Die Burg verbindet: Burg Giebichenstein Sommerausstellung 2014

Einen Tag nachdem wir Hella Jongerius beim Rundgang der Kunsthochschule Weißensee Berlin 2014 über den Weg gelaufen sind, und 2 Tage nachdem wir mit Axel Kufus im Flur der UdK Berlin beim  Rundgang 2014 standen, fuhr Stephan Schulz mit dem Fahrrad an uns vorbei, als wir gerade auf dem Weg zur Sommerausstellung 2014 in der Burg Giebichenstein waren.

Wir kommen eben ganz schön rum…

Wie schon gesagt, sollte Halle mehr wie Wien sein. Denn Halle ist ein viel attraktiverer, eindrucksvollerer und interessanterer Ort als ihre nächste Nachbarin – der internationale Medienliebling Leipzig. Nur ist Halle eben mit Dreck und Staub bedeckt, unberührt von Investoren und der Hoffnung auf eine deutsche Vereinheitlichung. Und so wird die Stadt normalerweise mehr oder weniger ignoriert.

Einzige Ausnahme ist die Hochschule Burg Giebichenstein, eine Institution, die sich in den letzten Jahren herausgeputzt und frisch gemacht hat und heute wirklich zu den interessanteren Designschulen in Deutschland gehört. Was die Sommerausstellung 2014 auch wunderbar unter Beweis stellt.

Wie zu erwarten, konzentriert sich der Bereich Produkt- und Industriedesign größtenteils auf die Resultate diverser Seminare aus dem vergangenen Jahr. Im Gegensatz zu den Rundgängen an den beiden Berliner Hochschulen, wo eher theoretische und konzeptuelle Arbeiten zu sehen sind, werden an der Burg Giebichenstein überwiegend „Produkte“ gezeigt.

Fünf dieser Projekte fanden wir besonders interessant…

Bamboo+ von Toshiki Yabushita

Bambus gehört unter Designern seit langem zu den populären und beliebten Materialien. Schon während der 1940er Jahre versuchte Charlotte Perriand bekanntlich die japanische Designindustrie mit Bambus zu beleben. Heute ist Bambus, da überaus stabil und leicht anzubauen, ein populäres Forschungsmaterial unter Designern, die nach neuen Methoden suchen unsere Welt zu möblieren. Für seine Abschlussarbeit hat sich Toshiki Yabushita auf einen anderen Aspekt des Materials Bambus konzentriert; nämlich überwiegend darauf Bambuskohle zu nutzen, um Gerüche zu absorbieren. Dass man Aktivkohle dazu nutzen kann Gerüche zu neutralisieren, ist nicht neu. Allerdings hat man mit Bambuskohle, wie es Toshiki Yabushitas Projekt „Bamboo+“ auf sehr charmante Weise zeigt, eine gut zugängliche, erneuerbare Kohleressource, und eine Kohle, die auf einfache Weise mit anderen Materialien verbunden werden kann, um umweltfreundliche, geruchsabsorbierende Objekte zu entwickeln. Unter den ausgestellten Objekten in der Burg Giebichenstein waren beispielsweise ein Mülleimerdeckel und Kleidungsstücke mit integrierter Bambuskohle. Alles in allem ein sehr schönes Projekt, das sehr viel Raum für eine Weiterentwicklung offen lässt.

Die Burg verbindet Burg Giebichenstein 2014 Bamboo+ by Toshiki Yabushita

Bamboo+ by Toshiki Yabushita, bei Die Burg verbindet 2014 Burg Giebichenstein Halle

Carry Me von Miriam Bunte

Wir waren bestimmt um die fünfhundert Mal in dem Raum, in dem „Carry Me“ von Miriam Bunte ausgestellt wurde, bis wir schließlich entschieden haben, dass uns die Arbeit wirklich gut gefällt. Anfangs dachten wir, „Na dann trag doch einfach dein Fahrrad – fass es am Rahmen und trag es!“, doch dann mussten wir uns eingestehen, das ist häufig einfacher gesagt als getan, genauer gesagt benötigt man häufig wohl mehr Zeit und Mühe als es die Situation zulässt. Das Geniale an „Carry Me“ ist einfach, dass es jedem erlaubt sein Fahrrad in die Hand zu nehmen und es mit einer Hand zu tragen – schnell, schmerzlos und effizient. Und das einfache Lederband ist dabei eine echte Aufwertung für das moderne Fahrrad.

Die Burg verbindet Burg Giebichenstein 2014 Carry Me by Miriam Bunte

Carry Me von Miriam Bunte bei Die Burg verbindet 2014 Burg Giebichenstein Halle

Flurregal von Alexander Köppel

Wie auch bei „Carry Me“ hat es eine ganze Weile gedauert, bis wir so richtig Gefallen an Alexander Köppels, im Übrigen namenloser, Regaleinheit für den Flur gefunden haben. Unser größtes Problem mit dem Regal ist, dass es unserer Meinung nach zu tief ist, und deshalb mehr Platz benötigt als die meisten modernen Wohnungen und Häuser bieten. Wir verstehen schon, warum es so tief ist – warum es so tief sein muss – denken nur trotzdem, dass es weniger sein sollte. Zudem müsste es modularer sein. Jeder Nutzer hat schließlich andere Ansprüche und deshalb müsste das Möbel um ein wirklich nützliches, interessantes und auch erfolgreiches Produkt zu werden, modularer sein. Das klingt natürlich alles als gefiele uns die Arbeit nicht. Aber nein, sie gefällt uns sehr gut!

Die Burg verbindet Burg Giebichenstein 2014 hallway storage unit by Alexander Köppel

Regaleinheit für den Flur von Alexander Köppel, gesehen bei Die Burg verbindet 2014 Burg Giebichenstein Halle

Lichtkörper – Objekte mit Licht

Leider gibt es bei der Burg Giebichenstein immer noch Leute, die glauben die Welt wäre voller krimineller Energie, die darauf wartet jedes Design zu stehlen, das ihren Weg kreuzt, und die deshalb das Fotografieren im Ausstellungsraum der Klasse „Lichtkörper – Objekte mit Licht“ verboten haben.

Das ist schade, denn zwei der ausgestellten Projekte waren wirklich fantastisch und hätten ein größeres Publikum verdient, was ihnen so aber leider verwehrt bleibt.

Ja wir könnten beschreiben wie sie aussehen, aus welchem Material sie bestehen, wie sie funktionieren, was die Vor- und Nachteile sind und detaillierte Skizzen von den Projekten präsentieren. Wir hätten aber auch einfach ein Foto machen können und unserer Begeisterung so einen besseren Ausdruck verleihen können.

Leute, die Designs stehlen und kopieren, stehlen und kopieren Ideen, aus denen sie Profit schlagen können. In der Welt des Produktdesigns sind das grundsätzlich Objekte, für die es einen existierenden Markt gibt. Beispielsweise gab es keine Kopien von Wilhelm Wagenfelds Bauhaus Lampe, bevor sie Tecnolumen produziert hat. Heute gibt es Tausende, wenn nicht gar Millionen.

Plagiateure interessieren sich nicht für die Qualität eines Designs. Es geht ihnen vielmehr um den unersättlichen Markt, auf dem sich Kunden nicht für die Qualität der Objekte, sondern die Wirkung und den Bekanntheitsgrad der Stücke interessieren.

Neue Konzepte sind uninteressant, weil kein Dieb Geld investieren wird, um erst einen Markt aufzubauen. Vor allem nicht, wenn es sich um ein vage funktionierendes Studentenprojekt handelt, das erst noch in ein marktreifes Produkt verwandelt werden muss, das sich letztendlich vielleicht gar nicht verkaufen lässt. Das wäre dumm – und das sind Plagiateure nicht. Sie sind einfach nur unmoralisch.

Allerdings gibt es eine ganze Menge hart arbeitender, ehrlicher Möbel- und Lampenhersteller da draußen, die nach neuen Impulsen, neuen Ideen und neuen Talenten suchen. Nach Talenten, mit denen sie zusammenarbeiten und neue Produkte, Märkte und Genres entwickeln können.

Und solche Leute übertreffen die Zahl der Gauner allemal.

Die Burg verbindet Burg Giebichenstein 2014

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