Wie Heinrich Heine 1827 fast geschrieben hätte:
Der Mai ist da mit seinen goldenen Lichtern, und seidenen Lüften und würzigen Düften, Und freundlich lockt er - mit einer Fülle neuer Architektur- und Designausstellungen.1
Unsere Empfehlungen aus dieser Fülle, die inmitten der goldenen Lichter, seidigen Lüfte und würzigen Düfte des Mai 2025 eröffnet werden, führen nach Frankfurt, Ljubljana, Wien, Rom und Amberg...
Das 1925 offiziell gestartete Projekt Neues Frankfurt zählt zu den spannendsten und zugleich aufschlussreichsten funktionalistischen Modernisierungsprogrammen der 1920er und 1930er Jahre. Es umfasste nicht nur Architektur, Design, Innenarchitektur und Städtebau, sondern auch Grafik, Typografie, Kunst, Mobilität, Kleidung sowie die soziale Entwicklung von Stadt und Gesellschaft - und dies vor dem Hintergrund der politischen, wirtschaftlichen und demografischen Umbrüche der Zeit. Heute wird dieses umfassende Projekt allzu oft auf eine Einbauküche reduziert.
Anlässlich des hundertjährigen Jubiläums des Neuen Frankfurt sind im Jahr 2025 zahlreiche Veranstaltungen in Frankfurt geplant, darunter zwei Ausstellungen, die parallel im Museum Angewandte Kunst eröffnet werden:
„Was war das Neue Frankfurt? Kernfragen zum Städtebauprogramm der 1920er Jahre“ bietet einen Überblick und Einstieg in das Projekt und lädt zu weiteren Erkundungen ein.
„Yes, we care. Das Neue Frankfurt und die Frage nach dem Gemeinwohl“ richtet den Blick auf die zahlreichen sozialen Einrichtungen, die im Rahmen des Projekts entstanden sind - wie Kindergärten, Gesundheitszentren, Altenheime, Sportanlagen, Bibliotheken und andere zentrale Bausteine urbaner Lebensqualität. Einrichtungen, die heute von Planern oft erst nach Wohnungen, Industrieanlagen, Einkaufsmöglichkeiten und Parkhäusern berücksichtigt werden - in Frankfurt aber im Zentrum der Planung standen.
Mit Archivobjekten, Texten, Fotografien und Filmmaterial ermöglicht die Ausstellung einen Zugang zu den vielfältigen Projekten von Ernst May und seinem Team und schlägt eine Brücke in die Gegenwart. Sie lädt zur Auseinandersetzung mit dem heutigen Verständnis von Gemeinwohl in unseren Städten ein - und mit der Frage, was wir tun können, um lebenswerte, soziale Stadtstrukturen zu schaffen.
Die Ausstellung „Yes, we care. Das Neue Frankfurt und die Frage nach dem Gemeinwohl“ wird am Freitag, 9. Mai, im Museum Angewandte Kunst, Schaumainkai 17, 60594 Frankfurt, eröffnet und ist bis Sonntag, 11. Januar, zu sehen. Weitere Informationen: www.museumangewandtekunst.de
2023 haben zehn europäische Institutionen - darunter Drugo More (Kroatien), Passa Ao Futuro (Portugal), das Kunstgewerbemuseum Dresden und das MAO Ljubljana - die Plattform MADE IN ins Leben gerufen. Ziel war und ist es, durch interdisziplinäre Forschung - gemeinsam mit Handwerkerinnen, Designerinnen, Wissenschaftlerinnen, Künstlerinnen und Theoretiker*innen - Fragen zur Zukunft des traditionellen Handwerks und im weiteren Sinne des zeitgenössischen Designs zu untersuchen.
Seitdem haben zahlreiche Konferenzen, Veranstaltungen, Sommerschulen und Ausstellungen stattgefunden. Nun präsentiert die Plattform, die in unterschiedlichen Formen sicher auch über 2025 hinaus bestehen wird, ihre offizielle Abschlussausstellung: „Future Legacies“.
Die Ausstellung führt die Forschungsergebnisse seit 2023 in Form von Installationen, Objekten, Materialien und Dokumentationen zusammen. Als diskursives Ganzes erforscht sie Materialien, Prozesse und Praktiken aus Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft - und gibt nicht nur Einblicke in die Arbeit der Plattform, sondern eröffnet auch neue Perspektiven auf das Wesen des Handwerks: Was ist Handwerk? Warum existiert es? Welche gesellschaftliche Bedeutung hatte und hat es?
Und über das Handwerk hinaus: Welche Fragen stellen sich heute an Design und Gesellschaft?
„Future Legacies“ wird am Donnerstag, den 15. Mai im Museum of Architecture and Design, MAO, Grad Fužine, Rusjanov trg 7, 1000 Ljubljana eröffnet und ist bis Sonntag, den 14. September zu sehen. Weitere Informationen: https://mao.si
Frederick Kiesler wurde 1890 in Czernowitz, damals Österreich-Ungarn (heute Ukraine), geboren und machte sich in den 1920er Jahren als avantgardistischer Bühnen- und Ausstellungsgestalter sowie Architekt einen Namen. In den 1930er Jahren war er maßgeblich an der Entwicklung progressiver Positionen in Kunst, Design, Architektur und Innenarchitektur in den USA beteiligt. Trotz seines umfangreichen Schaffens ist sein Werk heute nahezu in Vergessenheit geraten.
Mit „The Endless Search“ präsentiert die Österreichische Friedrich und Lillian Kiesler Privatstiftung - Hüterin seines Archivs - eine Ausstellung, die Kieslers Werk, seine Denkweise und Fragestellungen anhand ausgewählter Projekte aus seinem umfangreichen und vielfältigen Œuvre beleuchtet. Ergänzt werden diese durch zeitgenössische Arbeiten von Weggefährten und Mitstreiter*innen.
Die Ausstellung bietet nicht nur einen idealen Einstieg für alle, die Kiesler bisher nicht kannten, sondern verortet ihn zugleich auf der kreativen Zeitschiene der Avantgarde - und macht deutlich, wie heterogen und experimentell die künstlerische Moderne der 1920er und 1930er Jahre tatsächlich war.
„Frederick Kiesler. The Endless Search“ eröffnet am Dienstag, 27. Mai, in der Friedrich und Lillian Kiesler Privatstiftung, Mariahilfer Straße 1b/Top 1, 1060 Wien, und dauert bis Freitag, 14. November. Nähere Informationen unter: www.kiesler.org
Diesen verbindenden Aspekten geht die Ausstellung „Stadi. Architecture of a Myth“ nach - mit rund 54 Stadien aus aller Welt. Welche das genau sind, verrät das MAXXI wie so oft vorab nicht. Die kuratorische Entscheidung, Informationen zurückzuhalten, bleibt Teil des Konzepts - und der Spannung.
Fest steht: Die ausgewählten Stadien werden nicht nur als architektonische Objekte gezeigt, sondern auch unter sozialen, anthropologischen, ökonomischen und politischen Gesichtspunkten beleuchtet. So entsteht eine umfassendere und tiefere Auseinandersetzung mit der Rolle von Stadien in der Gesellschaft - und ihrem Einfluss auf urbane und kulturelle Räume.
„Stadi. Architecture of a Myth“ wird am Freitag, den 30. Mai im MAXXI, Via Guido Reni 4 A, Rom eröffnet und ist bis Sonntag, den 26. Oktober zu sehen. Weitere Informationen: www.maxxi.art
Die radikale Architektur der 1960er Jahre brachte neben visionären Theorien auch ganz konkrete, physische Innovationen hervor - darunter das aufblasbare Bauen: Pneumatische Architektur faszinierte viele, versprach neue Möglichkeiten gegenüber konventionellen Bauweisen und stellte grundlegende Fragen nach dem Verhältnis von Mensch und Raum in einer zunehmend flüchtigen Zeit.
Hans-Walter Müller, deutscher Ingenieur, Architekt und Künstler, verfolgt diese Bauweise seit den 1960er Jahren bis heute konsequent weiter. Er hat weltweit unzählige aufblasbare Bauten realisiert - und lebt selbst in einem solchen Gebäude in der Nähe von Paris. Das Amberger Luftmuseum widmet ihm nun die erste umfassende Retrospektive in seiner Heimat.
Die Ausstellung „Monsieur Luftarchitektur“ zeigt nicht nur Müllers Projekte und ihre Relevanz, sondern gibt auch eine Einführung in die pneumatische Architektur insgesamt - und regt dazu an, zu hinterfragen, warum diese Bauweise trotz ihrer Vorteile bis heute kaum Eingang in den städtischen Alltag gefunden hat.
„Monsieur Luftarchitektur - Hans-Walter Müller. Architekt, Ingenieur, Künstler; 1967 - heute“ wird am Sonntag, 25. Mai, im Luftmuseum, Eichenforstgäßchen 12, 92224 Amberg eröffnet und ist bis Sonntag, 14. September, zu sehen. Weitere Informationen: www.luftmuseum.de
1Heinrich Heine, Götterdämmerung, Buch der Lieder, Erstveröffentlichung bei Hoffmann und Campe, Hamburg 1827