5 neue Designausstellungen im Juni 2016

Unter den fünf Empfehlungen der neuen Design- und Architekturausstellungen, die im Juni 2016 eröffnet werden, finden sich vier Ausstellungen in Deutschland und eine in Holland. Nicht unser Fehler, sondern das aufrichtige Resultat unseres unvoreingenommenen Streifzugs durch die Programme zahlloser Architektur- und Designinstitutionen auf der ganzen Welt.
Die folgenden Ausstellungen sind unsere Top 5.
Klar ist das eine subjektive Entscheidung – trotzdem bleiben wir bei unseren fünf Favoriten. Dass man denken könnte, wir hätten die Ausstellungen aufgrund ihres Standorts und nicht aufgrund ihrer eigentlichen Vorzüge ausgewählt, nehmen wir gerne in Kauf.

„PLANET B – 100 Ideen für eine neue Welt“ im NRW-Forum, Düsseldorf

Für uns ist einer der wichtigsten Unterschiede zwischen Kunst und Design, dass die Kunst Aspekte der Gegenwart herausstellt, als sozialer und kultureller Spiegel und eine Form des Protestes dienen kann und in der Lage ist, Alternativen vorzuschlagen. Sie kann aber keine Veränderungen allein anstoßen, sondern uns nur Anstöße zu Veränderungen geben. Design kann all das auch, ist allerdings auch für sich genommen in der Lage, etwas zu verändern. Mit der Ausstellung „Planet B“ will das NRW-Forum Düsseldorf unsere aktuelle soziale, kulturelle und ökonomische Wirklichkeit und mögliche Alternativen untersuchen – die Ausstellung sucht, wie schon der Titel sagt, nach einem Plan (et) B. Neben der Hauptausstellung im NRW-Forum und einer Reihe von Aktionen in ganz Düsseldorf ist ein Kernstück von „Plan B“ die sogenannte „Research Station“, in der ein fortlaufendes Programm internationalen Künstlern, Forschern und Designern die Möglichkeit gibt, Visionen und Konzepte zu realisieren. Ein Ausstellungskonzept also, bei dem sich die Besucher vermutlich ständig zwischen Kunst und Design bewegen werden und das dabei helfen sollte, die Unterschiede herauszustellen. Der Fokus der Aufmerksamkeit sollte bei der Frage liegen, in welche Richtung sich Gesellschaft, Ökonomie und Politik entwickeln könnten und auf der Tatsache, dass wir alle bei der Definition dieser Richtung eine Rolle spielen.

„PLANET B – 100 Ideen für eine neue Welt“ wird am 2. Juni im NRW-Forum Düsseldorf, Ehrenhof 2, 40479 Düsseldorf, eröffnet und läuft bis Sonntag, den 21. August.

Vladimír Turner: Courtains Toulouse (Photo © and Courtesy of Vladimír Turner)

Vladimír Turner: Courtains Toulouse (Foto © und mit freundlicher Genehmigung von Vladimír Turner)

„Stuttgart reißt sich ab: Verschwundene Bauwerke – Veränderung des Stadtbildes“ in der Architekturgalerie am Weissenhof, Stuttgart

Zum Stadtbild gehört natürlich nicht nur was existiert, sondern auch was nicht mehr existiert. Denn jedes Gebäude, das nicht mehr existiert, hatte eine Funktion, diente also potentiell mal einer bestimmten sozialen Gruppe und so der Gesellschaft im Ganzen. Das soll nicht heißen, Städte dürften sich nicht verändern, nur dass dieser Wandel behutsam erwogen und organisiert werden sollte. Mit der Ausstellung „Stuttgart reißt sich ab“ will die Architekturgalerie am Weissenhof einige besondere Exemplare der interessanten Gebäude, die Stuttgart in den letzten Jahren verloren hat, vorstellen. Es geht so im Umkehrschluss auch darum, was die Stadt neben Bürokomplexen und Einkaufszentren dazugewonnen haben könnte. Und wie immer bei solchen Ausstellungen – das macht schließlich die Ausstellung im Besonderen interessant: Was für eine Stadt relevant ist, lässt sich auch auf andere Städte übertragen. Regionale Erkenntnisse werden global verfügbar und anwendbar.

„Stuttgart reißt sich ab: Verschwundene Bauwerke – Veränderung des Stadtbildes“ wird am 16. Juni in der Architekturgalerie am Weissenhof (Am Weissenhof 30, 70191 Stuttgart) eröffnet und läuft bis Sonntag, den 18. September.

 

Stuttgart reißt sich ab Architekturgalerie am Weissenhof, Stuttgart

„Stuttgart reißt sich ab“ in der Architekturgalerie am Weissenhof, Stuttgart

„Tapio Wirkkala. Finnisches Design – Glas und Silber“ im Grassi Museum für Angewandte Kunst zu Leipzig

Auch wenn der finnische Künstler und Designer Tapio Wirkkala vor allem für seine Designarbeiten aus Glas bekannt ist, war er doch auch einer der vielseitigsten und produktivsten Designer seiner Generation. Nach seinem Abschluss an der Helsinki Central School of Arts and Crafts 1936 arbeitete Tapio Wirkkala anfänglich als kommerzieller Künstler, bevor der Krieg seine Karriere unterbrach. Wirkkalas Karriere nach dem Krieg bekam Anschub durch den Gewinn eines Wettbewerbs, den die namhafte Ittala Glashütte ausgeschrieben hatte. Eine Firma, mit der Tapio Wirkkala bald darauf eine Zusammenarbeit begann, für die er ohne Frage auch am bekanntesten ist. Darüber hinaus arbeitete Wirkkala mit so unterschiedlichen Firmen wie Rosenthal, Strömfors oder Asko und entwarf die Finlandia Wodkaflasche. Neben seiner Arbeit als Produktdesigner war Tapio Wirkkala auch als Bildhauer, Ausstellungsmacher und Grafikdesigner aktiv. In diesem Zusammenhang schuf er beispielsweise 1955 eine Reihe von finnischen Markka Banknoten, die noch bis 1981 in Umlauf waren. Die vom Riihimaki Glasmuseum kuratierte Ausstellung „Tapio Wirkkala. Finnisches Design – Glas und Silber“ verspricht mit dem Schwerpunkt auf Wirkkalas Glas- und Silberarbeiten aus den 1940er bis 1970er Jahren einen konzentrierten, detaillierten und relativ seltenen Einblick in das Leben und die Arbeit eines der wichtigsten und einflussreichsten kreativen Köpfe Finnlands.

„Tapio Wirkkala. Finnisches Design – Glas und Silber“ wird am Donnerstag, den 2. Juni im Grassi Museum für Angewandte Kunst zu Leipzig, Johannisplatz 5-11, 04103 Leipzig, eröffnet und läuft bis zum 3. Oktober.

 

Coffee pot, sugar bowl and cream jug by Tapio Wirkkala for Kultakeskus, 1959 (Photo Timo Syrjänen, Courtesy Grassi Museum for Applied Arts, Leipzig)

Kaffeekanne, Zuckernapf und Sahnekännchen von Tapio Wirkkala für Kultakeskus, 1959 (Foto Timo Syrjänen, mit freundlicher Genehmigung des Grassi Museums für Angewandte Kunst zu Leipzig)

„CRAB: Peter Cook and Gavin Robotham…and its Archigram antecedents“ im AIT-ArchitekturSalon, Hamburg

Als Mitbegründer der Londoner ArchitektInnengruppe  Archigram war Peter Cook eine Schlüsselfigur in der theoretischen, utopistischen Architekturbewegung der 1960er Jahre und half durch Projekte wie Plug-In City oder Instant City dabei, unsere Auffassung von Architektur weg vom einseitigen Fokus auf Gebäude hin zum Bereich unserer sozialen, kulturellen und politischen Beziehungen zu erweitern.  Im Jahr 2004 kuratierte Peter Cook den Britischen Pavillon auf der Biennale in Venedig und arbeitete in diesem Zusammenhang mit dem jungen britischen Architekten Gavin Robotham zusammen. 2006 gründeten beide CRAB Studio, von dort aus haben sie Projekte in so unterschiedlichen Städten wie Bournemouth, Wien oder Madrid entwickelt. Mit einer Mischung aus utopischen 1960er-Jahre-Bauten und aktuellen Entwürfen verspricht der AIT-Architektursalon Hamburg einen allumfassenden Überblick über Peter Cooks Werk – und hoffentlich auch eine Antwort auf die Frage, ob ein derart radikaler Architekt wie Peter Cook in Würde altern kann.

„CRAB: Peter Cook and Gavin Robotham…and its Archigram antecedents“ wird am Freitag, den 3. Juni im AIT-ArchitekturSalon, Bei den Mühren 70, in 20457 Hamburg, eröffnet und läuft bis zum 5. August.

CRAB Peter Cook and Gavin Robotham...... and its Archigram antecedents @ AIT-ArchitekturSalon Hamburg

„CRAB: Peter Cook and Gavin Robotham…and its Archigram antecedents @ AIT-ArchitekturSalon Hamburg

„Nacho Carbonell – On the Origin of Pieces“ im Stedelijk Museum, ’s-Hertogenbosch, Holland

Den in Eindhoven ansässigen und in Valencia geborenen Designer Nacho Carbonell verstehen wir wirklich nicht. Um ehrlich zu sein, ist das unser Fehler. Wir hatten nicht nur eine Gelegenheit, mehr über seine Ästhetik, seine Interpretation von Funktionalität, seine Auffassung von Emotion, etwas über die Durchlässigkeit der Grenze zwischen Fantasie und Wirklichkeit in seiner Arbeit und über sein Verhältnis zu Materialien zu lernen. „On the Origin of Pieces“ im Stedelijk Museum in ’s-Hertogenbosch scheint den perfekten Anlass zu liefern, endlich mehr über den Mann und seine Arbeit zu erfahren. Vor allem werden wir vielleicht endlich seine Kokonkonstruktionen verstehen – Arbeiten, die uns so viel Angst einjagen wie sie uns faszinieren. Warum sollte man sich in etwas einpuppen, das eher daran interessiert zu sein scheint, einen zu verdauen als einen zu beschützen? Als Teil der Bosch Grand Tour – einer Kollaboration von sieben Museen in Hollands Brabant-Region, mit der der 500. Todestag von Hieronymus Bosch gefeiert werden soll – ist „On the Origin of Pieces“ die erste Retrospektive von Nacho Carbonells Werk und verspricht die Untersuchung seiner Arbeiten von der Abschlusskollektion an der Design Academy Eindhoven bis hin zu jüngsten Projekten. Wir rechnen also mit einer Reihe von Arbeiten, die sich zwischen konzeptuellen und praktischen Ansätzen bewegen – und die sowohl furchteinflößende Kokons als auch zugänglichere Objekte umfasst.

„Nacho Carbonell – On the Origin of Pieces“ wird am Samstag den 18. Juni im Stedelijk Museum ‘s-Hertogenbosch, De Mortel 4, 5211 HV ’s-Hertogenbosch, eröffnet und läuft bis Sonntag, den 11. September.

Nacho Carbonell - On the Origin of Pieces @ Stedelijk Museum ’s-Hertogenbosch

„Nacho Carbonell – On the Origin of Pieces“ @ Stedelijk Museum ’s-Hertogenbosch (Foto Inga Powilleit, mit freundlicher Genehmigung des Stedelijk Museum ’s-Hertogenbosch)

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