5 (neue) Architektur- und Designausstellungen im Februar 2021

Neben dem chinesischen und dem koreanischen Neujahrsfest ist der Valentinstag wohl eines der beliebtesten Feste im Februar. Der heilige Valentin ist bekanntlich der Schutzpatron der Liebenden. Weniger bekannt, aber ebenso wichtig ist, dass Valentin auch bei der Pest um Hilfe angerufen wird.

Auch wenn Misanthropen und Zynikerinnen an dieser Stelle fragen werden, ob Liebe und Pest nicht Synonyme und deshalb beide eine Plage für die Menschheit sind, könnten wir an diesem 14. Februar auf jeden Fall alle nicht nur ein wenig Liebe, sondern auch eine ordentliche Dosis Seuchenschutz gebrauchen. Anstatt St. Valentin wie üblich durch das Verschenken eilig gekaufter Blumen und Pralinen zu ehren, wäre es doch in diesem Jahr eine gute Idee, wenn wir uns alle darauf einigen, St. Valentin zu feiern, indem wir uns mehr umeinander kümmern, mehr gemeinschaftliche Liebe und weniger Corona-Erreger verbreiten und dem heiligen Valentin so etwas von seiner Last abnehmen?

Der Heilige Valentin bietet nicht nur Schutz für Verliebte und vor der Pest, sondern auch für Reisende, die es heutzutage ja leider nicht mehr gibt. Deshalb machen auch wir bis auf Weiteres mit unseren hybriden Ausstellungsempfehlungen weiter. Im Februar 2021 gehören dazu drei Offline-Ausstellungen in Weil am Rhein, Hamburg und Falkenberg, die zwar höchst wahrscheinlich nicht wie geplant öffnen werden, aber bis dahin gute Impulse für das Selbststudium liefern, sowie zwei Online-Highlights, die man in aller Ruhe zuhause erkunden kann. Das sollte man vielleicht direkt gemeinsam am 14. Februar machen, denn bekanntlich bleiben Paare, die ihre Designkenntnisse  zusammen entwickeln und vertiefen, länger zusammen.

5 (New) Architecture & Design Exhibitions for February 2021

„Memphis. 40 Jahre Kitsch und Eleganz“ im Vitra Design Museum, Weil am Rhein

In der Geschichte des Designs ist das Kollektiv Memphis ein Phänomen, das oft nicht wirklich verstanden und stattdessen auf einen „Stil“ reduziert wird. Memphis wird mit leicht zu kopierenden Formen und Farbschemata abgetan, anstatt die Position dahinter zu verstehen, der es um die Beziehungen zwischen Objekten und Nutzerinnen und Nutzern und um die Definitionen von Funktion, Wert, Geschmack und Gesellschaft ging, die diese Formen und Farben verkörpern.

Anlässlich des 40-jährigen Jubiläums der ersten Memphis-Ausstellung im September 1981 verspricht das Vitra Design Museum mit „Memphis. 40 Jahre Kitsch und Eleganz“ nicht nur eine Präsentation von Memphis-Möbeln und Leuchten, sondern auch von Archivskizzen, Zeichnungen und Fotos. So soll den Besucherinnen und Besuchern eine Einführung zum Kollektiv und seiner Arbeit  und zu den vielfältigen internationalen Persönlichkeiten, die daran beteiligt waren, gegeben werden. Zu den beteiligten Designerinnen und Designern gehören unter anderem Michele de Lucchi, Peter Shire, Nathalie du Pasquier und Chef-Initiator Ettore Sottsass. Zu sehen sind darüber hinaus Fotos von Karl Lagerfelds Wohnung in Monte Carlo, in dem sich viele Memphis-Objekte befanden. Wie schon oft erwähnt, war Lagerfeld ein großer Memphis-Fan und einer der wenigen Menschen, die tatsächlich in einem Memphis-Interieur lebten. Was, wie wir glauben, nicht die Absicht von Sottsass und Co. war.

Die sehr reale Diskrepanz zwischen den räumlichen Gegebenheiten des Vitra Design Museums und des grenzenlosen Umfangs von Memphis erlauben es nicht, alle Aspekte des Kollektivs, seiner Arbeit und Relevanz für die Designgeschichte bis ins kleinste Detail zu erforschen. Die Ausstellung „Memphis: 40 Jahre Kitsch und Eleganz“ sollte uns jedoch zu einem besseren Verständnis von Memphis verhelfen.

„Memphis. 40 Jahre Kitsch und Eleganz“ wird am Samstag, den 6. Februar in der Galerie des Vitra Design Museums, Charles-Eames-Straße 2, 79576 Weil am Rhein eröffnet und läuft bis Sonntag, den 23. Januar. Bitte informieren Sie sich auf der Website des Vitra Design Museums über aktuelle Informationen.

Memphis: 40 Years of Kitsch and Elegance at the Vitra Design Museum Gallery, Weil am Rhein, (Photo © Masanori Umeda © Studio Azzurro, courtesy Memphis, Milano & courtesy Vitra Design Museum)

„Memphis: 40 Jahre Kitsch und Eleganz“ in der Galerie des Vitra Design Museums, Weil am Rhein, (Foto © Masanori Umeda © Studio Azzurro, mit freundlicher Genehmigung von Memphis, Mailand und Vitra Design Museum)

„Eileen Gray“ in der Bard Graduate Center Gallery

Die Bard Graduate Center Gallery, New York, hat im Jahr 2020 eine Ausstellung zum Werk und Leben der irisch-französischen Designerin und Architektin Eileen Gray gezeigt, die aufgrund der Pandemie nur unter Auflagen und in einem begrenzten Zeitraum besucht werden konnte. Ein internationales Publikum, wie es Eileen Gray verdient hätte, blieb so aus. Umso erfreulicher ist es, dass man die Ausstellung jetzt als Online-Ausgabe wiederfindet. Diese Online-Ausstellung ist  nicht nur ein Pendant zur Offline-Ausstellung, sondern bietet eine reichhaltige, tiefgründige und vielfältige Referenzquelle für eine der interessantesten und wichtigsten Künstlerinnen des frühen 20. Jahrhunderts.

Neben detaillierten Besprechungen von bekannten und weniger bekannten Projekten Grays, die mit prägnanten Texten und vielen Fotos ergänzt werden, bietet „Eileen Gray“ auch eine sehr knappe, aber trotzdem gründliche und umfassende Einführung zur Person Eileen Gray und ihrer Biografie. Die Geschichte von Eileen Gray und Marisa Damia, die in Damias Cabrio und mit Damias Panther auf dem Rücksitz durch die Pariser Boulevards der 1920er Jahre cruisten, fehlt allerdings. Wenn es nach uns ginge, sollte diese Erzählung in jeder Eileen-Gray-Biografie auftauchen.

Das tut der Präsentation jedoch keinen Abbruch. Zudem enthält die Online-Ausgabe auch das für die Ausstellung vorbereitete pädagogische Material. Dazu gehört eine Reihe von Aktivitäten im Zusammenhang mit Möbeln und Innendesign für Jung und Alt. So werden einem in Form von Erkundungen und Entdeckungen auf sehr erfreuliche Weise Eileen Gray und ein besseres Verständnis ihres Werkes näher gebracht. Wir denken, dass Eileen Gray, die beruflich und persönlich zu Entdeckungsreisen neigte, einverstanden gewesen wäre.
Eileen Gray in der Bard Graduate Center Gallery

Eileen Gray - Bard Graduate Center Gallery Online

„Peter Gustaf Dorén. Ein Hamburger Raumkünstler um 1900“ im Museum für Kunst und Gewerbe, Hamburg

Die Entwicklungen des Designs während der letzten Jahrzehnte des 19. und der ersten Jahrzehnte des 20. Jahrhunderts sind weder geradlinig noch klar vorgezeichnet und lassen sich deshalb oft am besten anhand der Hauptpersonen und ihrer jeweiligen mäandernden Lebenswege nachvollziehen.

Einer dieser Protagonisten war Peter Gustaf Dorén, der am 21. September 1857 im südschwedischen Sireköpinge geboren wurde, zunächst eine Ausbildung zum Dekorationsmaler in Eslöf und Lund absolvierte und nach kurzen Stationen in Kopenhagen, Düsseldorf und Paris 1887 sein eigenes Atelier in Hamburg gründete. Er stieg zu einem der bedeutendsten und einflussreichsten Innenarchitekten der Stadt auf. Von diesem Aufstieg zeugt die Tatsache, dass Doréns Werkstatt für Wohnungskunst auf dem Höhepunkt seines Erfolges rund 200 Mitarbeitende beschäftigte.

Und wer kann das heute schon von sich behaupten?

Mit einer Präsentation von Dokumenten, Skizzen und Fotografien soll die Ausstellung „Peter Gustaf Dorén. Ein Hamburger Raumkünstler um 1900“ nicht nur eine Einführung in das Werk des weitgehend in Vergessenheit geratenen Peter Gustaf Dorén liefern, sondern vor allem einen Einblick in Ansätze, Methodik und Positionen eines Innenarchitekten und Dekorateurs gewähren, der im späten 19. und frühen 20. Jahrhundert gut vernetzt und weit gereist war.

Dorén war als Gestalter eng mit den sich entwickelnden Auffassungen des späten 19. und frühen 20. Jahrhunderts verbunden und entwickelte so notwendigerweise sein eigenes Verständnis und seine eigene Praxis weiter. Sein Leben und Werk sollten so eine differenzierte Perspektive auf die Entwicklung von Innenarchitektur und Dekoration und das damit verbundene Business zu dieser Zeit ermöglichen.

„Peter Gustaf Dorén. Ein Hamburger Raumkünstler um 1900“ wird am Freitag, den 5. Februar, im Museum für Kunst und Gewerbe, Steintorplatz, 20099 Hamburg, eröffnet und läuft bis Sonntag, den 30. Mai. Bitte informieren Sie sich auf der Website des Museums für Kunst und Gewerbe Hamburg über die aktuelle Ausstellung.

Peter Gustaf Dorén Interior Design in Hamburg circa 1900 at the Museum für Kunst und Gewerbe, Hamburg (Photo © Peter Nils Dorén, courtesy Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg)

Peter Gustaf Dorén, Inneneinrichtung in Hamburg ca. 1900, Museum für Kunst und Gewerbe, Hamburg (Foto © Peter Nils Dorén, mit freundlicher Genehmigung des Museums für Kunst und Gewerbe Hamburg)

Marcel Breuer Digital Archive

Der 1902 im ungarischen Pécs geborene Marcel Breuer war nicht nur einer der bedeutendsten und interessantesten Bauhäusler, sowie eine der treibenden Kräfte hinter der Entwicklung und Verbreitung von Stahlrohrmöbeln und Möbeln aus Formsperrholz. Er war auch eine wichtige Stimme in der Architektur des 20. Jahrhunderts, vor allem im Kontext der Entwicklungen während der Zwischenkriegsjahre in Amerika und Europa.

Breuer hat über Zeit und Raum hinweg auf ganz unterschiedlichen Ebenen große Relevanz. Das macht es erforderlich, Breuer, sein Leben und sein Werk besser kennenzulernen. Diese Aufgabe wird durch das sogenannte Marcel Breuer Digital Archive sehr erleichtert und gefördert.

Gehostet und geleitet von den „Syracuse University Libraries“ in Syracuse, New York, mit Beiträgen von internationalen Institutionen wie, unter vielen anderen, den Archives of American Art, dem gta Archiv/ETH Zürich, dem Vitra Design Museum oder dem Bauhaus Archiv Berlin, macht das Marcel Breuer Digital Archive über 80.000 Briefe, Fotos, Skizzen, Zeitschriftenartikel, Rechnungen etc. rund um die Uhr zugänglich. Diese Möglichkeiten erlauben uns nicht nur ein besseres Verständnis von Breuer, sondern helfen uns, Breuer besser innerhalb der Geschichte von Architektur und Design zu verorten.

Mit zahlreichen Einstiegspunkten ist das Marcel Breuer Digital Archive, wie die Zahl „über 80.000“ schon nahelegt, eine wahre Fundgrube. Der durchdachte Aufbau ermöglicht es, entweder strukturiert oder zufällig vorzugehen: Letzteres ist unsere bevorzugte Option. Man kann einfach irgendwo eintauchen, Eames, Aalto, Knoll, Beleuchtung, oder was auch immer als Ausgangspunkt wählen, und sich dann von dort aus strukturiert vorwärtsbewegen.

Neben der detaillierten Katalogisierung und den Vernetzungen, die diese ermöglicht, und einer Unmenge an Briefen und Dokumenten, die faszinierende Einblicke in das Leben und den Werdegang von Marcel Breuer bieten, ist vor allem die extrem hohe Auflösung der Scans sehr erfreulich. Besucherinnen und Besucher kommen so ganz nah an die Skizzen, Entwürfe und Fotos und damit ganz nah an Marcel Breuer heran.
Marcel Breuer Digital Archive
marcel breuer digital archive

„The Kinship Method“ im Rian Designmuseum, Falkenberg, Schweden

Das Projekt „The Kinship Method“ hatte seinen ersten öffentlichen Auftritt im Rahmen der Stockholm Design Week im Februar 2020. Und auch wenn es aus heutiger Sicht so scheint, als würden wir über ein anderes Zeitalter reden, sind seitdem gerade einmal 12 Monate vergangen.

Das von der Stockholmer Designerin Margot Barolo ins Leben gerufene Projekt „The Kinship Method“ beauftragte die fünf Designerinnen und Designer Fredrik Paulsen, Erik Björk, Mia Cullin, Andreas Nobel und Margot Barolo mit der Entwicklung jeweils eines Stuhls, der dann an eine andere Person aus dem Quintett weitergegeben wurde, die wiederum die Aufgabe hatte, diesen Stuhl zu einem neuen Stuhl weiterzuentwickeln.

Das Ergebnis ist eine Kollektion von 15 Stühlen, bei denen es sich zwar um gemeinsame Arbeiten, aber nicht um kollaborative Objekte im klassischen Sinne handelt. Vielmehr sind diese Stühle das Ergebnis von Interpretationen. Es geht darum, wie man das, was man vor sich hat, weiterentwickeln kann. In vielerlei Hinsicht stellt dieses Projekt so eine fokussierte, wenn auch künstliche Verkörperung der fortlaufenden Entwicklung des Möbeldesigns dar. Denn in Wahrheit ist das, was die meisten Möbeldesignerinnen und -designer entwerfen, nicht neu, sondern von dem geprägt und beeinflusst, was ist und war und beruht auf Interpretationen und Übersetzungen, die sich aus den eigenen Positionen und dem Verständnis der einzelnen Personen ergeben.

Das geschieht natürlich nicht immer so bewusst wie bei „The Kinship Method“ und auch nicht in einem so abstrakten und klar abgesteckten Kontext.

Für die Präsentation der 15 Stühle von „The Kinship Method“ bedeutet das, dass es, so interessant sie auch sein mögen, weniger um die Objekte selbst und vielmehr darum geht, was uns ihr Entwicklungsprozess über den Prozess des Möbeldesigns und die Rolle und Funktion der Möbeldesignerinnen und -designer lehren kann. Daraus ergibt sich in der Folge eine Lektion über zeitgenössische Möbel, zeitgenössisches Möbeldesign und die zeitgenössische Möbeldesignindustrie.

„The Kinship Method“ wird am 6. Februar im Rian Designmuseum, Skepparesträtet 2, 311 74 Falkenberg eröffnet und läuft bis Sonntag, den 2. Mai.

Bitte besuchen Sie die Website des Rian Designmuseums für aktuelle Informationen. Weitere Informationen zum Projekt finden Sie unter https://thekinshipmethod.com.

The Kinship Method at the Rian Designmuseum, Falkenberg (Photo © Karin Björkquist, courtesy Rian Designmuseum)

„The Kinship Method“ im Rian Designmuseum, Falkenberg (Foto © Karin Björkquist, mit freundlicher Genehmigung des Rian Designmuseum)

Tagged with: , , , , , , , , , , , , , ,