Geld @ smac – Staatliches Museum für Archäologie in Chemnitz

Geld regiert die Welt!

Wie es dazu kam, welche Konsequenzen das hat und wohin uns diese Tatsache letztendlich führen wird – all das untersucht momentan die Ausstellung „Geld“ im Staatlichen Museum für Archäologie Chemnitz, kurz smac.

Geld @ smac – State Museum for Archaeology in Chemnitz

„Geld“ @ smac – Staatliches Museum für Archäologie Chemnitz

„Als Institution wollen wir Ausstellungen präsentieren, die sich mit zentralen Themen der Menschheit auseinandersetzen. Geld ist genau so ein Thema, und ein Thema mit dem wir alle andauernd zu tun haben“, so Dr. Jens Beutmann, Chefkurator des smac, zum Hintergrund der Ausstellung.

Zu diesem Zweck setzt sich die Ausstellung mit historischen und zeitgenössischen Aspekten des Geldes und der „Bezahlsysteme“ im Kontext verschiedenster Kulturen auseinander, und behandelt so Fragen wie: Was ist Geld? Wie ist es entstanden? Welche Formen kann Geld annehmen? Welchen Einfluss hat Geld auf uns? Und schließlich: Hat Geld eine Zukunft?

Dem Ausstellungskonzept gelingt es, die archäologische Dimension des Geldes abseits der leicht ramponierten römischen Münzen zu thematisieren, in die immer das Portrait von Trajan, Cäsar Augustus oder wem auch immer eingeprägt ist. Anstatt uns also wie sonst verdutzt in Ausstellungsvitrinen starren zu lassen, präsentiert die Ausstellung Archäologie im Kontext aktueller sozialer, kultureller und politischer Bereiche.

Und das ist angenehm erfrischend!

Zu den interessanten Aspekten der Ausstellung gehört beispielsweise die Einsicht, dass Geld ein künstliches Konstrukt ist und dass es sich beim damit verbundenen Papiergeld tatsächlich nur um Papier handelt. Zu Geld – zu etwas Wertvollem – wird es nur, wenn eine andere Gruppe es als solches akzeptiert und es als solches zu verstehen beginnt. Sollte diese andere Gruppe ihre Meinung ändern, bleibt nichts anderes übrig, als ein Stück Papier. Eine akzeptierte Tatsache, die stets durch das Vertrauen hervorgehoben wird, das jeder Transaktion von Werten – seien das Papiergeld, Muscheln oder Anteile – entgegengebracht wird. Allerdings auch eine Tatsache, die im Kontext unserer modernen, virtuellen Bezahlsysteme eine völlig neue Signifikanz erhält… schließlich steht man finanziell immer nur so gut da, wie es einem der Computer sagt. Aber wer kontrolliert diesen Computer? Natürlich nicht man selbst – soviel ist klar. Und wann hat man sich das letzte mal deshalb Sorgen gemacht?

A Rai, stone money from the Island of Yap, Micronesia. Good for land deals in Micronesia, less so for settling your tab at the bar.....as seen at Geld, smac – State Museum for Archaeology in Chemnitz

Ein Rai, Steingeld von der Insel Yap, Micronesien. Geeignet für Landgeschäfte in Micronesien – weniger um seinen Deckel an der Bar zu bezahlen… . Gesehen im smac – Staatliches Museum für Archäologie Chemnitz

Als erste selbst kuratierte Ausstellung des Staatlichen Museums für Archäologie seit der Eröffnung 2014, präsentiert „Geld“ um die 500 Objekte. Dabei blickt man nicht nur auf „Geld“ an sich – ja, es gibt alte Münzen in Ausstellungsvitrinen, dank kontextueller Einbindung geht das allerdings in Ordnung – sondern untersucht auch alternative „geldlose“ Bezahlsysteme und die Entwicklung aktueller, virtueller Finanzsysteme von den ersten Tagen der Buchhaltung an. Zudem gibt die Ausstellung Auskunft über die legale wie auch illegale Produktion und Verbreitung von Geld und die unzähligen Wege, auf denen Geld zur Formung unserer heutigen Gesellschaft beigetragen hat.

Man könnte auch behaupten, dass nicht das Geld als solches, sondern vielmehr unsere Jagd nach dem Geld, unsere Versuche, Geld anzuhäufen und zu kontrollieren, die Entwicklung weg vom Jäger und Sammler – der Wandel von der natürlichen zur Finanzwelt – dazu beigetragen haben, unsere heutige Gesellschaft zu formen.

„Geld machen wir zu dem, was es ist, Geld hat keinen eigenen Willen, entwickelt allerdings seine eigene Dynamik“, erklärt Dr. Beutmann. Und worin diese Dynamik ihren Ausdruck findet, wird sehr eloquent anhand zahlreicher Bemühungen demonstriert, die Menschen auf sich nehmen, nur um Geld zu akquirieren: Diebstahl, Glücksspiel, Fälschung. Man kann natürlich auch einfach arbeiten und so Geld verdienen – in Anbetracht von Berufen wie Prostitution stellt sich das allerdings nochmal in einem ganz anderen Licht dar.

In ähnlicher Weise erinnert einen auch die Tatsache, dass mancher in Form von Pfandflaschen den Müll anderer Leute sammeln muss, um Geld zu verdienen immer wieder daran, dass Geld eine grundlegende Notwendigkeit ist, und dass dessen Verteilung nicht fair verläuft. Dieses Missverhältnis innerhalb der Finanzsysteme beeinflusst ebenfalls seit Langem die Art und Weise, wie sich unsere Gesellschaft entwickelt und trägt auch seit Langem zu unserem modernen Verständnis von und Verhältnis zu Geld bei.

Buying love, privately or commercially...... as seen at Geld, smac – State Museum for Archaeology in Chemnitz

Liebe kaufen, privat oder kommerziell… gesehen in der Ausstellung „Geld“, smac – Staatliches Museum für Archäologie Chemnitz

Weil so vieles von dem, was mit Geld zu tun hat, auf Vertrauen basiert und weil Geld gleichzeitig eine grundlegende Notwendigkeit und ein begehrtes Objekt ist, etwas an dem alle interessiert sind und von dem alle einen Teil haben möchten, versagen „Wertesysteme“ immer wieder von neuem und Blasen zerplatzen als handle es sich um ein natürliches Phänomen, etwas, worauf niemand Einfluss oder worüber niemand Kontrolle hätte – ein beliebter Euphemismus. Im 17. Jahrhundert wurde die holländische Tulpenmanie zum Tulpenalptraum, der „Black Tuesday“ 1929 brachte Amerika die „Black 1930s“, und auch die Fragilität unseres aktuellen Finanzsystems wird in einem Abschnitt der Ausstellung sehr genau unter die Lupe genommen. Die Finanzkrise von 2007 und die Konsequenzen werden en détail untersucht, bevor die Ausstellung dann flüssig und klug auf die Frage nach der Zukunft des Geldes bzw. auf die Frage überleitet, ob Geld überhaupt eine Zukunft hat.

An East German era cash machine....as seen at Geld, smac – State Museum for Archaeology in Chemnitz

Ein Geldautomat aus DDR-Zeiten… gesehen in der Ausstellung „Geld“, smac – Staatliches Museum für Archäologie in Chemnitz

In Anbetracht dieses deutlichen sozialen und kulturellen Fokus, stellt sich natürlich die Frage, inwiefern „Geld“ überhaupt noch eine archäologische Ausstellung ist? Dr. Beutmann meint dazu: „Ja, durchaus ist sie das. Als Disziplin befasst sich die Archäologie mit materiellen Dingen, das heißt wir versuchen die Geschichte nicht anhand von Texten zu erklären, sondern anhand von Objekten. Unabhängig von Alter und Ursprung behandeln wir diese Objekte als historische Quellen.“ Ganz egal also, ob ein vorchristliches Relikt, ein Geldautomat aus DDR-Zeiten, oder die Protest-Transparente derer, die Geld beim Zusammenbruch der Lehman Brothers verloren haben – sie alle haben etwas zu sagen und sind Teil einer Geschichte.

Darüber hinaus ist „Geld“ für uns durchaus auch eine Designausstellung – eine Ausstellung die deutlich macht, dass Geld auch eine Designfrage ist. Gemeint ist damit nicht der Zusammenhang zum Grafikdesign – man denke an die Aufregung im Internet, wenn dieses oder jenes Land eine neue Banknote einführt – und auch an klassisches Produktdesign denken wir weniger, obwohl „Geld“ einige faszinierende Objekte bereithält, die explizit im Zusammenhang mit Geld und Bezahlsystemen entwickelt wurden. Vielmehr ist Geld eine Frage des Designs, wenn es darum geht, wie wir eine Gesellschaft kreieren können, die entweder ohne Geld auskommt, oder in der – wenn sie auf Geld angewiesen bleibt – das Geld vernünftig und fair verteilt wird und sich positiv auf die Menschen auswirkt.  Wo Finanzblasen also keine Chance haben, oder wie Dr. Beutmann seine Frage formuliert: „Muss sich die Gesellschaft ändern, damit sich die Finanzwelt ändert, oder ist der Zeitpunkt gekommen, das Finanzsystem zu ändern, damit sich unsere Gesellschaft ändert?“ Bei der Beantwortung solcher Fragen spielen Designer eine wichtige Rolle.

We believe it is what is known as a financial bubble,

Dies symbolisiert offenbar das, was als Finanzblase bekannt ist

Mit einer Mischung aus lokalen, „sächsischen“ Ausstellungsstücken und Objekten aus aller Welt, ist „Geld“ eine gut konzipierte und zugängliche Ausstellung, die sich auf klare Art und Weise und ohne Vorbehalt mit dem Thema auseinandersetzt. Vor allem motiviert die Ausstellung die Besucher über die Exponate hinauszudenken – über das eigene Geld in der Tasche, die Ersparnisse auf der Bank, die heimlichen Reserven unterm Bett, die Steuerrückzahlung, die noch immer aussteht, den obdachlosen Zeitungsverkäufer, dem man letzte Woche keine Zeitung abgekauft hat und über den Preis, den man gerade an der Tankstelle für ein belegtes Brötchen zahlen musste.

Geld ist eine komische Sache, wir sind alle jeden Tag damit beschäftigt, wir alle akzeptieren seine Feinheiten und Schwächen und dennoch bleibt Geld ein gänzlich abstraktes Konzept. Geld hat keine Identität und keinen Charakter, man kann damit alles kaufen bis auf Stil, Umgangsformen und Respekt für seine Mitmenschen. Wir alle brauchen Geld, glauben aber trotzdem, es sei uns nicht wichtig, Geld beschämt und bestärkt einen gleichermaßen und bleibt trotzdem etwas, worüber wir uns nicht allzu sehr den Kopf zerbrechen möchten – zumindest versuchen wir das. „Geld“ im smac – Staatliches Museum für Archäologie Chemnitz erklärt, warum man sich übers Geld Gedanken machen sollte.

Es passt sehr gut, dass das Archäologische Museum Chemnitz eine solche Ausstellung präsentiert und dafür gibt es zwei gute Gründe. Einerseits ist die Ausstellung im früheren Kaufhaus Schocken untergebracht und wie wir schon in unserem Post zur Eröffnung des Museums festgehalten haben, hat die sensible Umwandlung dafür gesorgt, „dass das Innere immer noch einem Kaufhaus ähnelt. Und das meinen wir positiv! Etwas an den weiß gestrichenen Säulen und den kahlen Böden macht uns irgendwie Glauben, auf einem der höheren Stockwerke ein Angebot für ein paar Jeans oder einen neuen Pullover zu finden„. Diese Referenz auf den Ursprung des Gebäudes wird mit der Ausstattung der Ausstellungsräume durch das Berliner Studio chezwitz fortgeführt: Supermarktgänge wurden hinsichtlich der Aufteilung und der Hintergrundgrafiken neu gestaltet. Was früher ein geschäftiger Einkaufstempel war, ist jetzt ein Ort der Reflektion über die Systeme, die ihn hervorgebracht haben.

Und der zweite Grund, der die Location so passend macht, ist, dass wenn man einen Blick aus dem Fenster wirft, man genau auf die monumentale, wenn nicht gar megalithische Karl-Marx-Büste blickt, die das Chemnitzer Stadtzentrum dominiert. „Wenn das Geld das Band ist, das mich an das menschliche Leben, das mir die Gesellschaft, das mich mit der Natur und den Menschen verbindet, ist das Geld nicht das Band aller Bande? Kann es nicht alle Bande lösen und binden? Ist es darum nicht auch das allgemeine Scheidungsmittel? Es ist die wahre Scheidemünze, wie das wahre Bindungsmittel“ schrieb Marx 1844 und das ist letztendlich auch nicht mehr als eine frühe kommunistische Version von „Money makes the world go round“.

„Geld“ läuft bis Freitag, den 30.Dezember im smac – Staatliches Museum für Archäologie Chemnitz, Stefan-Heym-Platz 1, 09111 Chemnitz.

Weitere Informationen, auch zum Begleitprogramm, gibt es auf www.smac.sachsen.de.

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