5 neue Designausstellungen im April 2015

Nicht verpassen sollte man im April nicht nur die Auflösung der Aprilscherze, sondern auch diese 5 neuen Design- und Architekturausstellungen …

„Somewhat Different. Contemporary Design and Power of Convention“ im Museum of Decorative Arts and Design in Riga, Lettlan

Im Zusammenhang mit seinem Autoprogrettazione-Projekt verkündete Enzo Mari mehr oder weniger grundlegend, dass jedes Objekt nur eine perfekte Form haben kann. Funktionalisten veränderten kontinuierlich die Form, um uns zu verwirren und die kommerzielle, industrielle Produktion zu rechtfertigen und so die ganze Möbelindustrie zu stützen. Oder wie Jasper Morris es so eloquent ausdrückte: „Marcel Breuer sah ein paar Fahrradlenker und kam auf die Idee, die gleiche Produktionsmethode für die Herstellung von Stühlen zu nutzen. Heute würde jeder Konstrukteur beschließen, die Lenker einfach so zu nutzen wie sie sind und sich die Mühe und Kosten zu sparen, das Stahlrohr zu biegen.“ Die Ausstellung „Somewhat Different. Contemporary Design and the Power of Convention“ nutzt die Idee der Zweckentfremdung als Ausgangspunkt für eine Ausstellung von Objekten, die von der Norm abweichen, populäre Konventionen anfechten und uns so hoffentlich deutlich machen, dass Konventionen eher Richtlinien als Gesetze sein sollten und dass eine echte Veränderung nur entstehen kann, wenn man Konventionen überwindet.

Die Ausstellung wurde vom deutschen Institut für Auslandsbeziehungen e.V. (ifa) organisiert und von Volker Abus, der natürlich selbst einer der jungen Vertreter der deutschen postmodernen Bewegung Neues Deutsches Design und ein anerkannter Meister in Sachen Zweckentfremdung von Objekten ist, kuratiert. „Somewhat Different“ ist eine Wanderausstellung, die seit 2009 durch die Welt tourt und jetzt in Riga gelandet ist. Präsentiert wird einerseits die „übliche“ Sammlung von 148 Objekten von 67 internationalen Designstudios – darunter beispielsweise: Pin Coat von Oliver Bahr für Moormann (konventioneller Garderobenständer: ein Haufen unbeugsamer Stäbe – Pin Coat: ein Haufen loser Stäbe), Algue von Ronan und Erwan Bouroullec für Vitra (üblicherweise: florales Dekor – Algue: florale Module); Re-tire & Re-babe von e27.BERLIN (konventionelle Variante: Stuhl für die Mutter steht fest, die Wiege schaukelt, e27.Berlin Entwurf: Stuhl schaukelt, genau wie die Wiege), oder das Polyurethan-Waschbecken von Hella Jongerius (normales Waschbecken: hart und kalt, Jongerius‘ Entwurf: weich und warm).

„Somewhat Different. Contemporary Design and the Power of Convention“ ist im Museum of Decorative Arts and Design, 10/20 Skarnu Street, 1050 Riga von  Samstag den 11. April, bis Sonntag den 14. Juni, zu sehen.

nils holger moormann patrick frey markus boge kant

Kant von Patrick Frey & Markus Boge für Nils Holger Moormann, normalerweise befinden sich die Aufbewahrungsmöglichkeit neben, unter oder hinter dem Tisch – bei Kant ist der Sturaum in die Tischplatte integriert.

„What is Luxury?“ im V&A Museum, London, Großbritannien

Es gibt wohl nur weniges im Leben, das so heftig und universal begehrt ist wie der Luxus. Aber was genau ist Luxus? Was war Luxus und was wird Luxus sein? Bedenkt man Größe, Alter, Rang und Wert seiner Sammlung ist das V&A Museum in London der perfekte Ort um solche Fragen zu untersuchen. Die in Zusammenarbeit mit dem UK Crafts Council entwickelte Ausstellung „What is Luxury?“ verspricht um die 100 Objekte: von handgemachten Uhren über feine Schneiderei und eine mit Diamanten und Smaragden verzierte Krone, bis hin zu eher abstrakteren Objekten, wie dem wirklich monumentalen Projekt Time Elapsed von Phillipe Malouin, dem weniger monumentale aber ebenso interessanten Hair Highway Projekt von Studio Swine oder Gabriel Barcia-Colombos DNA Vending Machine. Anhand solcher Objekte will die Ausstellung den Luxus in all seinen Facetten erkunden und, wie wir hoffen, dem Besucher eine Idee davon vermitteln, was wahrer Luxus (und was nur eine teure Verschwendung von Zeit und Ressourcen) ist.

„What is Luxury?“ wird am Samstag, den 25. April, in der Porter Gallery, V&A, Cromwell Road, London SW7 2 RL eröffnet und läuft bis Sonntag, den 27. September.

Kunstgewerbemuseum Dresden WerkStadt Vienna Design Engaging the City Philippe Malouin Time Elapsed J & L Lobmeyr

Time Elapsed von Philippe Malouin durch J & L Lobmeyr, gesehen als Teil von WerkStadt Vienna Design Engaging the City im Kunstgewerbemuseum Dresden

„Le Corbusier. Mesures de l’homme“ im Centre Pompidou, Paris, Frankreich

Aedium compositio constat ex symmetria, cuius rationem diligentissime architecti tenere debent – die Gestaltung von Tempeln ist abhängig von der Symmetrie – Regeln, die Architekten genauestens beachten sollten – so schrieb (sogar aufgefordert) der römische Autor Vitruvius in seiner Arbeit „De architectura“, im Jahr 15 vor Christus. Weiter heißt es dort: „Denn ohne Symmetrie und Proportion kann kein Tempel einen regelmäßigen Entwurf haben, das heißt, der Tempel muss exakten Proportionen folgen, die der Art des fein geformten, menschlichen Körpers nachempfunden sind.“ Ungefähr seit dieser Zeit haben Architekten versucht die menschlichen Proportionen  als Basis für ihre Planungen und Konstruktionen zu nutzen, vielleicht am berüchtigsten Le Corbusiers mit seiner Modular-Theorie. Entwickelt während de 1940er und 1950er Jahre und unter dem Titel „Der Modulor: Darstellung eines in Architektur und Technik allgemein anwendbaren harmonischen Maßes im menschlichen Maßstab“ veröffentlicht, sah Le Corbusiers Theorie eine Zukunft voraus, in der alle Konstruktionsentscheidungen auf einem Raster basieren würden, das aus den standardisierten Proportionen eines Mannes mit ausgestreckten Armen – 2,20 Meter – abgeleitet wird. Le Corbusier, als der der er war, beließ es natürlich nicht bei theoretischen Diskussionen, sondern baute Häuser nach seinen Maßstäben, darunter seine Unité d’Habitation in Marseille 1947 und die Unité d’Habitation von 1957 in Berlin. Mit Le Corbusiers Faszination für menschliche Proportionen als kuratorischem Ausgangspunkt verspricht das Centre Pompidou eine Präsentation von 300 Objekten, anhand derer die Organisatoren den vollen Umfang von Le Corbusiers Oeuvre beleuchten möchten, ohne den Fokus auf die gewohnten Gebäude und Möbeldesigns zu  legen.

„Le Corbusier. Mesures de l’homme“ ist vom 29. April bis 3. August im Le Centre Pompidou, Place Georges-Pompidou, 75191 Paris zu sehen.

Le Corbusier Unité d Habitation Berlin

Unité d Habitation Berlin von Le Corbusier

„Pathmakers Women in Art, Craft and Design, Midcentury and Today“ im Museum of Arts and Design (MAD), New York, USA

Ein altes Sprichwort lehrt: werde Koch oder Bestatter und du wirst nie Angst haben müssen, keine Arbeit zu finden – die Menschen werden immer essen und sterben. In diese Liste könnten inzwischen getrost auch die Genderstudies aufgenommen werden; haben doch in den vergangenen Jahrzehnten zahlreiche Soziologen die Gendertheorie auf so ziemlich noch so kleinen Aspekt der zeitgenössischen Kultur angewendet. Die Kreativität, mit der immer neue Nischen erforscht werden, scheint kein Ende zu nehmen und so wird wohl auch die Arbeit für Genderexperten nicht abnehmen. Natürlich betrifft das auch die Bereiche Architektur und Design. Ein Glück – denn seit Jahren haben weibliche Kreative grundsätzlich einen schweren Stand. Auf diesen Seiten haben wir häufig über die untergeordnete Rolle von Frauen wie Ray Eames, Lilly Reich oder Charlotte Periand geschrieben, die diese Frauen zu akzeptieren hatten, oder über den Mangel an echten Möglichkeiten für Bauhausstudentinnen, trotz der vom Bauhaus proklamierten Gleichstellung. Und selbst wenn es Ausnahmen gegeben hat – für jede Marianne Brandt oder Eileen Gray gibt es etliche Edith Heaths, Ruth Asawas oder Alice Kagawa Parrots, um nur drei, der in der Ausstellung „Pathmakers“ vertretenen Künstlerinnen zu nennen. Neben einem Blick auf die Karieren von Designerinnen der 1950er und 1960er Jahre wird die Ausstellung auch Arbeiten von aktuellen Designerinnen und Künstlerinnen zeigen, darunter beispielsweise von Magdalene Odundo, Hella Jongerius und Front Design. Pathmakers Women in Art, Craft an Design wird so versuchen den Diskurs zu Rolle, Einfluss und Position kreativer Frauen nicht nur rückblickend, sondern auch in der Gegenwart zu verorten.

„Pathmakers Women in Art, Craft and Design, Midcentury and Today“ öffnet im Museum of Arts and Design (MAD), 2 Columbus Circle, New York, NY 10019 am Dienstag, den 28. April und läuft bis Sonntag, den 27. September.

Design Miami Basel 2014 Hella Jongerius Coloured Vases Priveekollektie

Coloured Vases von Hella Jongerius

„Hamster Hipster Handy. Under the Spell of the Mobile Phone“ im Museum Angewandte Kunst, Frankfurt

Dass die ersten Mobiltelefone alles außer „mobil“ waren, können nur die älteren Semester von uns noch wissen. Man sollte mal versuchen das den Kindern von heute zu erklären und ihnen dann noch verständlich machen, dass damals niemand voraus gesehen hat, was für eine zentrale Komponente des täglichen Lebens das Mobiltelefon einmal werden würde. Sie werden große Gesichter machen.

Die Ausstellung „Hampster Hipster Handy“ untersucht jetzt das Mobiltelefon als kulturelles Phänomen und die einzigartige Rolle, die Handys bei der Definition und Formung unserer modernen Gesellschaft und unseres modernen Selbstbildes spielen. Den Schwerpunkt bilden die zwei Seiten unserer Abhängigkeit von Mobiltelefonen: die negative, wie sie durch Strahlungstests an Hamstern gut veranschaulicht wird, und die positive für die der mobil vernetzte, global aktive Hipster stehen soll.

Neben einer Sammlung von Fotografien, Kunstwerken, Videos und interaktiven Installationen von über 50 internationalen Künstlern, wie beispielsweise Arne Fries, Ai Weiwei und Peter Boettcher, verspricht „Hamster Hipster Handy“ auch eine Präsentation von Artikeln des täglichen Lebens, die helfen sollen, die Entwicklung des Handys in einen kulturellen Kontext zu setzen. Zudem wird auch eine Reihe von Mobiltelefonen aus den vergangenen Jahren und Jahrzehnten gezeigt, die die Geschichte sehr gut für die bereits erwähnten Kinder von heute illustriert.

„Hamster Hipster Handy. Under the Spell of the Mobile Phone“ ist zu sehen im Museum Angewandte Kunst, Schaumainkai 17, 60594 Frankfurt am Main, ab Samstag, den 25. April bis Sonntag, den 5. Juli.

kyle bean mobile evolution

Kyle Bean, Mobile Phone Evolution 1, 2009 (Foto © Kyle Bean Photographer: Kyle Bean mit freundlicher Genehmigung des Museums Angewandte Kunst, Frankfurt)

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