Bauhaus Dessau: Das Bauhaus in Kalkutta. Eine Begegnung kosmopolitischer Avantgarden

Nach der Ausstellung von 2011, „Kibbuz und Bauhaus„, präsentiert die Stiftung Bauhaus Dessau derzeit eine weitere Ausstellung, die dem globalen Wirken des Bauhauses gewidmet ist. Oder vielleicht besser, das Bauhaus Dessau hat mal wieder eine Ausstellung aufbereitet, die die Ausdehnungen des weltweiten Netzwerkes Bauhaus und seiner Studenten unter die Lupe nimmt. Dieses Mal geht die Reise nach Indien. Und während sich „Kibbuz und Bauhaus“ stark auf die Architektur und Stadtplanung konzentriert hat, ist „Bauhaus in Kalkutta“ reine Kunst.

1922 veranstaltete die Indian Society of Oriental Art eine Ausstellung mit Arbeiten von Bauhaus Künstlern wie Paul Klee, Lyonel Feininger und Johannes Itten neben Arbeiten von führenden Figuren in der indischen Avantgarde Bewegung, u.a. Shanta Devi, Nandalal Bose und Gaganendranath Tagore. Diese Ausstellung ist nun in Dessau zu sehen.

Die Ausstellung von 1922 war ein Dialog zwischen zwei aufkommenden Avantgarde Bewegungen; zwei aufkommenden Avantgarde Bewegungen, die trotz ihres sehr unterschiedlichen Hintergrundes und verschiedener Intentionen in mehreren gemeinsamen Grundsätzen miteinander verbunden waren. Bei der aktuellen Ausstellung geht es, obwohl sie ca. 160 Kunstwerke präsentiert, vor allem um den Hintergrund der Kalkutta-Ausstellung als um das Ausgestellte als solches.

„Bauhaus in Kalkutta“ beginnt mit einer Einführung zu den Ursprüngen der indischen Künstlerbewegung, die in Verbindung mit der Indian Society of Art und der Bengal School stand, bevor es mit der Rolle der „Weltstädte“, wie sie die Kuratoren nennen, weitergeht – gemeint sind Berlin, London, Wien und Kalkutta – und die die intellektuellen und kulturellen Netzwerke etablierten, die so eine Ausstellung überhaupt erst denkbar machten. Außerdem wird auf Ähnlichkeiten und Unterschiede der Verhältnisse im frühen 20. Jahrhundert innerhalb Deutschlands auf der einen und Indiens auf der anderen Seite hingewiesen.

Nachdem der Hintergrund geklärt wurde, stellt die Ausstellung Arbeiten von ausgewählten Künstlern aus Indien und dem Bauhaus vor; obwohl – und das hatten wir ursprünglich anderes verstanden – nicht alle Werke in Dessau auch in Kalkutta gezeigt wurden. Vielmehr ist die Ausstellung eine „repräsentative Rekonstruktion“ der Ausstellung von 1922: da sind einige originale Arbeiten, die auch schon in Indien gezeigt wurden, einige „Referenzstücke“ von Künstlern, von denen andere Arbeiten ausgestellt wurden, und Reproduktionen von Exponaten der original Ausstellung.

Obwohl es natürlich schön wäre, wenn man nur die Originale von 1922 ausgestellt hätte, ist davon auszugehen, dass wegen der 90 Jahren, die seitdem vergangen sind, und wegen der relativ unvollständigen Dokumentation, die Kuratoren die original Exponate einfach nicht auffinden und/oder ausleihen konnten. Insofern ist ihre „repräsentative Rekonstruktion“ eine absolut legitime Alternative und bietet eine wunderbare Wiedergabe von dem, was die Ausstellungsbesucher 1922 erlebt haben müssen.

Was „Bauhaus in Kalkutta“ nicht macht, ist tiefgehend zu reflektieren, wie die Langzeitwirkungen der Ausstellung von 1922 aussahen und wie die indische Kunstszene im speziellen vom Wirken der deutschen Gäste beeinflusst wurde. Oder andersrum.

Indien, oder besser gesagt der indische Subkontinent, hat natürlich etwas von den Entwicklungen am deutschen Bauhaus zu Spüren bekommen: Le Corbusier und Louis Kahn als zwei der prominentesten Modernisten haben ihre Spuren in der Region hinterlassen, und Charles und Ray Eames schrieben 1958 ihren „India Report“ für die indische Regierung, der schließlich zur Gründung vom Indian National Institute of Design führte.

Inwieweit diese späteren Entwicklungen mit den Kontakten und Erfahrungen, die 1922 gemacht wurden, in Verbindung gebracht werden können, steht noch zu diskutieren aus. Unserer Meinung nach wäre das eine gute Idee für eine nächste Ausstellung.

„Bauhaus in Kalkutta. Eine Begegnung kosmopolitischer Avantgarden“ ist bis zum 30. Juni bei der Bauhaus Stiftung Dessau zu sehen.

Neben der Ausstellung findet ein Rahmenprogramm mit Gesprächen, Konzerten und Workshops statt.

Vollständige Informationen unter: www.bauhaus-dessau.de

 

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