Vitra Design Museum: Louis Kahn – The Power of Architecture

Am Freitag, den 23. Februar, eröffnet im Vitra Design Museum die Frühjahr/Sommer Ausstellung für 2013, „Louis Kahn – The Power of Architecture“.

In Zusammenarbeit mit dem Niederländischen Architektur Institut entstanden, ist The Power of Architecture die erste große Louis Khan Retrospektive seit über zwei Jahrzehnten und verspricht die umfangreichste Studie überhaupt über diesen interessanten und faszinierenden Sohn der Moderne zu werden.

Viele werden trotzdem noch nie von ihm gehört haben…

Louis Kahn ca.1972

Louis Kahn, ca. 1972 (Foto © Robert C. Lautman Photography Collection, National Building Museum)

Louis Khan wurde 1901 in Estland geboren und wuchs in Philadelphia auf. Als Sohn eines armen jüdischen Einwanderers, sind Khans frühe Jahre wahrscheinlich am besten als „bescheiden“ zu beschreiben; aber er war ein talentierter und fleißiger Schüler und erhielt 1920 ein Stipendium für ein Kunststudium an der Universität von Philadelphia. Nach seinem Abschluss reiste er zwei Jahre durch Europa – eine Reise, die ihm sowohl die aufkommende Moderne als auch die Wunder der historischen Architekturtradition in Europa näher brachte. Bei seiner Rückkehr nach Amerika 1930 tat sich Khan schwer, Arbeit als Architekt zu finden und wendete sich der Lehre und der Forschung zu, zuerst an der Yale Universität und später an der Universität von Pennsylvania, bevor er 1951 sein erstes großes Projekt realisieren konnte – ein von den Kritikern gefeierter Anbau an der Kunstgalerie der Yale Universität. Es sollte ein weiteres Jahrzehnt vergehen, bevor er sein erstes Projekt außerhalb der USA verwirklichen konnte, das Indian Institute of Management in Ahmedabad, ein Auftrag, dem kurz darauf seine wohl wichtigste Arbeit folgte – das Parlamentsgebäude in Dhaka, Bangladesh. 1974 starb Louis Khan an einem Herzinfarkt in New York.

Obwohl Louis Khan in vielerlei Hinsicht als Opfer der Depression der 1930er Jahre in den USA betrachtet werden kann – zu der Zeit war er hauptsächlich arbeitslos oder bestenfalls unterbeschäftigt – sollte diese Zeit, die er lehrend und forschend verbrachte, die Grundlage für seinen späteren Ruhm bilden. Hier war es ihm schließlich möglich, seine Ideen zur sozialen Verantwortung von Architektur und der Beziehung zwischen Architektur und Umwelt zu entwickeln – sowohl im Hinblick auf die strukturellen Ähnlichkeiten als auch auf die Verbindung zwischen dem unbelebten Gebäude und der lebendigen Umwelt. Und vielleicht noch wichtiger, es gab Khan die Freiheit, beides in einem traditionellen Modernismus zu kombinieren, der nicht weniger verwirrt als erfreut: die äußerlich brutalistische Natur vieler von Kahns Bauwerken täuscht über einen klassischen Ansatz der Architektur hinweg, der daher oft erst auf dem zweiten oder dritten Blick deutlich wird. Sein Parlamentsgebäude von Dhaka zum Beispiel sieht aus, als würde es einen umhauen wollen. Erst wenn man näher herangeht, bemerkt man, dass es nichts Bedrohlicheres als eine Anordnung von Bögen und Säulen ist. Wie eine Art abstrakte gotisch-moderne Kathedrale.

Und tatsächlich ist Khans Portfolio voll mit Bauwerken und Formen, die vom Mittelalter, der Gotik und klassizistischen Bauten inspiriert sind. Louis Khan war vom Monumentalen fasziniert – sei es in Form von mittelalterlichen Städten, klassizistischen Brücken oder religiösen Gebäuden jeglicher Art – wann auch immer er Europa besuchte, kehrte er mit Zeichnungen und Aquarellen dieser Bauwerke oder einzelner Elemente davon zurück.

Und wenn sie zu ihm sprachen, dann nicht nur durch ihr architektonisches Erscheinen. 1944 schrieb Khan, „Kein Architekt kann eine Kathedrale einer anderen Epoche nachbauen, die die Freuden, Sehnsüchte, die Liebe und den Hass der Menschen verkörpert, deren Erbe sie wurde. Daher können die Bilder, die wir von monumentalen Bauwerken der Vergangenheit haben, nicht mit der gleichen Intensität und Bedeutung wiederaufleben. Der originalgetreue Nachbau ist unmöglich. Dennoch dürfen wir die Lehren, die uns die Gebäude der Vergangenheit erteilen, nicht vergessen, da sie eine übergreifende Bedeutungsqualität haben, auf welcher die Gebäude der Zukunft in gewisser Hinsicht aufbauen müssen.“1

Etwas, was uns diese Bauwerke lehren, ist, dass vertikal gestützte Bauten nicht aus festem Stein gebaut sein müssen, sie können innen auch hohl sein. Die Abgrenzung Louis Kahns von „dienenden“(served) und „bedienenden“(servant) Räumen sollte sich hin zu einer seiner wichtigsten Beiträge zur Architekturtheorie entwickeln. Für Louis Kahn sind dienende Räume die Räume in einem Gebäude, die aktiv genutzt werden und bedienende Räume die, die dem Zweck dienen – also im Wesentlichen Treppenhäuser, aber auch Klimaanlagen, Fahrstuhlschächte usw. Das mag auf der Hand liegen, aber bis man beginnt, aktiv zwischen den beiden Aspekten zu unterscheiden und ein Gebäude auf der Basis einer solchen aktiven Unterscheidung plant, kann man zum Beispiel nicht so ein modulares System wie Fritz Hallers Mini/MidiMaxi System entwickeln. Und vor Louis Khan hat niemand so eine Unterscheidung definiert.

National Assembly Building in Dhaka, Bangladesh, Louis Kahn 1962–83

Parlamentsgebäude in Dhaka, Bangladesh von Louis Kahn 1962–83 (Photo © Raymond Meier)

Louis Khans relativ später Eintritt in die hohen Ränge praktizierender Architekten und die relativ begrenzte Anzahl von Projekten, die er vollendet hat, bedeuten, dass während Khan in Architekturkreisen weitestgehend bekannt und respektiert ist, sein Name den meisten anderen Menschen nichts sagt. Louis Kahn – The Power of Architecture bietet eine wunderbare Gelegenheit, das zu ändern.

In zwei Teile unterteilt, beginnt die Ausstellung mit einer biografischen Einführung des Menschen Louis Khan und seiner Arbeit, bevor sechs Themenabschnitte seine Beziehung zu Philadelphia, seine wissenschaftliche Forschung und den Bereich natürlicher Bauten, die Rolle von Natur und Klassizismus in seiner Architektur und architektonisches Denken sowie die sozialen und kommunalen Aspekte seiner Bauwerke beleuchten.

Wir haben die Ausstellung noch nicht gesehen und können daher natürlich keinen Kommentar darüber abgeben, wie gut es die Ausstellung letztlich schafft, eine neue Perspektive auf Louis Khan, sein Werk und seinen Architekturzugang aufzuzeigen. Wir können jedoch sagen, dass die Ausstellung zuerst am Niederländischen Architektur Institut Rotterdam gezeigt wurde und dass wir nur Gutes darüber gehört haben. Wir erwarten, dass das Vitra Design Museum etwas an der Ausstellung gefeilt hat; wir erwarten aber auch darüber nur Gutes zu hören.

Louis Kahn – The Power of Architecture wird vom 23. Februar bis 11. August 2013 im Vitra Design Museum, Charles Eames Straße 2, in Weil am Rhein gezeigt.

In Ergänzung zur Ausstellung selbst veranstaltet das Vitra Design Museum ein Rahmenprogramm.

Weitere Informationen unter www.design-museum.de.

1 „L. I. Kahn „Monumentality“ in New Architecture and City Planning, ed. P Zucker (New York 1944)“, zitiert in Eugene J. Johnson, „A Drawing of the Cathedral of Albi by Louis I. Kahn“, Gesta Vol. 25, No. 1, 1986

Vitra Design Museum Louis Kahn The Power of Architecture Ponte Vecchio Florence Italy

Ein Aquarell von Louis Kahn von Ponte Vecchio, Florence. gemalt ca. 1930 (© Private Collection, photo: Paul Takeuchi 2012)

Vitra Design Museum Louis Kahn The Power of Architecture Jewish Community Center, Ewing Township

Das jüdische Gemeindezentrum, Ewing Township, New Jersey von Louis Kahn 1954–59 (© Louis I. Kahn Collection, University of Pennsylvania und die Pennsylvania Historical and Museum Commission, photo: John Ebstel)

Vitra Design Museum Louis Kahn The Power of Architecture Steven und Toby Korman House Fort Washington Pennsylvania

Steven and Toby Korman House, Fort Washington, Pennsylvania von Louis Kahn 1971–73 (© Barry Halkin)

Vitra Design Museum Louis Kahn The Power of Architecture National Assembly Building in Dhaka

Vitra Design Museum: Louis Kahn - The Power of Architecture. Parlamentsgebäude in Dhaka, Bangladesh

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