Design. Farben. Lehre.: Verner Panton – Lidt om Farver/Notes on Colour

„Man sitzt bequemer auf einer Farbe, die man mag“, erklärt Verner Panton in seinem 1997 erschienenen Buch „Lidt om Farver/Notes on Colour“.1

Panton bringt damit sehr prägnant ein Verständnis von Farbe zum Ausdruck, das über Farbe als rein dekoratives Element hinaus geht. Er liefert eine von vielen Überlegungen zur Funktion und Relevanz von Farbe jenseits des rein Dekorativen, die in vielfältiger Form im Verlauf der Geschichte des Möbel- und Produktdesigns auftauchen.

In den kommenden Wochen möchten wir uns anhand einer Auswahl von Texten und Äußerungen diverser, internationaler Gestalter, kontrastierende und manchmal komplementäre Überlegungen anschauen und nachvollziehen.

Auch wenn nicht alle Quellen, die wir uns aussuchen, als Theorie, geschweige denn Farbtheorie im klassischen Sinne gelten, können die Äußerungen und Dokumente der jeweiligen Gestalter über die Beziehungen zwischen Farbe und Form, Farbe und Funktion, Farbe und Benutzer, Farbe und Kunstfertigkeit, etc. doch als Beiträge zu einer formaleren Design-Farb-Theorie betrachtet werden.

Wir beginnen mit Verner Panton und seinem Buch „Lidt om Farver/Notes on Colour“.

The Panton Chair by Verner Panton for Vitra .... but on which one would you sit most comfortably......?

Der Panton Chair von Verner Panton für Vitra …. auf welchem sitzt man am komfortabelsten…..?

Der am 13. Februar 1926 in Gamtofte auf der dänischen Insel Fünen geborene Verner Panton ist für seinen Umgang mit Farbe ebenso bekannt wie für seine Möbel-, Leuchten-, Textil-, Produkt- und Interiordesigns. Am populärsten und weltweit bekannt ist Verner Panton aber wohl für seine Verwendung von Farbe.  Der Designer wird derart mit Farbe assoziiert, dass sogar Schwarz-Weiß-Fotos seiner Arbeiten in einem vielfarbigen Glanz zu erstrahlen scheinen.

Das führt dazu, dass seine Verwendung von Farbe allzu leicht als Mittel zum Zweck, als Farbe um der Farbe willen, und gelegentlich sogar als Frivolität aufgefasst werden kann. Pantons Einsatz von Farbe wäre dann nichts mehr als ein Stil.

„Lidt om Farver/Notes on Colour“ korrigiert solche Missverständnisse und hilft dabei sich einem zutreffenderen Verständnis von Verner Pantons Farbgebrauch und Farbverständnis anzunähern. Zugleich handelt es sich um ein Plädoyer dafür Farben häufiger und überlegter einzusetzen – ein Plädoyer für „mehr Mut zur Farbe.“

Doch bevor man dort ankommt, nimmt Verner Panton den Leser mit auf eine kurze Tour durch einige der Grundlagen der Farbtheorie, einschließlich der physikalischen Grundlagen von Farbe und einer kurzen Geschichte der Verwendung von Farbe. Man erfährt, wie unsere Welt immer bunter wurde, wie die Handvoll Farben, die frühe Gesellschaften produzieren konnten, sukzessive erweitert und ergänzt wurden und es zu dieser Kakofonie der Farben kam, mit der wir es heute häufig zu tun haben.

Das Buch liefert auch eine kurze Beschreibung der Funktionsweise des menschlichen Auges und der Übertragung von optischen Impulsen vom Auge zum Gehirn und ihrer anschließenden Verarbeitung im Neokortex und dem limbischen System. Der Neokortex ist dabei, so erfahren wir, „für das bewusste, rationale Denken zuständig“ und das limbische System ist wiederum „für emotionale Reaktionen verantwortlich.“

„Das hört sich kompliziert an und es wird noch schlimmer“, informiert uns Panton fröhlich, bevor er weiter beschreibt, dass der Neokortex auf subtile Farben reagiert, Farben, die Panton als „kultiviert“ bezeichnet, während das limbische System für Qualitäten wie „Helligkeit, Glanz oder Schimmer und für die symbolischen Bedeutungen“ von Farben zuständig ist. Er fährt mit der Behauptung von Peter Smith fort, dass sich Architekten zu lange darauf konzentriert hätten, dem Neokortex zu gefallen, anstatt das limbische System zu stimulieren. Sie hätten sich bei der Verwendung von Farben eher für die rationale als die emotionale Seite entschieden.2

Verner Panton, so darf man annehmen, hält das für einen Fehler. Und diesem Fehler will er auf den Grund gehen. Doch vorher geht es mit den Überlegungen zu den Grundlagen der Farbe weiter.

Verner Panton (1926 - 1998)

Verner Panton (1926 – 1998)

„Die natürliche Neigung des Menschen, Dinge zu systematisieren, hat viele Künstler, Physiker und Philosophen dazu veranlasst, Farbsysteme zu formulieren“, leitet Panton seine Überlegungen zu den unzähligen Farbtheorien und Farbsystemen ein. Er erwähnt dabei auch das Pantone Colour Matching System ohne die Ähnlichkeit zwischen „Panton“ und „Pantone“ zu kommentieren, oder auf die Tatsache einzugehen, dass „Panton“ auch als Ableitung von „alle Farben“ verstanden werden kann. Des Weiteren geht er auf Themen wie Farbordnungen, Komplementärfarben, Harmonie oder Wechselwirkungen von Farben ein, letzteres schließt eine Grafik mit ein, die veranschaulicht, wie eine Farbe in Abhängigkeit von den sie umgebenden Farben unterschiedlich wirkt, was, wie wir uns alle erinnern, einer der zentraleren Aspekte ist, denen Hella Jongerius in ihrer Ausstellung „Breathing Colours“ auf den Grund gegangen ist.

Diese Farbsysteme und Farbwechselwirkungen, führen uns weiter zur Psychologie der Farbe bzw. zur „Psychologie!!!“, wie Panton plötzlich ausruft.

Dieser kleine Ausbruch macht deutlich, welch zentralen Platz die Psychologie der Farbe bei Verner Panton einnimmt. Hier tritt Pantons Interesse und Faszination für das Zusammenspiel zwischen dem Neokortex und dem limbischen System hervor, und seine Auffassung, dass Farben keine streng definierten Entitäten an sich sind, sondern etwas, das in uns existiert. Farben sind letztlich nur die Reaktionen, die sie in uns hervorrufen, das, was wir aus ihnen machen. Und das ist immer vom Kontext der Situation abhängig, in der wir ihnen ausgesetzt sind. Dieses Interesse und diese Faszination wurden bereits in Pantons Studienzeit geweckt, während der er für kurze Zeit am Kopenhagener Institut für Psychologie forschte, und sie blieben während seiner gesamten Karriere erhalten. Obwohl Panton schon relativ am Anfang von  „Lidt om Farver/Notes on Colour“ schreibt, dass Farben subjektiv sind, listet er im Folgenden zahlreiche der vielen, möglichen, Interpretationen von Farben auf, die über die Jahrzehnte und Jahrhunderte gesammelt und aufgezeichnet wurden, darunter zum Beispiel die Vorstellung, dass „Rot dynamisch, aggressiv, voller Leben“ und „Grün kritisch, analytisch und rechtwinklig“ ist oder Gelb für Freude, Glück und Hoffnung auf Freiheit stünde.

Neben solchen Verallgemeinerungen fügt Panton auch einige historische, möglicherweise apokryphe Anekdoten, sowie wissenschaftliche Forschungen zu Interpretation und Rezeption von Farben hinzu. Dazu gehört beispielsweise die Geschichte, dass Piet Mondrians Abneigung für Grün so groß war, dass er es nicht ertragen konnte, mit Blick auf einen Garten zu sitzen; oder die Antwort auf die Frage warum man die Wände von Altersheimen nicht in Pastelltönen streichen sollte: Untersuchungen zeigen, dass über 65-jährige Primär-, Sekundär- und Tertiärfarben den Pastelltönen vorziehen. Der Leser erfährt auch von Goethes Einsatz von Farbe in seinem Weimarer Haus, wo jedes Zimmer in einer anderen Farbe gestrichen wurde. Das Esszimmer zum Beispiel war in einem sonnigen Gelb gehalten. Gäste allerdings, die eher geduldet als willkommen waren, bekamen „ein kaltes blaues Zimmer […], das sie dazu brachte, schneller zu gehen“. Das sollte man sich vielleicht merken, wenn man sein eigenes Gästezimmer einrichtet. Die Geschichte erinnert auch an Verner Pantons Neugestaltung der Wohnung des damaligen Vitra-Chefs Rolf Fehlbaum in Basel. Hier wurde jeder Raum anders und jedes Mal komplett einfarbig gestaltet: Wände, Decke, Boden, Möbel, Textilien, alles einfarbig.

Ein Einrichtungsprojekt taucht in „Lidt om Farver/Notes on Colour“ leider nicht auf, verdeutlicht aber Verner Pantons Forderung sehr gut, dass wir alle „mehr Mut zu Farben“ haben sollten.

The Spiegel Canteen in Hamburg by Verner Panton

The Spiegel Canteen in Hamburg by Verner Panton

„Es macht mich traurig, dass so viele Menschen nicht verstehen, dass Farben eine Dimension haben, die das Erlebnis bereichern kann“, heißt es weiter in „Lidt om Farver/Notes on Colour“, bevor Panton überzeugend argumentiert,  dass der erwähnte Fehler, bei der Verwendung von Farben nämlich eher das Rationale als das Emotionale in den Vordergrund zu stellen, unser Fehler ist. Oder genauer gesagt, handelt es sich dabei um einen kollektiven Fehler, um einen Fehler der Gesellschaft: „Im Kindergarten lernt man, Farben zu lieben und zu benutzen. Später, in der Schule und im Leben, lernt man etwas, das man Geschmack nennt. Für die meisten Menschen bedeutet das, dass sie ihren Umgang mit Farben einschränken.“

Damit nähert sich der Leser nicht nur einem besseren Verständnis von Verner Pantons Umgang mit Farben, sondern auch von Verner Pantons Herangehensweise an Design.

Verner Panton ist kindisch – nicht unreif. Vielmehr handelt es sich um sein inneres Kind, das sich offenbar nicht dem Diktat einer vermeintlichen Korrektheit im Umgang mit Farben unterworfen hat – sich nicht einem populären,  vordefinierten und naturalisierten Geschmack beugen wollte. Er bestreitet die Vorstellung, dass eine Farbe kultivierter sei als eine andere. Er hörte zwar auch fraglos auf die Rationalität seines Neokortex, weigerte sich aber, die Emotion und die Aufregung, die die Farbe auslöst und den offenen Diskurs mit der Farbe, den sein limbisches System anregte, von dieser Rationalität übertönen zu lassen. Dieses innere Kind ermöglichte es ihm wohl, die Welt um sich herum ohne all die Belastungen des Erwachsenseins zu betrachten und zu prüfen und dadurch Lösungen zu entwickeln, die eher der ungehinderten Emotion und Freude eines kindlichen Verständnisses der Welt entsprechen als der bewussten, voraussetzungsvollen Auffassung der Erwachsenen. Oder anders ausgedrückt: Arbeiten wie, und unter vielen anderen, Living Tower, Amoebe Highback, Sitting Wheel, wohl auch der namensgebende Panton Chair, mögen zwar eine sehr rationale Grundlage haben und angemessene, sinnvolle Werkzeuge für das tägliche Leben sein, sie sind aber nicht das Werk einer rationalisierten „erwachsenen“ Kreativität, sondern eher das Ergebnis einer Kindergartenkreativität – das soll keine Beleidigung, sondern vielmehr ein Lob sein. Hinter all dem verbirgt sich eine Aufforderung an uns alle, unsere eigene Einstellung zum Leben und unsere Herangehensweise an das Leben zu hinterfragen. Behindert und belastet uns nicht, dass wir Normen und Geschmackskonventionen hinnehmen und ihre vermeintliche Korrektheit akzeptieren? Sollten wir nicht alle ein wenig mehr auf das Kind in uns hören, statt auf den Erwachsenen? Wohin würde uns das führen? Am Anfang könnte hier eine Hinterfragung unseres Umgangs mit und unserer Einstellung zu Farben stehen.

Oder, mit den Worten Verner Pantons: „Der Umgang mit Farbe ist wie das Leben. Man muss ein Ziel haben. Das Ziel kann fast alles sein – auch, die schrecklichsten Farbkombinationen zu machen.“

Phantasy Landscape from Verner Panton's 1970 Visiona 2 project, as seen at Home Stories: 100 Years, 20 Visionary Interiors, Vitra Design Museum

Phantasy Landscape aus Verner Pantons Projekt Visiona II aus dem Jahr 1970, gesehen bei Home Stories: 100 Years, 20 Visionary Interiors, Vitra Design Museum

„Lidt om Farver/Notes on Colour“ endet mit der Betrachtung von Beispielen für Farbe im Design wie unter anderem der Mercedes S-Klasse. Wie Panton argumentiert, spiegelt sich die Seriosität und Wichtigkeit des potenziellen Käufers, darin wider, dass es die Wagen „nur in Schwarz, Grau und Dunkelblau“ gibt. Allesamt sehr seriöse Farben, wobei Dunkelblau nicht mehr erhältlich ist, vielleicht war es nicht seriös genug, oder wurde zu frivol. Als weitere Beispiele führt Panton eine AT&T-Kassentastatur an, bei der durch Farbcodierung die Bedienbarkeit verbessert wurde, denn, wie Panton anmerkt, graue Tasten auf grauen Tastaturen „mögen von manchen als „elegant“ empfunden werden“, sind aber alles andere als funktional. Panton erwähnt hier zudem die Verwendung von Farbe, um Objekte entweder sofort sichtbar zu machen oder sie sanft mit ihrer Umgebung verschmelzen zu lassen, die roten Telefonzellen von Kopenhagen als Beispiel für Ersteres, die blauen Buswartehäuschen für Letzteres.

Diese Beispiele sind in vielerlei Hinsicht als praktische Komponente der vorangegangenen Theorie zu verstehen. Sie versinnbildlichen Pantons Verständnis in der Praxis, das heißt, seine Ansichten hinsichtlich der Psychologie und Funktion der Farben. Etwas bedauerlich ist, dass dies ohne direkten Bezug zu seinen bekannteren Projekten geschieht. Es gibt keine detaillierte Erklärung, wie er zum Hotelrestaurant Astoria in Trondheim, zum Spiegel-Gebäude in Hamburg oder zum 1970er Visiona II-Projekt für Bayer in Köln kam. Projekte, die man in diesem Kontext hätte hervorheben können, die Panton aber nicht aufzählt. Nicht, dass Panton sich nicht persönlich zu Wort melden würde: „Ich mag Weiß nicht“, sagt er beispielsweise und weiter: „die Welt wäre ohne [Weiß] ein schönerer Ort. Es sollte eine Steuer auf weiße Farbe geben“. Und so kann man fast annehmen, dass er für die weiße Version seines Panton Chair eine höhere Lizenzgebühr verlangt haben wird. Quasi als Entschädigung für den Kompromiss und für die Veröffentlichung einer Version seines Stuhls, auf der er vermutlich nicht bequem hätte sitzen können.

Auch im letzten Abschnitt setzt Panton seinen Appell für einen überlegten und mutigeren Umgang mit Farbe fort, u.a. mit dem Hinweis auf die Braun-Kaffeemaschine KF40, die laut Panton ein Novum für Braun darstellte. „Viele Jahre lang beschränkte sich Braun auf Farben wie Weiß und Schwarz und, als lustiger Streich, Grau“, dann plötzlich war Braun auch rot, es gab Farbe in der heimischen westdeutschen Küche. „Probieren Sie etwas Neues!“ ermahnt uns Panton. Er ermahnt uns auch, es immer wieder zu versuchen, „Farben“, stellt er fest, „können ein nützliches Mittel sein, um ansonsten unveränderliche Produkte dem Wandel der Zeit anzupassen“. Das könnte durchaus als Verweis auf Trendfarben, auf Mode im Design, interpretiert werden, ist aber wohl nicht zutreffend, bedenkt man das wie Verner Panton auf den Seiten zuvor festhält, für ihn Rezeption und Interaktion von und mit Farbe zu intrinsisch sind, um einer modischen Fluktuation zu unterliegen und sich so von Jahr zu Jahr zu verändern.

Konkret bezieht sich Verner Panton hier auf Arne Jacobsens Ameisenstuhl, ein Möbeldesign, das Panton während seiner kurzen Tätigkeit in Jacobsens Büro mitentwickelt hatte und das es ursprünglich „in Schwarz und Weiß und in verschiedenen Schattierungen von Sperrholz“ gab, was, so kann man sich vorstellen, nicht nach Pantons Geschmack war. Panton schildert jedoch, wie Fritz Hansen einige Jahre nach der Markteinführung die ersten lackierten Versionen auf den Markt brachte und den Stuhl in den folgenden Jahrzehnten regelmäßig in immer neuen Farbschemata lancierte. Darunter ein Farbschema mit „Farben, die auf eine Reihe von Textilien abgestimmt sind, die von Verner Panton entworfen wurden“. Das ist ein seltsamer Gebrauch der dritten Person, erlaubt aber auch ein alternatives Verständnis von „mit der Zeit gehen“, eines, das eher mit Generationenwechseln als mit Trends und Moden assoziiert wird. Farben von Gesellschaften verändern und entwickeln sich nach diesem Verständnis immer organisch mit den Gesellschaften und der Wandel findet von Generation zu Generation und nicht von Jahr zu Jahr statt.

Verner Panton schlägt in Bezug auf die Ameise auch vor, dass „Sie ihnen immer selbst einen neuen Anstrich verpassen können“. Hier sollte man allerdings vorher die Garantieinformationen lesen. Wir vermuten und hoffen, dass Verner Panton hier aus Erfahrung spricht. Auf jeden Fall gefällt uns die Idee, dass Fritz Hansen die Ameise in einer „Paint-it-Yourself“-Version herausbringt, oder vielleicht den Kinderstuhl der Serie 7 zum Selbstdekorieren. Die Selbstbemalung des Stuhls in einer Farbe Ihrer Wahl ist sicherlich der beste Weg, um für optimalen Sitzkomfort zu sorgen, denn, wie Verner Panton erklärt, „sitzt [man] bequemer auf einer Farbe, die man mag.“

Verner Panton need never know.....

Verner Panton braucht es nicht zu wissen…..

Wie bereits erwähnt, ist und war Pantons Werk bei aller Fantasie und Träumerei ein Werk, das nicht nur auf der detaillierten Beobachtung menschlichen Verhaltens beruhte, sondern auch auf Systemdenken, Modularität und formaler Reduktion. Auf einer Rationalität also, die, wie uns „Lidt om Farver/Notes on Colour“ lehrt im Kontext der emotionalen Erregung des limbischen Systems ihren Ursprung hat, und bei der die Farbe im Mittelpunkt stand, oder wie Panton anmerkt: „Für mich ist die Farbe wichtiger als die Form“. Der unglückliche Zusatz: „aber das ist nicht der Fall, wenn ich Frauen anschaue“, ist einer der wenigen Momente, die das Buch deutlich in einem vergangenen Jahrhundert verorten.

„Lidt om Farver/Notes on Colour“ liefert eine kurze Zusammenfassung der jahrzehntelangen Forschungen, Überlegungen und Experimente im Zusammenhang mit Farbe, die Panton seit den 1950er Jahren angestellt hat, und ist mit seinen kurzen Sätzen und den munteren Sprüngen von Gedanke zu Gedanke, von Notiz zu Notiz ein sehr zugängliches Werk. Eine Zugänglichkeit, die durch seine relative Kürze begünstigt wird: Mit nur 48 Seiten ist es zwangsläufig kein Werk, das extrem in die Tiefe oder ins Detail geht, sondern eher flüchtig über die Oberfläche gleitet. Trotz der relativen Kürze lässt sich jedoch deutlich ablesen, wie tief und detailliert Verner Panton recherchiert hat und wie ernst er seine Arbeit und seine Überlegungen zur Farbe genommen hat. Eine Ernsthaftigkeit, die der unbeschwerten Leichtigkeit eines Großteils von Pantons Œuvre diametral gegenübersteht, die diese Leichtigkeit letztendlich aber auch erst ermöglicht hat. Und auch wenn „Lidt om Farver/Notes on Colour“ keineswegs als allumfassende Darstellung von Verner Pantons Verständnis von Farbe angesehen werden sollte (dafür ist das Buch zu kurz), ist es ein hervorragender Ausgangspunkt, um sich einem besseren Verständnis von Verner Panton und seinem Verhältnis zur Farbe und davon ausgehend zum Design anzunähern.

Und trauriger erscheint es da, dass dieses Werk vergriffen ist.

Das Buch „Lidt om Farver/Notes on Colour“ hilft nämlich zu verstehen, dass es bei Verner Pantons Umgang mit Farbe nicht um die Farben geht, sondern um das Warum der Farben, dass für Verner Panton „Farben unser Leben, unsere Stimmungen, unseren Humor und unsere Arbeitsfähigkeit beeinflussen“, dass  „Farben eine Dimension sind, die das Erlebnis bereichern kann“ und dass „Farben eine Bedeutung und eine Funktion haben“. Indem uns Panton hilft, sich einem besseren Verständnis der Grundlagen und einer durchdachten Analyse der Verwendung von Farbe zu nähern, spannt er einen Rahmen auf, der es erlaubt zu verstehen, warum Verner Panton meinte, dass „man sich besser auf eine Farbe setzt, die man mag“.

We know their favourite colour...... Enjoying the Amoebe Highback by Verner Panton for Vitra

Wir kennen Ihre Lieblingsfarbe….. Der Amoebe Highback von Verner Panton für Vitra

1. und alle nachfolgenden Zitate , Verner Panton, Lidt om Farver/Notes on Colour, Danish Design Centre, Copenhagen, 1997

2.  Peter Smith, The Dialectics of Colour, in Tom Porter & Byron Mikellides, Color for architecture, Van Nostrand Reinhold, 1976

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