Köln International School of Design – KISDparcours 2016

Als wichtiges kommerzielles Finanz- und Verwaltungszentrum seit dem Mittelalter hat Köln einen wichtigen Beitrag zur Entwicklung der europäischen Gesellschaft, Kultur und Politik geleistet. Mit dem Kölner Dom beherbergt die Stadt nicht nur eine der größten gotischen Kathedralen und so auch eine der wichtigsten religiösen Institutionen des Kontinents, sondern liefert auch ein exzellentes Beispiel für logische, gut erwogene und kohärente Stadtplanung. Indem die Kathedrale auf einer erhöhten Plattform direkt neben dem wichtigsten Bahnhof errichtet wurde, optimierten die Architekten nicht nur die Anbindungsmöglichkeiten für Pilger und reduzierten so die Belastung für die innerstädtische Infrastruktur, sondern erleichterten es den Touristen auch, Selfies mit der Kathedrale im Hintergrund aufzunehmen.

Ob der derzeitige Querschnitt der Studenten an der Köln International School of Design die gleiche Fähigkeit zur logischen Analyse von Problemen und die gleiche Aufmerksamkeit für die Details bei der Realisation besitzt und zudem zu so kohärenten Gedankengängen in der Lage ist wie die Bauherren Kölns im 13. Jahrhundert, lässt sich in der Ausstellung mit dem eher plumpen Namen KISDparcours 2016 nachvollziehen.

Köln International School of Design, KISD

Köln International School of Design, KISD

Köln International School of Design – KISDparcours 2016

Wie wir schon in unserem früheren Post zur Ausstellung Endstation Ubierring 40 im Kölnischen Stadtmuseum festgehalten haben, geht die aktuelle Köln International School of Design, kurz KISD, auf das Jahr 1879 und die Gründung der Kölner Werkschulen zurück. Seine heutige Form verdankt sie allerdings der Entscheidung der Stadtverwaltung im Jahr 1987, das Kunststudium an der Kölner Fachhochschule zu vereinfachen und die zuvor für die Kunst- und Designausbildung gleichermaßen zuständige Institution in eine reine Designhochschule umzuverwandeln.

Gegründet auf der Basis des sogenannten „Kölner Modells“, ist der Studiengang an der KISD projektbezogen und in keinem der Bachelor- oder Masterstudiengänge vordefiniert. Vielmehr haben die Studenten die Freiheit sich ihren eigenen Studiengang aus verschiedenen Bereichen, wie beispielsweise Dienstleistungsdesign, Produktionstechnologie, Interface Design oder Ökologie und Design zusammenzustellen.

Die Resultate dieses Ansatzes sind auf dem KISDparcours 2016 zu sehen, und zwar in Form zahlreicher Abschlussprojekte, individueller Projekte und in Form von Semesterprojekten einzelner Gruppen, wie beispielsweise „Models, In Reality“ mit Prof. Carolin Höfler – hier ging es um die Erforschung theoretischer Aspekte und potentielle Verwendungsformen von Modellen; „Radically Simple“ein Projekt, das in Zusammenarbeit mit dem Melbourne Institute of Technology, RMIT, entstand und in dem kleine Gruppen von Studenten Ideen zu Radikalität und Simplizität im Design entwickelten; oder „So Geht Design“ unter der Leitung von Prof. Jenz Grosshans und Prof. Andreas Wrede. Hier wurden Grundlagen des Designprozesses erforscht und das Konzept FEIDI: Frame, Explore, Ideate, Develop, präsentiert.

In unserem Interview mit dem KISD Direktor Wolfgang Laubersheimer, verkündete er „das Machen ist jetzt zurück“. Das konnte man ohne Frage auch auf dem KISDparcours 2016 sehen. Darüber hinaus gab es aber auch einige sehr schöne Beispiele für konzeptuelles Design, Social Design und Designs, die sehr flüssig und poetisch die Sprache der Kunst sprechen. Man konnte sich also leicht das Gespenst aus dem früheren Kunstbereich vorstellen, wie es durch die Korridore des Gebäudes am Ubierring 40 streift und nach passenden Opfern Ausschau hält.

Wie immer ist die Designausbildung kein Schönheitswettbewerb und es geht dabei nicht um die Realisierung erfolgreicher Produkte. Vielmehr geht es darum die Freiheiten und Dummheiten der Jugend zu erfahren und zu verstehen. Die folgenden drei ausgestellten Projekte auf dem KISDparcours 2016 haben unsere Aufmerksamkeit allerdings ganz besonders erregt.

Köln International School of Design KISDparcours 2016 Final Thesis presentation

Köln International School of Design KISDparcours 2016: Final Thesis Presentation

„Cirquids – Turning Paper Into Fluid Circuits“ von Dorothee Clasen

Papier zu „elektrifizieren“, indem man es so anpasst, dass es Strom leitet, ist keine neue Idee, insofern also auch kein elektrifizierendes Konzept. Der interessante Aspekt an Dorothee Clasens Projekt ist allerdings weniger der, dass sie die eigentlich passiven Papierfasern in aktiv leitendes Material verwandelt hat, sondern vielmehr die Art und Weise, mit der sie das erreicht hat – nämlich mit einer Mischung aus Wachs, Salz und Wasser. Dadurch ist es Dorothee gelungen eine günstige, technisch einfache, lokal anwendbare Methode zu entwickeln. Jetzt werden viele die Sinnhaftigkeit daran Papierprodukte elektrisch leitbar zu machen in Frage stellen, manche werden es wohl sogar selbst versuchen… aber nochmal, das ist nicht der Punkt, nicht das, was das Projekt so spannend macht. Der interessante Aspekt ist, dass sich diese Möglichkeit, mit geringen Kosten und geringem technischen Aufwand Papier leitbar zu machen, natürlich auch auf Papiermodelle übertragen lässt – potentiell also ein nützliches Werkzeug / ein nützlicher Prozess beim Modellieren, beim Erstellen von Prototypen und bei der Entwicklung von Produkten ist.

Köln International School of Design KISDparcours 2016: Cirquids Turning Paper Into Fluid Circuits by Dorothee Clasen

Köln International School of Design KISDparcours 2016: „Cirquids – Turning Paper Into Fluid Circuits“ von Dorothee Clasen

„Shoeshelf“ von Elisabeth Prehn

Im Sinne der Fairness müssen wir zugeben, dass wir momentan etwas besessen sind, was reduzierte, schmiedeeiserne Produkte angeht. Warum dem so ist, hoffen wir in den nächsten Monaten erläutern zu können. Jedenfalls ist es so! In Anbetracht dessen waren wir mehr oder weniger zwangsläufig von Elisabeth Prehns schmiedeeisernem Schuhhalter beeindruckt. Wir lieben diesen Schuhhalter allerdings nach wie vor – und das, obwohl einige Zeit vergangen ist, wir mehr Distanz haben und wir uns so unserer brutalen Objektivität gewiss sein können.

Schuhregale sind ein kompliziertes Thema, nicht zuletzt weil Schuhe nicht einfach Schuhe sind. Stattdessen gibt es Abendschuhe, Arbeitsschuhe, Gartenschuhe, Partyschuhe, Schuhe für Gäste. Außerdem stellen Schuhe eine direkte Verbindung zwischen drinnen und draußen her, und bringen so das Wetter in Form von Regen, Staub, Schnee und Schlamm mit in die Wohnung.

Und da Schuhregale so ein kompliziertes Thema sind, wird es auch nie eine universale Lösung dafür geben. Elisabeths „Schuheisen“ sind für uns allerdings eine besonders charmante und elegante Lösung.

Das im Kontext des Seminars „Archetypen des Designs: Schmieden“ (von und mit Professor Hatto Grosse) entwickelte Schuhregal, ist ganz klar nicht so eine universelle Lösung, erlaubt aber eine sehr logische Unterbringung von Schuhen. Wir denken da vor allem an Turnschuhe, Gartenschuhe und Arbeitsschuhe, also an alle Schuhe, die besonders geneigt sind nass, schmutzig und verschwitzt zu sein – bei denen es also Sinn macht sie in einer frei hängenden Position unterzubringen. Und wenn das Regal nicht benutzt wird – wir nehmen an, es wird an der Wand auf einer Veranda, in einem Vorbau, in der Garage oder auf dem Balkon angebracht – hat man stattdessen ein sehr schönes, dekoratives Element.

Köln International School of Design KISDparcours 2016: Shoeshelf by Elisabeth Prehn

Köln International School of Design KISDparcours 2016: Shoeshelf von Elisabeth Prehn

„Bauhaus, Wchutemas, Black Mountain College: Parallelen und Differenzen Drei Bildungsstätten der Moderene“ von Ingrid Walter

Beim Design geht es ohne Frage um das Jetzt. Deshalb hat die Moderne aus heutiger Sicht auch so einen schönen, aber unzutreffenden Namen. Die Moderne war einmal modern und ist heute historisch. Modern ist, war und wird allerdings immer all das sein, was zeitgenössisch ist. Also all das, was noch zu jung, zu frisch und zu unausgegoren ist, um mit irgendeinem -ismus kategorisiert zu werden und diesen vielleicht auch niemals verliehen bekommen wird. Und doch bildet alles, was einmal modern war, einen Teil der Geschichte und bleibt so, wie es die Ausstellung im Vitra Design Museum „Das Bauhaus #allesistdesign“ erklärt, relevant, wenn nicht gar modern. Die Vergangenheit des Designs ist wichtig, denn auch in allen anderen Lebensbereichen muss man vergangene Entwicklungen, Gedanken und Fehler verstehen, um Verständnis für die gegenwärtige Situation aufzubringen.

Die Abschlussarbeit „Bauhaus, Wchutemas, Black Mountain College: Parallelen und Differenzen Drei Bildungsstätten der Moderne“, ist laut Ingrid Walter die erste deutschsprachige Gegenüberstellung von drei Schulen, die jeweils auf ihre eigene Art eine Rolle in der Entwicklung der internationalen Moderne gespielt haben und die so auch auf folgende Ideen und Vorstellungen von Design Einfluss hatten. Zudem untersucht die Arbeit, warum das Bauhaus in diesem Kontext eine derart dominante Position einnimmt.

Wir haben Ingrids Arbeit nicht gelesen und können uns deshalb nicht zur Qualität der Arbeit äußern. Die Tatsache allerdings, dass eine Studentin für ihre Abschlussarbeit einer eher akademischen, theoretischen Untersuchung der jüngeren Designgeschichte nachgeht, anstatt etwas Neues zu entwickeln, finden wir genauso wichtig wie korrekt. Etwas mehr Theorie und etwas weniger Produkt und es könnte gelingen die Balance des Systems wiederherzustellen. Leider haben wir bei der ganzen Aufregung vergessen das Cover des Buches zu fotografieren. Pardon!

Köln International School of Design KISDparcours 2016: Radically Simple

Köln International School of Design KISDparcours 2016: Radikal einfach

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