„Garden Futures. Designing with Nature“ im Vitra Design Museum, Weil am Rhein

Welche Rolle Außenräume für den Menschen spielen, ist durch die Erfahrungen der letzten Jahre deutlich in den Vordergrund gerückt: Dabei geht es nicht nur um frische Luft, Bewegung, Entspannung und körperliches Wohlbefinden, sondern auch um unsere geistige Gesundheit. 

Mit “Garden Futures. Designing with Nature” erforscht das Vitra Design Museum, Weil am Rhein, den Garten als einen solchen Außenraum, das heißt auch als kulturellen, architektonischen, sozialen und politischen Raum. So ermöglicht die Ausstellung nicht nur Reflexionen und Überlegungen zum Thema Gärten, sondern auch zu den Beziehungen des Menschen zur Natur im weiteren Sinne.

Meadow by Alexandra Kehayoglou, as seen at Garden Futures. Designing with Nature, Vitra Design Museum, Weil am Rhein

„Wiese“ von Alexandra Kehayoglou, gesehen bei „Garden Futures. Designing with Nature“, Vitra Design Museum, Weil am Rhein

In vielen Kulturen symbolisieren Gärten Vollkommenheit und das Paradies. Nicht umsonst steht der Garten in den monotheistischen Religionen für das Paradies und für die Wiege der Menschheit. Im Christentum handelt es sich um den Garten Eden, der Islam bezeichnet diesen Garten als Dschanna. Der Ort, an dem die ersten Menschen entstanden sind.1

Die Ausstellung “Garden Futures. Designing with Nature” beginnt ebenfalls mit dem Kapitel “Paradies”. Dieser Abschnitt  nähert sich dem Konzept des Gartens aus zahlreichen Perspektiven. Das geschieht unter anderem durch eine multimediale Präsentation von Gärten und dazugehörigen Konzepten aus verschiedenen Epochen und Kulturen. Dazu gehören Bilder von, zum Beispiel den Oasen des Nahen Ostens, den japanischen Zen-Gärten oder den pompösen, dekadenten Gärten des barocken Frankreichs. Hinzu kommen Gedanken zum Garten von u.a. Luis Barragán, Nadine Olonetzky oder Michel Foucault. Außerdem umfasst dieser Abschnitt eine Auswahl von Gartenstühlen, die, wie die Kuratoren anmerken, Beispiele für den Wandel im Laufe der Zeit von Parks zu Gärten, von öffentlichen Räumen zu privaten Räumen, von gemeinschaftlichen Bänken zu individuellen Stühlen sind. Dazu gehören Gartenstühle wie zum Beispiel Aino Aaltos Gartenliege von 1938/39, Loop von Willy Guhl für Eternit aus dem Jahr 1954; oder ein klappbarer Samsonite-Ganzmetallsessel von Russel Wright aus dem Jahr 1949.

Das Eröffnungskapitel stellt auch eine Taxonomie der Gartengeräte vor: scheinbar banale Utensilien, die daran erinnern, dass Gärten nicht nur wilde Natur im Kleinen sind, sondern auch Landwirtschaft im Kleinen. Das heißt, Gärten sind zwar Orte der Erholung, aber oft auch Räume zum Arbeiten. Hier wird auch deutlich, wie sich selbst solch scheinbar banale Geräte mit sehr begrenzten und spezifischen Funktionen im Laufe der Zeit weiterentwickelt haben.

A collection of garden chairs. And some garden tools, as seen at Garden Futures. Designing with Nature, Vitra Design Museum, Weil am Rhein

Eine Sammlung von Gartenstühlen und einige Gartengeräte, gesehen bei „Garden Futures. Designing with Nature“, Vitra Design Museum, Weil am Rhein

Zu der Präsentation scheinbar banaler Werkzeuge gehören auch Beispiele von Zäunen. Sie erinnern daran, dass Gärten seit langem geschlossene Räume sind. Entweder sind Gärten von der realen Natur/Landwirtschaft abgegrenzt, die sie zu imitieren und zu kopieren versuchen, oder Zäune markieren die Grenzen des Eigentums. Scheren und Gartenscheren, erinnern daran, dass Gärten zwar natürliche Umgebungen sind, dass es sich aber nicht um eine Natur handelt, der man erlaubt, natürlich zu wachsen, sondern um eine, die wir formen, gestalten und kontrollieren. Oder wie Jean-Jacques Rousseaus Julie d’Étanges über ihren sorgfältig gepflegten Garten in der Wildnis sagt: „Il est vrai, dit-elle, que la nature a tout fait, mais sous ma direction“, Es ist wahr, dass die Natur alles gemacht hat, aber unter meiner Leitung.2 Eine Sammlung von Sensen erinnert sehr an Enzo Mari, der einmal eine Ausstellung ganz aus Sensen gemacht hat.3

Mari verstand die Sensen nicht nur als Symbol dafür, was Design sein sollte, sondern als Metapher für die Entwicklung der menschlichen Zivilisation, einschließlich ihrer chronischen aktuellen Malaise. Er meinte auch, dass Designstudierende ein Semester lang als Bauern arbeiten sollten, um zu lernen, was wirklich wichtig ist.

Zäune, Scheren, Gartenscheren, Sensen, Gartenstühle, sowie Ideale des perfekten Gartens erlauben es, den Garten als gestalterische und natürliche Umgebung zu betrachten, geben dem Garten aber auch als politische Position eine Gestalt.

Das wäre dann eine gute Grundlage, um zum zweiten Kapitel von “Garden Futures” überzugehen: Die Politik des Gartens.

In diesem Kapitel geht es weniger um Streitigkeiten mit den Nachbarn über Hunde, Grillen, tiefhängende Äste und Trampoline. Gezeigt werden 6 prägnante Schaukästen, die verschiedene Themen behandeln. Dazu gehört zum Beispiel das Thema “Gärten und Kolonialismus” im Zusammenhang mit dem so genannten Wardian Case, einem transportablen Terrarium, das im 19. Jahrhundert entwickelt wurde, um lebende Pflanzen aus den Kolonien nach Europa zu transportieren, mit all den Folgen, die dies für die einheimische europäische Flora und Fauna und auch für die Heimatregionen, die vom Kolonialismus ausgebeutet wurden, hatte. Ein weiteres Thema ist “Gärten und Stadtplanung”. Hier liegt das Hauptaugenmerk auf der Gartenstadt als Antwort des frühen 20. Jahrhunderts auf die Probleme der städtischen Umgebung des späten 19. Jahrhunderts. Des weiteren geht es um “Gärten und Aktivismus”. Hier wird vor allem die Praxis des Guerilla Gardening erforscht, jenes Anpflanzen von Blumen, Gras, Gemüse an Stellen, wo öffentliche Behörden und Privatpersonen nie Gärten vorgesehen haben. Das 1975 erschienene Greenpaper ist eine Art Manifest des in New York City ansässigen Kollektivs Green Guerillas und hält fest, dass „das Ausstreuen und Einpflanzen von Samen mehr Spaß macht als Graffiti“. Ob das stimmt, ist fraglich, aber es ist sicherlich eine weniger konfrontative Form des Aktivismus und Protests.

A Wardian Case, and discussion on the links between colonialism and gardens, as seen at Garden Futures. Designing with Nature, Vitra Design Museum, Weil am Rhein

Ein Wardian Case und eine Diskussion über die Verbindungen zwischen Kolonialismus und Gärten, gesehen bei „Garden Futures. Designing with Nature“, Vitra Design Museum, Weil am Rhein

Die Überlegungen zu Gärten als soziale, kulturelle, technologische, öffentliche, private und politische Orte, die mehr als nur Pflanzen, Bäume und Wasserspiele beherbergen, werden im Kapitel “Versuchsfelder” fortgesetzt und erweitert. Dieses Kapitel stellt  neun Gärtnerinnen und Gärtner, Gartenaktivistinnen und Gartenaktivisten und eine Reihe ihrer Projekte vor. Projekte, die, wie die Kuratoren meinen, weniger die „Miniaturwelt oder Realitätsflucht“ repräsentieren, die man normalerweise mit Gärten assoziiert, sondern eher „Prototypen der Zuversicht“ – eine sehr schön formulierte Unterscheidung. Zu den Prototypen der Zuversicht gehört zum Beispiel der Tokachi Millennium Forest auf der japanischen Insel Hokkaido, den der Medienmagnat Mitsushige Hayashi mit dem Ziel initiiert hat, nicht nur den natürlichen Lebensraum zu erhalten und zu pflegen, sondern auch den CO2-Fußabdruck von Hayashis Zeitungsimperium zu kompensieren. Hinzu kommt der Garten der Autorin und Journalistin Jamaica Kincaid in Vermont, in dem und durch den Kincaid über Fragen der Kolonisierung, Vertreibung und Aneignung nachdenkt, nicht zuletzt im Zusammenhang mit der Geschichte ihrer Heimat Antigua und der Karibik im weiteren Sinne. Außerdem wird der Garten von Prospect Cottage in Dungeness, England, vorgestellt, den der Künstler Derek Jarman in den späten 1980er Jahren auf scheinbar unfruchtbarem Kies, im Schatten eines Atomkraftwerks und unbarmherzig vom Seewind umtost, angelegt hat. In diesem Garten hat Jarman nicht nur seine eigene HIV-Diagnose und seinen drohenden Tod verarbeitet, sondern auch einen Ort geschaffen, der durch sein Überleben und Gedeihen allen Widrigkeiten zum Trotz zu einem Ort der Inspiration und des Trostes für viele Menschen wurde. Damals und heute.

Das Kapitel umfasst zudem Projekte und Forschungen der niederländischen Landschaftsgärtnerin Mien Ruys, die für eine stärkere Demokratisierung von Gärten und Gartenarbeit eintritt und die ihre aktive Laufbahn in der Atmosphäre der niederländischen Zwischenkriegsmoderne begann. Sie hatte mit Gruppen wie der so genannten Delftse-Schule, einer Reihe von Architekten mit Schwerpunkt auf rationaler Einfachheit und Harmonie und mit der etwas radikaleren, aber ebenso reduzierten, nutzerorientierten und sozial bewussten Architekturgruppen De 8 zu tun. Hier werden wir daran erinnert, dass im Kontext der Architektur und der städtebaulichen Projekte der Zwischenkriegsmoderne Gärten oft viel wichtiger waren, als dies heute bekannt ist: Gärten und Raumplanung spielten eine zentrale Rolle bei Projekten wie beispielsweise der Siedlerbewegung im Wien der frühen 1920er Jahre, dem Projekt Neues Frankfurt Mitte der 1920er Jahre oder den zahlreichen Siedlungen, die ein Bruno Taut in den ersten Jahrzehnten des 20.Jahrhunderts entwickelt hat.

Gärten und Grünflächen spielten auch nach dem Krieg in den von der Moderne geprägten Projekten eines Arne Jacobsen, der selbst Gärtner sein wollte, oder eines Mien Ruys eine zentrale Rolle. Dazu gehört zum Beispiel Ruys‘ Beitrag zur Wohnsiedlung Havikshorst in Amsterdam oder die Erweiterung der Stadt Nagele im/am Noordoostpolder, ein Projekt, an dem unter anderem auch Aldo van Eyck, Gerrit Rietveld oder Mart Stam beteiligt waren. Dieser Einfluss lässt sich auch nach dem Krieg in den ersten Phasen der neuen Stadt Eisenhüttenstadt am äußersten östlichen Rand Deutschlands mit ihren ausgedehnten, für alle frei zugänglichen Grünflächen verfolgen. Bevor Eisenhüttenstadt dann in seiner Spätphase zu einem undurchdringlichen, von giftigem Smog umhüllten Hochhauswald wurde.

Solche modernistischen Positionen zu Gärten und Stadtplanung sind in vielerlei Hinsicht im Kontext des Konzeptes der Gartenstadt und der dazugehörigen Argumente für einen besseren Zugang zu Gärten und Grünflächen entstanden.

Häufig gingen diese Positionen im rasanten Wachstum der Nachkriegsstädte verloren, bzw. sie wurden geopfert. Damit hingen wiederum die Inflation der Grundstückspreise mit ihren Folgen für den Wohnungsbau zusammen. Ein Sachverhalt, der in Garden Futures sehr schön durch das Projekt Kebun-Kebun Bangsar in Kuala Lumpur unterstrichen wird, einem von Aktivisten eingerichteten Gemeinschaftsgarten, der nicht nur eine zugängliche Grünfläche ist, sondern auch ein Ort der Lebensmittelproduktion. Schließlich ist das eine uralte Funktion von Gärten, die immer noch Ernährungssicherheit gewährleistet. Dabei handelt es sich um ein wichtiges zeitgenössisches Thema, das wohl ein noch wichtigeres Zukunftsthema werden wird.

Eines von vielen Themen, die nicht nur für die Zukunft unserer Städte und Gesellschaften, sondern auch für die Zukunft unseres Planeten von großer Bedeutung sind.

Introductions to the work of Piet Oudolf (l) and Mien Ruys (r), as seen at Garden Futures. Designing with Nature, Vitra Design Museum, Weil am Rhein

Einführungen in die Arbeiten von Piet Oudolf (l) und Mien Ruys (r), gesehen bei „Garden Futures. Designing with Nature“, Vitra Design Museum, Weil am Rhein

„Garden Futures. Designing with Nature“ ist eine gut konzipierte, zugängliche und leicht verständliche Präsentation, die mit ihrer Mischung aus Objekten, Fotografien, Filmen, Plänen, sowie mit prägnanten zweisprachigen Texten (Deutsch/Englisch) das Ausstellungsthema in einem kleineren musealen Maßstab sehr geschickt und erfreulich angeht. Das Präsentationsformat enthält dabei bemerkenswerter Weise nicht eine einzige Pflanze. Stattdessen sind die Ausstelllungsräume großflächig und luxuriös mit einem Teppich ausgelegt, der den Eindruck vermittelt, man befände sich auf einem unberührten Rasen. “Garden Futures” ermöglicht es mühelos ein differenziertes Verständnis von Gärten, als Orten des Experimentierens mit neuen Positionen und Ideen, von Gärten als Dokumentatoren von Kulturen und Gemeinschaften, von Gärten als Mikrokosmen und Spiegeln der zeitgenössischen Gesellschaft zu entwickeln. Das schließt auch Gärten als Repräsentanten von Ungleichheiten mit ein: Die Reichen besitzen Gärten, die Armen arbeiten in diesen Gärten – so wie die Reichen über Jahrhunderte hinweg Ackerland besaßen, das von den Armen bewirtschaftet wurde. Die unberührten Rasenflächen, auf denen man durch “Garden Futures” zu gleiten scheint, waren, wie wir von einer Virginia Woolf erfahren, ausschließlich wohlhabenden Männern vorbehalten, während Frauen von aufgeregten Beagles verjagt wurden.4

Den Aspekt der Ungleichheit haben die Covid-Jahre nochmal in den Vordergrund rücken und sich verstärken lassen: Schließlich waren alle mit Garten in einer viel besseren Position  als diejenigen ohne. Und wer braucht schon einen Gartenstuhl, wenn er keinen Garten hat? 

Diese soziale Ungleichheit, und das weiß die Ausstellung herauszustellen, spiegelt sich in den Gärten nicht nur wider, sie bieten auch seit langem selbst einen Weg zur Lösung. Jedoch scheint der Weg zu einer Lösung im Laufe des 20. Jahrhunderts verloren, bzw. geopfert worden zu sein. Langsam aber sicher wird er jedoch wiederentdeckt und neu gegangen. Zu diesem Prozess trägt die Ausstellung “Garden Futures” bei, indem sie es ermöglicht, besser zu verstehen, dass ein Weg in eine bessere Zukunft vor allem darin bestehen könnte, nicht nur das himmlische Paradies als Garten zu verstehen, sondern auch unseren Planeten und unsere Gesellschaften als Garten zu verstehen und zu erkennen, dass wie bei jedem Garten die Art und Weise, wie wir ihn behandeln, seine Gesundheit, seine Vitalität, seine Handlungsfähigkeit und letztendlich seine Auswirkungen auf unser körperliches und geistiges Wohlbefinden beeinflusst.

 

The Garden of Ideas, as seen at Garden Futures. Designing with Nature, Vitra Design Museum, Weil am Rhein

The Garden of Ideas, gesehen bei „Garden Futures. Designing with Nature“, Vitra Design Museum, Weil am Rhein

Solche Gedanken und Überlegungen werden im letzten Kapitel von Garden Futures sehr stark in den Vordergrund gerückt und verstärkt.

Dieses letzte Kapitel wird von der Textilinstallation “Meadow” von Alexandra Kehayoglou dominiert, einem weitläufigen gewebten und getufteten Werk, das von den Wildblumenwiesen der griechischen Insel Milos inspiriert ist und auf ihnen basiert. Es handelt sich gewissermaßen um eine gewebte Textilwiese, eine zeitgenössische Interpretation der Darstellung einer Oase, wie sie in traditionellen Teppichen des Nahen Ostens zu finden ist. Die Besucher sind eingeladen sie zu betreten, sich darauf zu entspannen und zu reflektieren, als befänden sie sich auf einer echten Wiese.

Konzeptionell wird dieses Kapitel vom sogenannten Garten der Ideen dominiert: Eine flüchtige Einführung in etwa 23 globale Projekte und Positionen, die für die Kuratoren interessante und aufschlussreiche zukunftsorientierte Gartenkonzepte darstellen. Zukunftsorientierte, soziale Konzepte, die von Gärten und Gartenarbeit inspiriert sind und Möglichkeiten für die Zukunft unseres Planeten und unserer menschlichen Gesellschaften aufzeigen.

Dazu gehören zum Beispiel die Anwendung von Stadtplanungsstrategien, die Tiere ebenso berücksichtigen wie Menschen, die uns daran erinnern, dass wir nicht allein in unserem Garten sind. Tolou Keur im Senegal ist ein kreisförmiger Lebensmittelwald, der im Rahmen der sogenannten Großen Grünen Mauer angelegt wurde, einem Projekt, das darauf abzielt, ein Mosaik neuer Grünflächen auf dem gesamten afrikanischen Kontinent zu schaffen, um der Wüstenbildung an den Rändern der Sahelzone entgegenzuwirken. Das essbare Viertel Rijnvliet in der Nähe von Utrecht steht den Anwohnern mit seinem 150 000 m2 als Grünfläche und als Speisekammer mit rund 200 essbaren Pflanzen zur freien Verfügung. Ein wesentlicher Bestandteil der von den französischen Architekten Lacaton, Vassal, Druot & Hutin durchgeführten Umgestaltungen, Renovierungen und Wiederverwertungen von Hochhäusern aus den 1960er Jahren sind nachgerüstete Wintergärten, die den Bewohnern in vielerlei Hinsicht eine Verbindung zur Natur und einen Raum für Grünflächen zurückgeben, die ihnen die Stadtplaner in den 1960er Jahren weggenommen haben. Bei den Chinampas handelt es sich um schwimmende Gärten in Mexiko. Ein Ansatz, der von den Azteken verwendet wurde, die, wie Jamaica Kincaid 1992 in ihrem Essay Flowers of Evil feststellt, (einem Essay über Kolonialismus, Kontrolle, Macht und Gartenarbeit, der in Garden Futures nachzulesen ist), zu den Dingen gehörte, die die spanischen Eroberer nach ihrer Ankunft in Mexiko zerstörten. 

Den vorgestellten Projekten und Vorschlägen geht es in vielerlei Hinsicht darum, die Zäune, die Gärten traditionell umgeben, metaphorisch und physisch zu dekonstruieren. Diese Dekonstruktion lässt sich in “Garden Futures” über die Modernisten der Zwischenkriegszeit bis hin zu den Protagonisten der Gartenstädte zurückverfolgen. Es geht darum, sich metaphorisch und physisch vom individuellen Gartenstuhl zurück zur Gemeinschaftsbank zu bewegen. Und es geht um eine Auseinandersetzung mit den Exzessen des individuellen Egos, die wohl die Wurzel der Verbannung der Menschheit aus jenem ersten Paradies und unserer drohenden Verbannung von diesem Planeten sind. Es geht darum, die für die Gartenarbeit zur Verfügung stehenden Werkzeuge zu erweitern, indem konzeptionelle Werkzeuge eingeführt und weiterentwickelt werden. Es geht um Gartenarbeit jenseits der Notwendigkeit, die Natur zu kontrollieren, zu optimieren, zu nutzen, zu monetarisieren und zu besitzen, und stattdessen um Gartenarbeit als Zusammenarbeit mit der Natur.

Die Projekte und Vorschläge knüpfen auch an das im ersten Kapitel angedeutete Verständnis des Gartens als politische Position an. Sie sind zwar nicht alle genau die „Prototypen der Hoffnung“, die wir zu Begin ”Garden Futures” kennengelernt haben, aber sie sind Komponenten eines funktionierenden Modells der Hoffnung. Sie unterstreichen, dass der Status quo nicht unvermeidlich ist, dass wir ihn ändern können, aber dass der Wandel nur stattfinden kann, wenn wir alle handeln. Wenn wir alle zu Gärtnern werden. Gärtner, die gemeinsam für ein universelles, greifbares, irdisches Paradies arbeiten, das diesen Namen auch verdient.

„Garden Futures. Designing with Nature“ ist noch bis Dienstag, 3. Oktober, im Vitra Design Museum, Charles-Eames-Str. 2, 79576 Weil am Rhein zu sehen.

Ausführliche Informationen, u.a. zu Öffnungszeiten, Ticketpreisen, aktuellen Hygienevorschriften und dem begleitenden Rahmenprogramm finden Sie unter www.design-museum.de/garden-futures.

Darüber hinaus ist ein reich bebilderter Katalog mit Interviews und Essays erhältlich.

The introduction to Jamaica Kincaid's Vermont garden, and examples of her work, as seen at Garden Futures. Designing with Nature, Vitra Design Museum, Weil am Rhein

Einführung zu Jamaica Kincaid’s Vermont Garten, gesehen bei „Garden Futures. Designing with Nature“, Vitra Design Museum, Weil am Rhein

Government campaigns to encourage more home grown veg in periods of War, as seen at Garden Futures. Designing with Nature, Vitra Design Museum, Weil am Rhein

Regierungskampagnen zur Förderung von mehr heimischem Gemüse in Kriegszeiten, gesehen bei „Garden Futures. Designing with Nature“, Vitra Design Museum, Weil am Rhein

Tree-trunk bench by Jurgen Bey as an apposite place to watch films of gardens as Testing Grounds, gardens as “prototypes of hope”, as seen at Garden Futures. Designing with Nature, Vitra Design Museum, Weil am Rhein

Baumstammbank von Jurgen Bey als geeigneter Ort, um Filme über Gärten als Testgelände, Gärten als „Prototypen der Hoffnung“ anzusehen, gesehen bei „Garden Futures. Designing with Nature“, Vitra Design Museum, Weil am Rhein

Introductions to Derek Jarman's garden at Prospect Cottage, Dungeness (r) and Kebun-Kebun Bangsar, Kuala Lumpur (l), as seen at Garden Futures. Designing with Nature, Vitra Design Museum, Weil am Rhein

Einführungen in den Garten von Derek Jarman in Prospect Cottage, Dungeness (r) und Kebun-Kebun Bangsar, Kuala Lumpur (l), gesehen bei „Garden Futures. Designing with Nature“, Vitra Design Museum, Weil am Rhein

Images from Lalage Snow's photo series War Gardens (l) and a discussion on the Garden City concept (r), as seen at Garden Futures. Designing with Nature, Vitra Design Museum, Weil am Rhein

Bilder aus der Fotoserie War Gardens von Lalage Snow (l) und eine Diskussion über das Gartenstadtkonzept (r), gesehen bei „Garden Futures. Designing with Nature“, Vitra Design Museum, Weil am Rhein

The Vitra Design Museum and its own cherry garden......

Das Vitra Design Museum und sein eigener Kirschgarten……

The Oudolf Garten on the Vitra Campus as seen in late March 2023.............but change is a comin'

Der Oudolf Garten auf dem Vitra Campus gesehen im  März 2023…

1. Wir sind nicht ganz sicher, ob wir mit unseren Behauptungen in Bezug auf Jannah richtig liegen, es gibt mehrere Interpretationen. Wir glauben jedoch, dass diese Interpretation möglich ist. Es gibt sicherlich eine Ausweisung aus Jannah als Folge einer Übertretung, und deshalb machen wir sie zu rhetorischen Zwecken. Aber es ist vielleicht nicht ganz korrekt, zitieren Sie uns nicht damit…….

2. Jean-Jacques Rousseau, Julie ou la Nouvelle Héloïse, first published 1761, Here from Part Four, Letter XI (Our translation)

3. Enzo Mari, Perchè una mostra di falci? Why an exhibition of scythes? Danese Milano, September 1989

4. see Virginia Woolf, A Room of One’s Own, 1929

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