5 neue Architektur- und Designausstellungen im Juli 2019

Der Juli war einst bekannt als Quintilis, der fünfte Monat im römischen Kalender: Der fünfte von lediglich zehn Monaten. Der „Winter“ ist nichts als eine undefinierbare kalte und dunkle Phase von Dezember bis März. So vernünftig ein solches Arrangement auch klingen mag und so gut wir heute damit leben können, wurde dennoch mit dem Aufstieg des Römischen Reiches die weise Entscheidung getroffen, den Winter und den Jahresbeginn auf Januar und Februar zu legen. Eine kluge Entscheidung: Das Jahr in unserer heutigen Zeit hat somit zwölf Monate und damit zwei weitere Monate, in denen wir umso mehr Architektur- und Designausstellungen genießen und die Welt um uns herum noch besser verstehen lernen.

Die Veranstaltungen im „Quintilis“ 2019 befinden sich in Stuttgart, San Francisco, Weil am Rhein, Melbourne und Dresden.

 

5 New Architecture & Design Exhibitions for July 2019

„Jule Waibel. Gesamt (Falt) Kunst Werk“ in der Architekturgalerie am Weißenhof, Stuttgart, Deutschland

Die Architekturgalerie am Weißenhof setzt ihre Saison mit Ausstellungen fort, die sich mit den Prinzipien des Bauhaus‘ und der internationalen Moderne auseinandersetzen. Mit „Jule Waibel. Gesamt (Falt) Kunstwerk“ präsentiert die Architekturgalerie Experimente und Untersuchungen der Berliner Designerin Jule Waibel, die sich mit Falten auseinander setzen.

Als eine der ältesten Handwerksformen sorgen Faltungen für Stabilität, oft für eine Primärstabilität. Die Faltung wird so aufgrund ihrer erstaunlich einfachen Prozesse zu einer der elegantesten Methoden, um funktionale Formen zu erschaffen. Das scheinbar Einfache der Technik widerspricht ihrer großen Komplexität. Wie die Architekturgalerie feststellt, können bestimmte Falttechniken maschinell nicht realisiert werden und sind stattdessen grundsätzlich nur von Hand durchführbar. So ist das Falzen in vielerlei Hinsicht analog zum Massivholz-Biegeverfahren von Michael Thonet, ein weiteres erstaunlich einfaches Verfahren, das Maschinen nicht umsetzen können.

Im Rahmen von „Gesamt (Falt) Kunst Werk“ wird Jule Waibel den Ausstellungsraum der Architekturgalerie in eine von gefalteten Objekten bevölkerte Landschaft verwandeln. Es werden weniger die Objekte an sich als vielmehr die Materialien im Mittelpunkt stehen. Die Ausstellung verspricht die Präsentation von Objekten aus so unterschiedlichen Materialien wie Textilien, Papier, Holz oder Glas. So soll sowohl die aktuelle Relevanz des Falzens als auch dessen (potenzielle) Rolle in zukünftigen Fertigungs- und Produktionssystemen hinterfragt werden. Die Ausstellung zielt darauf ab, über zeitgenössische Auffassungen und Ansätze von Materialien und Prozessen (Technologien) und die Rolle des Handwerks in solchen Systemen nachzudenken, wie es die Modernisten der Zwischenkriegszeit getan hatten.

„Jule Waibel. Gesamt (Falt) Kunst Werk“ wird am Donnerstag, den 18. Juli in der Architekturgalerie am Weißenhof, Am Weißenhof 30, 70191 Stuttgart eröffnet und ist dort bis Sonntag, den 6. Oktober zu sehen.

Jule Waibel. Gesamt (Falt) Kunst Werk at the architekturgalerie am weißenhof, Stuttgart

„Jule Waibel. Gesamt (Falt) Kunst Werk“ in der Architekturgalerie am Weißenhof, Stuttgart

„Far Out. Suits, Habs, and Labs for Outer Space“ im San Francisco Museum of Modern Art, San Francisco, Kalifornien

Der Weltraum mag die letzte Grenze sein, aber die extremen Bedingungen, auf die der Mensch außerhalb der Erdatmosphäre und der Erdanziehung gestoßen ist, bringen Ingenieure nicht nur an die Grenzen ihres Handwerks, sondern regen auch die Phantasie von Künstlern, Designern und Architekten an: Im Jenseits einer letzten Grenze tut sich eine Welt der endlosen Phantasie und Möglichkeiten auf.

Ausgehend vom 50-jährigen Jubiläum der Mondlandung der Apollo 11 will das San Francisco Museum of Modern Art, SFMOMA, mit „Far Out“ eine Auswahl sowohl realisierter als auch nicht realisierter Konzepte für Raumanzüge, Weltraumlebensräume und Weltraumlabore von Künstlern und Designern erforschen, darunter unter anderem Rick Guidice, Tom Sachs oder Raymond Loewy. Damit will die Ausstellung nicht nur das grenzenlose, kreative Potenzial in der Grenzenlosigkeit von Raum und Zeit, sondern auch die Bedeutung des freien Denkens bei der Entwicklung neuer, unerforschter Systeme herausstellen.

Die Mondlandungen als Metapher für unsere Zeit? „Far Out. Suits, Habs, and Labs for Outer Space“ wird am Samstag, den 20. Juli im San Francisco Museum of Modern Art, 151 Third St, San Francisco, CA 94103, Kalifornien eröffnet und kann bis Montag, den 20. Januar bewundert werden.

Rick Guidice, Toroidal Colonies, cutaway view exposing the interior ( © Rick Guidice, courtesy NASA Ames Research Center History Archives & San Francisco Museum of Modern Art)

Rick Guidice, Toroidal Colonies, Querschnitt mit Blick ins Innere ( © Rick Guidice, mit freundlicher Genehmigung des NASA Ames Research Center History Archives & San Francisco Museum of Modern Art)

„Alexandra Daisy Ginsberg: Better Nature“ im Vitra Design Museum Gallery, Weil am Rhein, Deutschland

Unter den neuen Materialien und Prozessen, die in Zukunft zweifellos eine Rolle im Produktdesign und in der Architektur spielen werden, gehören biologische Materialien und Prozesse zu den interessantesten und spannendsten. Sie bieten die Möglichkeit, natürliche Systeme direkt einzusetzen und nicht nur nachzuahmen und eröffnen damit völlig neue Möglichkeiten im Sinne einer nachhaltigen Produktion.

Nach einem Architekturstudium absolvierte Alexandra Daisy Ginsberg ihren Master in Design Interactions am Royal College of Art London und beschäftigt sich seither mit biologischen Systemen und vor allem mit Schnittstellen zwischen Biologie, Design und Ingenieurwesen. Es geht um die Frage, wie diese Schnittstellen am besten und sinnvollsten eingesetzt werden können, sowohl für die menschliche Gesellschaft als auch im Sinne einer Erweiterung der Natur. Einige der Erkenntnisse, die sie in den letzten zehn Jahren gewonnen hat, und insbesondere sechs ihrer Projekte werden in „Better Nature“ präsentiert. Darunter Projekte wie „E. Chromi“, bei dem eingenommene Bakterien verwendet werden, um vor der Entwicklung von Krankheiten zu warnen; „The Synthetic Kingdom“, das Bakterien und biologische Verbindungen als Grundlage für die Materialproduktion verwendet; oder „Designing for the Sixth Extinction“, bei dem künstlich erzeugte Pflanzen und Tiere gefährdete Arten unterstützen und ernähren.

Die Ausstellung regt nicht nur zu Gedanken an, was die Biotechnologie alles möglich machen könnte, sondern auch über die mit ihr verknüpften Verantwortlichkeiten und Herausforderungen. Und das schließt am Ende Überlegungen ein, wie unsere Welt dahin gelangte, wo sie heute ist.

„Alexandra Daisy Ginsberg: Better Nature“ wird am Samstag, den 20. Juli in der Galerie des Vitra Design Museums, Charles-Eames-Str. 2, 79576 Weil am Rhein eröffnet und ist dort bis Sonntag, den 24. November zu sehen.

Part of The Synthetic Kingdom by Alexandra Daisy Ginsberg ( Photo Carole Suety © Alexandra Daisy Ginsberg, courtesy Vitra Design Museum)

Ein Teil von „The Synthetic Kingdom“ von Alexandra Daisy Ginsberg (Foto Carole Suety © Alexandra Daisy Ginsberg, mit freundlicher Genehmigung des Vitra Design Museums)

„Super Tight“ in der RMIT Design Hub Gallery, Melbourne, Australien

Mit dem Wachstum der Bevölkerung steigt auch die Dichte unserer Städte. Das bedeutet nicht nur, dass wir immer enger zusammenleben, sondern auch, dass unser individuelles Leben immer mehr mit anderen verschmilzt und in Gemeinschaften eintaucht. Mit dieser sozialen und kulturellen Dichte beschäftigt sich die Ausstellung „Super Tight“.

Mit dem Fokus auf asiatischen Städten als Beispiel für besonders enge Umgebungen wollen die Kuratoren untersuchen, wie eine solche soziale und kulturelle Dichte entsteht, was diese für kulturelle, politische, wirtschaftliche und soziale Entwicklungen bedeutet und wie Designer dazu beigetragen haben bzw. in Zukunft dazu beitragen könnten.

Potenziell lassen sich die Erkenntnisse über den physischen Stadtraum auch auf die von uns bewohnten virtuellen Räume übertragen, die ja durch eine zunehmende Dichte ebenfalls immer enger werden und das mit unvermeidlichen Folgen.

„Super Tight“ wird am Freitag, den 26. Juli, in der RMIT Design Hub Gallery, Level 2, Building 100, RMIT University, Corner Victoria and Swanston Streets, Carlton, 3053 Melbourne, Australien eröffnet und läuft bis Samstag, den 21. September.

Super Tight at RMIT Design Hub Gallery, Melbourne

Super Tight in der RMIT Design Hub Gallery, Melbourne

„Add to the Cake – Die Transformation weiblicher Schaffender“ im Kunstgewerbemuseum Dresden, Germany

Die Ausstellung „Add to the Cake“ ist formal eine Fortsetzung des Symposiums „A Woman’s Work“ und gibt, wie der Titel schon erahnen lässt, eine aktive Richtung vor: Beim „Cake“ des Titels handelt es sich um das männlich dominierte Narrativ der Designgeschichte, das „Add to“ bestätigt wiederum, dass das Kuratorenteam um Matylda Krzykowski und Vera Sacchetti nicht versucht, Bestehendes zu entfernen, sondern um weibliche Perspektiven, Beiträge und Protagonistinnen zu erweitern.

Als aktives, sich entwickelndes Ausstellungsformat soll „Add to the Cake“ durch eine Reihe von Veranstaltungen, Performances und öffentliche Programmpunkte wachsen und sich entwickeln, die nicht nur darauf abzielen, die im Rahmen von „A Woman’s Work“ entwickelten Themen und Positionen aufzugreifen, sondern uns alle herausfordern sollen, bestehende Positionen und unsere Vorstellungen der Geschichte von Architektur und Design zu hinterfragen.

„Add to the Cake – Die Transformation weiblicher Schaffender“ wird im Kunstgewerbemuseum Dresden, Schloss Pillnitz, August-Böckstiegel-Straße 2, 01326 Dresden am Samstag, den 6.Juli eröffnet und läuft bis Sonntag, den 11. November.

Add to the Cake Transforming the roles of female practitioners, at Kunstgewerbemuseum Dresden

„Add to the Cake – Die Transformation weiblicher Schaffender“ im      Kunstgewerbemuseum Dresden

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