smow Song Contest 2019

Nach all der Kontroverse um den Sieg von smow Tel Aviv (nicht zuletzt um die Frage, ob es smow Tel Aviv überhaupt gibt) beim smow Song Contest 2018, macht es der Durchführungsort des Contest 2019, Israel, möglich das zentrale Thema hervorzuheben.

smow song contest 2019
Die zweifellos größte Architektur- und Design-Story im Jahr 2019 ist das hundertjährige Jubiläum des Bauhaus‘ Weimar. Und während man noch darüber streiten mag, ob es dieser besonderen Hervorhebung bedarf, bekommt sie das Bauhaus ohnehin.

Weniger umstritten sind die Verbindungen zwischen Israel und dem Bauhaus. Und mit diesen Verbindungen ist nicht die häufig irrtümlich dem Bauhaus zugeschriebene Weiße Stadt in Tel Aviv gemeint. Vielmehr – und wir erinnern uns alle an die Ausstellung „Kibbuz und Bauhaus“ der Stiftung Bauhaus Dessau im Jahre 2011 – geht es um die rund 24 Bauhäusler, die entweder wie Arieh Sharon aus dem damaligen Palästina anreisten um am Bauhaus zu studieren, oder die wie Munio Weinraub nach ihrem Bauhausstudium nach Palästina zogen bzw. flüchteten und in unterschiedlichem Maße zur Entwicklung der Architektur des Kibbuz und Israels beigetragen haben.

Es gibt zwar weder smow Weimar noch smow Dessau oder smow Tel Aviv – das Bauhaus hat allerdings Verbindungen zu allen smow Standorten und deshalb geht es beim smow Song Contest 2019 darum diese Verbindungen zu feiern.

Zu diesem Zweck sehen die Regeln vor, dass jeweils ein Bauhäusler ausgewählt wird, der aus der jeweiligen Kleinstadt stammt, bzw. mit ihr verbunden ist, und dann wiederum ein Lied entweder von einem Künstler mit einem gemeinsamen Vornamen oder ein Lied, in dem dieser Vorname im Text vorkommt, ausgewählt wird. Und das in einer der drei offiziellen smow Song Contest Sprachen: deutsch, französisch oder englisch.

Falafel, Hummus, Livestream….. smow Song Contest 2019

Falafel, Hummus, Livestream….. smow Song Contest 2019

Berlin – Walter Gropius: Orchestral Maneuvres in the Dark – „Art Eats Art“

Berlin kann natürlich nur durch „Herrn Bauhaus“ höchstpersönlich vertreten werden. Walter Gropius, am 18. Mai 1883 in Berlin geboren, studierte Architektur in München und Berlin und war vor allem Assistent von Peter Behrens in Potsdam, bevor er im April 1919 als Gründungsdirektor des Bauhaus‘ Weimar universale Unsterblichkeit erlangte. Dass zu seiner Karriere viel mehr gehörte als das, ist offenbar unwichtig. Walter Gropius wird von Orchestral Maneuvres in the Dark in „Art Eats Art“ namentlich erwähnt und ist damit der einzige der 11 smow Song Contest Bauhäusler, auf die persönlich Bezug genommen wird.

Chemnitz – Marianne Brandt: Leonard Cohen – „So Long Marianne“

Marianne Brandt ist eine der produktiveren Protagonistinnen des Bauhaus‘ Dessau und eine derjenigen, die in dieser neuen Welt die Verantwortung des „Industrial Design“ wohl am besten verstanden haben. Im Rückblick mag Marianne Brandts Entscheidung, in ihre Heimat Chemnitz zurückzukehren, ein Fehler gewesen sein. Aber wer hätte die DDR vorhersagen können?Leonhard Cohen besingt wahrscheinlich eher die anglisierte MariAnn als die deutsche Marianne, aber das eindringlich Melancholische verlorener Möglichkeiten bleibt davon unberührt: „Es ist Zeit zu lachen, zu weinen, zu weinen und wieder darüber zu lachen“, ist denn das nicht die Wahrheit?

Düsseldorf – Walter Hartstang: Walter Murphy – „A Fifth of Beethoven“

Walter Hartstang wurde am 12. April 1900 in Düsseldorf geboren, also genau 19 Jahre bevor Gropius‘ neue Schule offiziell den Namen „Bauhaus“ erhielt. 1928 trat Hartstang in das Bauhaus Dessau ein und blieb bis zur Schließung des Instituts im Jahr 1932. Während dieser Zeit trug er unter anderem zum Kanon der Bauhaus-Entwürfe des Leipziger Leuchtenherstellers Kandem bei. Walter Hartstangs Biografie nach dem Bauhaus Dessau ist unbekannt. Bekannt ist nur, dass er 1944 für tot erklärt wurde, vermutlich fiel er im Gefecht.

Frankfurt – Walter Peterhans: The Frank and Walters – „Colours“

Wäre der Plan von Fritz Wichert aufgegangen, wäre das Bauhaus 1925 von Weimar nach Frankfurt umgezogen. Das war nicht der Fall. Vor allem, weil Ernst May zum Leiter des Projekts Neues Frankfurt ernannt wurde und nicht Walter Gropius. Und da Frankfurt im Laufe der 1920er und 1930er Jahre ein eigenes Verständnis der Internationalen Moderne entwickelte, beeinflusste es auch das Bauhaus, vor allem durch den Fotografen Walter Peterhans. Nach einem vielseitigen technischen und künstlerischen Studium etablierte sich Walter Peterhans als freiberuflicher Industrie- und Porträtfotograf in Berlin, bevor Hannes Meyer ihn dann 1929 an das Bauhaus Dessau brachte, um die neu gegründete Fotowerkstatt zu leiten. Nach der Schließung des Bauhaus‘ lehrte Peterhans an einer privaten Fotoschule, bevor er 1938 nach Amerika floh, wo Mies van der Rohe ihn zum Professor für „Visual Training, Analysis and Art History“ am Illinois Institute of Technology, IIT, Chicago, ernannte. Dort lehrte Walter Peterhans bis 1960 neben seiner Tätigkeit als Gastprofessor an der HfG Ulm und der HfBK Hamburg. Die Regeln des smow Song Contest verbieten strengstens alle Frank(furt) und Walters Witze.

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Hamburg – Hedwig Arnheim: John Williams – „Hedwig’s Theme“

Laut den Kuratoren der Ausstellung „Bauhaus in Hamburg“ an der Freien Akademie der Künste wies die HfBK Hamburg nach dem Krieg von aller Kunstschulen in Deutschland die höchste Anzahl von Bauhäuslern im Lehrkörper auf, darunter Gerhard Marcks, Otto Lindig und Gustav Hassenpflug. Aber es gibt auch Hamburger BauhäuslerInnen, darunter Hedwig Arnheim. Hedwig Arnheim, geboren am 7. Januar 1894, heiratete 1915 den Künstler Ewald Dülberg, 1918 bekam das Paar eine Tochter. 1921 trennte sich das Paar und im selben Jahr trat Hedwig Arnheim dem Bauhaus Weimar bei. Trotz der relativen Emanzipation des Bauhaus‘ können wir uns nicht vorstellen, dass das Leben als geschiedene Alleinerziehende einfach war, bzw. dass die Kindergarteneinrichtungen des Bauhaus‘ Weimar besonders gut etabliert waren. 1923 heiratete Hedwig Arnheim den Bauhäusler Naum Slutzky und verließ Weimar um nach Berlin und später nach Hamburg zu ziehen. Hedwig Arnheim floh 1936 nach Nizza, wo sie 1943 verhaftet wurde. Sie wurde deportiert und in Auschwitz ermordet.

Kempten – Helene Nonné: Georges Brassens – „Les Sabots d’Hélène“

Kempten und das Bauhaus haben nicht die engsten Verbindungen, selbst das Bauhaus und das Allgäu machten der Auswahlkommission Kopfschmerzen. Helene Nonné lebte allerdings einige Nachkriegsjahre lang in Wangen im Allgäu. Die Magdeburgerin Helene Nonné trat 1924 in die Weberei am Bauhaus Weimar ein und zog 1925 mit dem Bauhaus nach Dessau, wo sie 1930 ihr Diplom erhielt. In den Kriegsjahren lebten und arbeiteten Helene Nonné und ihr Mann, der Bauhäusler Joost Schmidt, in Berlin. Nach Joost Schmidts frühem Tod 1948 arbeitete Helene Nonné kurz in München, bevor sie nach Wangen zog. 1953 trat Helene Nonné in die Belegschaft der neu gegründeten inoffiziell-offiziellen Bauhaus-Nachfolge HfG Ulm ein, wo sie bis 1956 die Grundkurse lehrte.

Köln – Marianne Heymann: Marianne Faithfull – „Born to Live“

Marianne Heymann, 1905 in Köln geboren, schrieb sich 1923 am Bauhaus Weimar ein und besuchte die Bildhauereiwerkstatt, wo sie auch an Bühnenbildkursen teilnahm. Da die Bildhauereiwerkstatt nicht nach Dessau zog, verließ Marianne Heymann das Bauhaus und etablierte sich als Bühnenbildnerin. Sie arbeitete für Häuser wie das Nationaltheater Mannheim und die Kölner Oper. Vor den Nazis nach Paris geflohen, verbrachten Marianne Heymann und ihr Mann Hermann Ahlfeld den Krieg versteckt in Südfrankreich, bevor sie 1949 nach Israel emigrierten, wo sie ihre Karriere als Bühnenbildnerin wieder aufnahm. Bis zum 11. August 2019 sind Marianne Heymann und ihre Cousine, die Keramikerin Margarete Heymann, Gegenstand der Kölner Ausstellung „Zwei Kölnerinnen am Bauhaus“ im MAK.

Leipzig – Hildegard Rantzsch: Hildegard Knef – „Für mich, soll’s rote Rosen regnen“

Laut der Ausstellung „Bauhaus_Sachsen“ im Grassi Museum für Angewandte Kunst gab es 17 Bauhäusler aus Leipzig, bzw. 17 eng mit Leipzig verbundene Bauhäusler, von denen Hildegard Rantzsch stellvertretend herangezogen wurde. Hildegard Rantzsch war zwischen 1925 und 1930 in der Weberei, der Druckwerkstatt und den Kunstateliers tätig und zog 1931 nach Zürich, wo sie 1933/34 kurz in der Weberei von Gunta Stölzl arbeitete. Nach ihrer Rückkehr nach Leipzig im Jahre 1936 wurde Hildegard Rantzsch 1943 an die Westfront in Frankreich entsandt, wo sich ihre Geschichte verliert. Und auch wenn es nur eine Hildegard geben kann, die sie vertritt, soll sie dies nicht mit den „roten Rosen“, sondern lieber mit diesen Zeilen tun: „Ich kann mich nicht fügen, kann mich nicht begnügnen, will immer noch siegen, will alles, oder nichts“. Denn diese Zeilen verkörpern für uns perfekt den Geist, der viele zum Bauhaus hingezogen hat. Und den wir wohl alle auch heute haben sollten.

München – Gerhard Weber: Gerhard Wendland – „Arrivederci Roma“

Man könnte sagen, dass das Bauhaus bei aller Internationalität hinsichtlich seiner deutschen Studierenden sehr preußisch war; Studierende und MitarbeiterInnen aus Bayern, Baden oder Württemberg glänzen durch Abwesenheit. Die Auswahlkommission hat keinen einzigen Bauhäusler aus München gefunden, was eigentlich nicht stimmen kann. Es gibt allerdings auch Menschen mit einer engen Verbindung zur bayerischen Hauptstadt, darunter Gerhard Weber, der von 1955 bis 1974 als Architekturprofessor an der TU München tätig war. Der 1909 in Mylau, Sachsen, geborene Weber kam 1931 zum Bauhaus Dessau und studierte bis zur Schließung der Schule im Jahre 1933 bei Mies van der Rohe. Während des Krieges arbeitete Weber im Berliner Büro von Herbert Rimpl, das zahlreiche kriegsbezogene Projekte für die Nazis durchführte. Nach dem Krieg arbeitete Weber kurz für die Frankfurter Stadtverwaltung, bevor er sein eigenes Büro gründete, in dem er Projekte wie die Staatsoper Hamburg, das Nationaltheater Mannheim oder den Deutschlandfunk-Turm in Köln realisierte.

Schwarzwald – Max Bill: Max Richter – „Iconography“

Obwohl tiefergehende Recherchen zweifellos einen Bauhäusler aus dem Schwarzwald hervorgebracht hätten, ist der Schweizer Max Bill dank seiner Arbeit mit Junghans doch ein mehr als würdiger Vertreter. Während die Schwarzwald-Uhrenindustrie weitgehend auf der Herstellung von billiger Massenware und Kuckucksuhren basierte, gingen einige Hersteller andere Wege, darunter auch das in Schramberg ansässige Unternehmen Junghans. Deren reduzierte Uhren wurden im Frankfurter Register für empfohlene Produkte für das Projekt Neues Frankfurt aufgeführt. Zudem arbeitete Junghans in den 1950er Jahren mit der nahegelegenen HfG Ulm zusammen, angefangen mit Max Bills Küchenuhr von 1956 – ein in Zusammenarbeit mit dem jungen Ernst Moeckl entwickeltes Werk und eine der ersten von vielen Kooperationen zwischen Bill und Junghans. Angesichts der populären Rezeption der Uhrendesigns des Bauhaus, aus Ulm und Max Bills erscheint uns „Iconography“ mehr als angemessen.

Stuttgart – Benita Otte: Benita Meshulam – „Serenata andaluza“

Benita Otte wurde am 23. Mai 1892 in Stuttgart geboren und studierte in Düsseldorf, Frankfurt und Berlin, bevor sie 1915 einen Lehrauftrag an der Städtischen Höheren Mädchenschule in Uerdingen, Rhein, annahm. Eine Position, die sie 1920 aufgab um sich am Bauhaus Weimar einzuschreiben, wo sie schnell zu einer der führenden Persönlichkeiten in der Weberei wurde. Benita Otte entschied sich 1925, an die Burg Giebichenstein Halle zu gehen, anstatt dem Bauhaus nach Dessau zu folgen. Sie leitete die Burg-Weberei bis zur Machtergreifung der Nazis, die sie und ihren Mann, den Fotografen Heinrich Koch, von ihren Aufgaben entbanden. Nach Heinrich Kochs Tod 1934 zog Benita Otte nach Bielefeld, wo sie bis zu ihrer Pensionierung die Weberei an den Bodelschwinghschen Anstalten Bethel leitete.

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