King Size: Art & Design fit for a King @ Ampelhaus, Oranienbaum

Eine der ältesten und am rigorosesten durchgesetzten weltweit gültigen Corporate Identities ist ohne Frage die Verwendung der Farbe Orange für die Niederlande.

Das „Orange“ im „House of Orange“ mag zufällig entstanden sein, aber die Niederländer haben seinen Wert erkannt und seit dem 16. Jahrhundert stellen sie nun schon sicher, dass alles, aber auch wirklich alles, was nur die kleinste Verbindung zum Land und/oder der königlichen Familie hat, mit dieser einen Farbe identifiziert wird.

Es geht sogar so weit, dass sie die Orte, an denen sie einmal etwas gebaut haben, umbenennen. Im Norden von Berlin z.B. Oranienburg – bis 1652, als das niederländische Königshaus dort baute, bekannt als Bötzow – oder Oranienbaum in Berlins Süden – bis 1683, als die Niederländer dort bauten, als Nischwitz bekannt. …und wo 2011 die niederländischen Kreativen Gemma van Bekkum, Niek Wagemans und Rolf Bruggink eine Kunst- und Designgalerie bauten. Oder besser gesagt, wo sie ein verlassenes Haus in die Kunst- und Designgalerie Ampelhaus verwandelten.

Die Eröffnungsausstellung im Ampelhaus „Use it Again“ fand im Sommer 2012 statt und umfasste Arbeiten von über 50, hauptsächlich niederländischen Künstlern und Designern, die Themen rundum Verwertung, Recycling und Upcycling behandelten.

Die Ausstellung von 2013 hat den Titel „King Size: Art & Design fit for a King“ und befasst sich mit ähnlichen Themen, aber mit royalem Bezug.

„Fit for a King“ wie: Was kann man aus königlichem Müll machen? „Fit for a King“ wie: von höchstem Standard. „Fit for a King“ wie: Willkommen „Koning Willem-Alexander der Nederlanden“.

Und Willem-Alexander selbst ist sogar anwesend. Wenn auch nur in Form eines riesigen Kunstwerks vom Rotterdamer Künstler Kuin Heuff. Kuin malt nicht einfach nur Portraits. Er malt sie und schneidet dann einzelne Teile daraus aus, um damit neue Arbeiten zu schaffen, die aus der Ferne betrachtet viel mehr Holzschnitten oder Ölgemälden ähneln als den Aquarellen, die sie eigentlich sind. Von nahem geben sie wegen der fehlenden Teile wiederum einen komplett anderen Eindruck des Themas wieder.

Koning Willem-Alexanders Familie wird währenddessen von Mischa van der Wekke geehrt. Und hier muss man wirklich von „geehrt“ sprechen.

Entstanden als Teil seines „Recreated Furniture“-Projekts werden die Tische „Queen Maxima“ und „Princess Amalia“ aus alten, dunklen, sehr alten Holztischen geformt, die individuell zersägt werden. Die alten, dunklen, sehr alten, hölzernen Stücke werden als Fläche im Inneren mit einer frischen, hellen, modernen äußeren Oberfläche kombiniert. Zwei Welten sind so in einem faszinierenden Spiel mit Tradition und Erbe vereint und geben vor allem dafür ein inspirierendes Beispiel ab, wie man überflüssigen Möbelstücken ein neues Leben, eine neue Identität verleihen kann. Schön!

Sägen und Mitglieder des Huis Oranje-Nassau spielen auch bei den Objekten vom Utrechter Studio Rolf.fr’s „Juliana and Rolf“ eine zentrale Rolle.

Rolf kaufte bei einer Auktion eine Garderobe, einen Beistelltisch und einen Schreibtisch der früheren Königin Juliana von den Niederlanden, der Großmutter des momentanen Königs. Nachdem er in diese Stücke von königlichem Wert investiert hatte, zersägte er sie. Nicht so sympathisch wie bei den Werken von Mischa van der Wekke, aber brutal.

Die zerstückelten Möbel ergänzte Rolf um individuelle Elemente mit neuen, modernen Materialien und entwarf eine Serie von Objekten, die nicht so sehr wie Mischas Arbeiten die Tradition mit der Moderne vereinen, sondern vielmehr das Historische als Grundlage für das Moderne nehmen und so unterstreichen, dass Geschichte nicht in ihren ursprünglichen Formen erhalten werden muss, um relevant zu bleiben.

Daneben waren wir sehr von den Arbeiten von Niek Wagemans, der eine Serie von Schränken aus alten Türen und Fenstern geschaffen hat, und von Lizan Freijsens Teppichen mit ihrer faszinierenden pilzigen Optik, die uns daran erinnert, dass alles, sogar Monarchisches, verrottet, wenn es keine Aufmerksamkeit erfährt, beeindruckt, während Frank Halmans‘ „Burnt Cuckoo Clocks“ einfach so herrlich makaber sind.

Wegen von den lokalen Behörden verhängten Vorschriften, kann der erste Stock vom Ampelhaus derzeit nicht betreten werden. Zumindest nicht von der Öffentlichkeit… Die Lösung der Kuratoren: zwei Löcher in die Dielen schneiden, erhobene Sitze unter die Löcher stellen und die Objekte im ersten Stock aus der Ameisenperspektive anschauen lassen. Eine wunderbar einfache, aber effektive und inspirierende Idee.

An dieser Stelle haben wir oft über und mit zeitgenössischen niederländischen Designern gesprochen und haben uns lange über den scheinbar endlos tiefen niederländischen Talentpool gewundert. Die Spannweite von Projekten, Ansätzen und Positionen, die von den ca. 34 Designern und Künstlern in Oranienbaum gezeigt werden, unterstreicht noch ein weiteres Mal, wie wichtig die Niederlande für die europäische Kreativlandschaft sind. Und das mit einer Sammlung von Objekten, die zeigt, wie viele Möglichkeiten es gibt, um bestehende Ressourcen zu nutzen und so neue Ressourcen für spätere Generationen zu schützen. Seien es zukünftige Generationen des Königshauses oder des Volkes…

„King Size: Art & Design fit for a King“ ist bis zum 17. August 2013 im Ampelhaus, Brauerstraße 33, 06785 Oranienbaum zu sehen.

Und wenn ihr Angst habt, die Galerie nicht zu finden, keine Sorge – ihr werdet. Sie ist leuchtend orange…

Tagged with: ,