Die meisten erfolgreichen und bekannten Möbeldesigner haben einen Hintergrund in den Bereichen Architektur oder Handwerk. Es gibt allerdings auch Ausnahmen. Eine der bekanntesten und zweifellos auch faszinierendsten ist der Bildhauer und Künstler Isamu Noguchi.
Geboren am 17. November 1904 in Los Angeles als das erste und einzige Kind der amerikanischen Schriftstellerin Leonie Gilmour und des japanischen Dichters Yone Noguchi, wuchs Isamu in Japan auf, bis er 1918 auf das Interlaken Internat in Rolling Prairie, Indiana, geschickt wurde. 1922 schließlich schloss er die Highschool ab und begann sein Medizinstudium an der New Yorker Columbia University. Schnell begann er jedoch, sich für Kunst im Allgemeinen und Bildhauerei im Speziellen zu begeistern. Diese Faszination führte dazu, dass er 1924 sein Studium abbrach, um sich voll und ganz der Bildhauerei hinzugeben. 1927 wurde Isamu Noguchi mit dem John Simon Guggenheim Stipendium ausgezeichnet, wovon er sich einen Flug nach Paris leistete, um sich dort um eine Ausbildungsstelle beim rumänischen Bildhauer Constantin Brâncusi – einem der führenden modernistischen Bildhauer – zu bemühen. Man sagt, dieser hätte Noguchi bei dessen Ankunft direkt mitgeteilt, dass er keinerlei Interesse an oder Verwendung für einen Auszubildenden hätte.
Isamu Noguchi ließ sich davon jedoch nicht abschrecken: Er merkte an, dass Brâncusi zwar keinen Auszubildenden benötigen möge, aber sicherlich einen Steinmetz gebrauchen könnte. Und den konnte er tatsächlich gebrauchen. So verbrachte Isamu Noguchi die nächsten sechs Monate damit, für Constantin Brâncusi zu arbeiten und von diesem zu lernen. Nach seiner Rückkehr nach New York 1929 machte Isamu Noguchi zwei weitere Bekanntschaften, die seine Karriere maßgeblich beeinflussen sollten: Er traf den Architekten Richard Buckminster Fuller, welcher bei Isamu Noguchi eine Leidenschaft für neue Technologien, neuartige Materialien und Utopien weckte, sowie die Choreographin Martha Graham, für die Noguchi zahlreiche Bühnenbildkonzepte entwickeln sollte. Durch sie entwickelte er auch seine Leidenschaft für abstrakte, avantgardistische Kunst und übertrug diese Passion auf Musik, Theater und Tanz. Die Beziehungen zu Brâncusi, Buckminster Fuller und Graham sowie die damit verbundenen Erfahrungen formten den komplexen, universell arbeitenden und einzigartigen Künstler Isamu Noguchi.
In den 1930er Jahren reiste Isamu Noguchi viel – unter anderem auch nach Japan, eine emotional sehr anstrengende Reise. Darüber hinaus realisierte er zahlreiche Bühnenbild-, Bildhauerei-, Kunst- und Landschaftsdesignprojekte in den USA und in Mexiko. Dann, am 07. Dezember 1941, attackierte Japan den US Marinestützpunkt in Pearl Harbor – für Isamu Noguchi „ein großer Schock, der sein künstlerisches Schaffen zunächst in den Hintergrund drängte.“1
Nach Pearl Harbor wurden alle japanischen Bürger sowie solche mit japanischen Wurzeln, die in Kalifornien lebten, in Internierungslager geschafft. Als New Yorker war Isamu Noguchi nicht verpflichtet, in ein solches Camp zu gehen. Trotzdem ging er freiwillig in eines auf indianischem Boden in Poston, Arizona – mit dem Ziel, dort kreative und künstlerische Projekte voranzutreiben. Die Realität in diesem Camp entsprach jedoch nicht dem, was es versprach, und so bat Isamu Noguchi um die Erlaubnis, wieder gehen zu dürfen. Dies wurde ihm nach sieben Monaten der Internierung auf temporärer Basis gestattet.
Nach dem Krieg vollendete Isamu Noguchi neben Bildhauereiprojekten zahlreiche bedeutende Projekte im Bereich der Landschaftsarchitektur im öffentlichen Sektor, etwa den Sunken Garden für die Chase Manhattan Plaza Bank in New York, den Kodomo no Kuni Kinderspielplatz in Yokohama sowie die Peace Bridge in Hiroshima. Darüber hinaus erweiterte er sein kreatives Portfolio mit Möbel- und Leuchtendesign. Hierbei waren seine wohl bekanntesten Kreationen sein Coffee Table für Herman Miller, seine Rocking Stools für Knoll und nicht zuletzt natürlich seine Akari Light Sculptures.
Trotz des Erfolges seiner Möbel und der Berühmtheit, die Isamu Noguchi durch sie erlangte, betrachtete er sich immer als Bildhauer – weswegen seine Möbelentwürfe immer skulptural anmuten und Isamu Noguchis Vorstellung von Plastik und Kunst entsprechen. Das Konzept des Industriedesigners, der für eine ihm völlig fremde Firma arbeitet, war nichts für Isamu Noguchi, der es folgendermaßen formulierte: „Ich hatte kein Interesse daran, irgendetwas für die Massenproduktion zu designen – oder besser gesagt, ich war nicht in der Lage dazu, etwas zu entwerfen, das à la mode gefertigt wurde.“2
Gott sei Dank. Das sollten wir vielleicht noch hinzufügen.
Isamu Noguchi verstarb am 20. Dezember 1988 im Alter von 84 Jahren in New York und bleibt uns heute durch eines der diversesten, intensivsten und anspruchsvollsten kreativen Erbe des 20. Jahrhunderts in Erinnerung.
Happy Birthday Isamu Noguchi!
1. Isamu Noguchi, „A sculptor’s world“, Thames & Hudson, London 1967
2. ibid
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