte, fragten die Leute bloß: „Ok, aber was genau machst du?“. Das hat sich mittlerweile geändert und auch wenn man meinen könnte, dass es seine Anziehung verloren haben könnte, hat es das nicht. Stattdessen fangen die Leute an, Dinge als Design zu bezeichnen, die nie als Design gedacht waren. Zum Beispiel werden viele Bereiche des Ingenieurwesens nun „Design“ genannt.

Design verändert sich also ebenso wie die Gesellschaft. Und dank der großen Popularität möchten immer mehr Leute Design studieren. Die Ausbildung wurde zu einem Geschäft, weshalb die meisten Hochschulen so viele Studenten aufnehmen, wie sie unterkriegen können.

(smow)blog: Das wirft natürlich die Frage auf, ob das nicht ein wenig kontrolliert werden sollte. Besteht nicht die Gefahr, dass wir den jungen Leuten unerreichbare Träume verkaufen und dass es nach ihrem Abschluss viel zu wenige Jobs für alle gibt?

Lucas Verweij: Ich denke nicht, dass es zwangsläufig weniger Jobs gibt. Ich glaube eher, dass Design immer mehr zu einer Einstellung wird. Es entfernt sich immer mehr vom Handwerk und wird zu einer Art Mentalität. Und so werden wir wie gesagt in 20 Jahren vielleicht alle Designer sein, da ein großer Teil der Gesellschaft neue Denkweisen annehmen wird. Später wird dann erst die Frage aufkommen, in welchem Handwerk bzw. auf welchem Gebiet man aktiv sein will. Ich kenne zum Beispiel Designer, die Restaurants leiten oder Unternehmensberater sind und die ihre Designausbildung und ihr Designdenken in neuen Bereichen anwenden.

(smow)blog: Ist es in diesem Sinne eine gute Idee, einen Design-Bachelor zu machen? Wäre es nicht vielleicht besser zum Beispiel Architektur oder Kunst zu studieren und dann einen Master in Design zu machen?

Lucas Verweij: Ich glaube zwar an den Design-Bachelor, aber weniger an den Design-Master. Wenn wir akzeptieren, dass Design eine Mentalität ist, dann passt es mehr zum Bachelor – bevor die eigene Mentalität oder Denkweise verdorben wird.

Die Masterstudiengänge sind schon speziell. Bei der Design Academy Eindhoven beispielsweise waren die ersten fünf bis sechs Jahre des Masterprogramms eine Katastrophe. Jeder wusste, dass es weniger wert war als ein Bachelor. Jetzt ist das sehr viel besser und es wurde besser, weil die Schulen gelernt haben, dass sie sich ihre Studenten aussuchen können – oder besser müssen.

In einer funktionierenden Designschule muss man um seinen Platz kämpfen, und das nicht nur am Anfang. Ich finde es auch förderlich, wenn Studenten mal durch Module fallen oder ganz und gar den Abschluss nicht schaffen. Das ist eine wesentliche Eigenschaft für eine Hochschule. Aber bei den meisten Masterstudiengängen ist es leider so, dass man aufgenommen wird, weil man bezahlt hat und damit quasi auch schon den Abschluss sicher hat.

(smow)blog: Wenn wir mit jungen Designern sprechen, hören wir oft, dass sie sich eine intensivere unternehmerische Ausbildung wünschen. Siehst du darin auch ein Problem? Gibt es in Designschulen wirklich zu wenig davon?

Lucas Verweij: Ich habe das auch schon gehört…. Ja, Wirtschaft sollte auf jeden Fall mehr unterrichtet werden. Ich mag zum Beispiel sehr was an der KAOSPilots School in Aahrus gemacht wird, wo alles halb Wirtschaft und halb Design ist. Es geht also viel unternehmerischer zu als auf einer Designschule und dort ist es so, dass man, wenn man einen Plan hat, noch sehen muss, wie man ihn in die Tat umsetzt und finanziert.

Wie gesagt, wenn Design immer mehr zu einer Mentalität wird, müssen wir nicht nur die freidenkerische Seite fördern, sondern auch die unternehmerische. Doch dann habe ich mich wieder daran erinnert, dass es zu meiner Studienzeit durchaus Wirtschaftskurse gab, aber die waren nicht relevant für uns und das, was wir getan haben. Also haben wir dem Ganzen wenig Aufmerksamkeit geschenkt. Das ist auch heute noch so. Niemand studiert Design, um Unternehmer zu werden. Und dann stellt man auf einmal fest, dass man eben doch einer ist. Von daher glaube ich, dass mehr wirtschaftliche Ausbildung auf jeden Fall wichtig ist.

(smow)blog: Dies ist ja das erste Symposium zu Designing Design Education. Wie sieht denn die Zukunft aus? Plant ihr, so was regelmäßig zu veranstalten?

Lucas Verweij: Normalerweise mache ich keine Langzeitpläne, aber dieses Mal schon! Von Anfang an stand schon die Idee, das Symposium zu einem jährlichen Event zu machen. Ich bin mir allerdings noch nicht ganz sicher, ob es in Berlin stattfinden soll oder nicht, das ist noch völlig offen. Das Konzept passt zwar in vielerlei Hinsicht sehr gut nach Berlin und die Stadt ist auch eine sehr interessante Location für ein solches Event, aber es kann trotzdem sein, dass wir das nächste Treffen irgendwo anders abhalten müssen oder wollen. Aber wir werden auf jeden Fall damit weitermachen, denn für so ein Thema reicht ein einziges Event nicht aus.

Designing Design Education findet am Frietag, den 8. Juni, im Rahmen des DMY Berlin 2012 statt. Eine vorherige Anmeldung ist erforderlich: education@dmy-berlin.com.

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