smow Blog Office Tour

Im Jahr 1 v. Cor. (vor der Corona-Pandemie) planten wir für 2020 eine theoretische sowie physische Office Tour durch das zeitgenössische Büro-Design. Unser Vorhaben entwickelten wir mit dem Wissen, dass im Oktober die Orgatec in Köln stattfinden und uns eine solche Tour hoffentlich einen ganz neuen Blick auf die Möbelmesse ermöglichen würde. Wie alle zunächst vermeintlich unkomplizierten Pläne erwies sich auch dieser als komplizierter als erwartet und schließlich leider zumindest physisch als nicht umsetzbar. Treue LeserInnen wissen natürlich, dass wir uns davon nicht abschrecken lassen und mit der theoretischen Ausführung vorliebnehmen.

In den nächsten Wochen präsentieren wir euch also vom Schreibtisch aus Überlegungen zum Interior Design zeitgenössischer Bürowelten und öffentlicher Einrichtungen, wobei unser Designkalender-Post zur 1993 eröffneten Ausstellung „Citizen Office“ im Vitra Design Museum den Anfang macht. Eigentlich war dies als 4. oder 5. Schritt geplant, aber nun gut…

Hier der Text, den wir ursprünglich als Einführung zu dem Thema geschrieben haben – etwas ausführlicher und mit einer Erklärung, dass die smow Blog Office Tour trotz des eindeutigen Titels nicht auf Büros beschränkt ist.

The smow blog #officetour, first the theoretical path, then the open road.....

smow Blog Office Tour: erst Theorie, dann open road…

Zunächst eine der vielen Merkwürdigkeiten der internationalen Möbelindustrie: Während die meisten Menschen zuerst an Wohnmöbel für das Individuum denken, sind für die Möbelbranche Büromöbel und Großprojekte für die „gesichtslose Masse“ viel wichtiger. Dies war gewissermaßen schon immer so. Das Unternehmen Thonet, das in der Entwicklung der industriellen Möbelproduktion eine sehr wichtige Rolle spielte, verkaufte seine Produkte bis in die späten 1860er Jahre (fast) ausschließlich in großen Mengen und zählte in dieser Zeit laut Mathias Schwartz-Clauss „hauptsächlich moderne Cafés, Hotels, Theater und fast alle öffentlichen Einrichtungen“1 zu seinen KundInnen. Die Geschichte von Cassina basiert vorrangig auf der Ausstattung von Kreuzfahrtschiffen, Hotels und ähnlichen Großprojekten in der Gastronomie. Knoll verdankt einen Großteil seines Erfolgs bzw. die Möglichkeit, sich in der Nachkriegszeit in Amerika etabliert haben zu können, den Büro- und Interior-Design-Projekten von Florence Knoll und ihrem Team der Knoll Planungsabteilung.

Wir könnten noch weitere Beispiele aufzählen, aber eigentlich reicht schon ein Blick auf die Top-10/20/100-Listen der internationalen Möbelhersteller, auf denen hauptsächlich Unternehmen vertreten sind, deren Fokus auf Büromöbeln und Projektgeschäft liegt. Darunter befinden sich viele Hersteller, von denen ihr wahrscheinlich noch nie gehört habt, es sei denn, ihr seid selbst in der Branche tätig.

Grundsätzlich sind die Ansprüche an Wohn- und Büromöbel dieselben: Stühle zum Sitzen, Tische zum Essen/Schreiben/Zeichnen, Regale zum Verstauen von Dingen, die man irgendwann vergisst. Dennoch unterscheiden sich sowohl die Anforderungen an Büromöbel und Wohnmöbel als auch das Verständnis hinsichtlich Konzepten wie Funktionalität, Wert oder Emotion drastisch voneinander.

Um diese Gemeinsamkeiten und Unterschiede besser zu verstehen, aber auch um die Veränderungen und Entwicklungen  von Möbeln in Büroumgebungen und in öffentlichen Einrichtungen aufzuzeigen, werden wir auf Office Tour gehen: Hier geht es wie gesagt nicht nur um physische Besuche, sondern auch um theoretische Positionen und Aspekte zu den Themen Office Design und Interior Design von öffentlichen Bereichen.

Und was eignet sich als Begleitung besser als unsere Radio smow Office Furniture Playlist?

1. Mathias Schwartz-Clauss, Thonet: Pionier des Industriedesigns, 1830-1900, Vitra Design Museum, Weil am Rhein,1994

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