Diese Möbel werden oft und zu Recht mit dem Glauben der Shaker in Verbindung gebracht. Sie gelten als physische Ausdrucksform ihrer Überzeugungen, sind jedoch weit mehr als das. Sie spiegeln nicht nur die Gesellschaft der Shaker wider, sondern sind zugleich höchst aufschlussreich und lehrreich – sowohl in Bezug auf die Definition von Funktionalität im Kontext von Möbeln und Innenarchitektur als auch in Bezug auf die Beziehungen zwischen Möbeln und Nutzern sowie zwischen Raum und Nutzern. Darüber hinaus sind sie von großer Bedeutung für die Entwicklung des Möbeldesigns in den USA seit dem späten 17. Jahrhundert und dessen Wechselwirkungen mit der Entwicklung des europäischen Möbeldesigns im selben Zeitraum.
Doch die Möbel lenken oft – und zu Unrecht – von der ebenso informativen und lehrreichen Architektur der Shaker ab.
Die vom Vitra Design Museum in Zusammenarbeit mit dem Milwaukee Art Museum, dem Institute of Contemporary Art Philadelphia und dem Shaker Museum in Chatham, NY, organisierte Ausstellung „Die Shaker: Weltenbauer und Gestalter” verspricht eine umfassende Erkundung der Shaker-Möbel und -Architektur in vielfältigen Formen und Kontexten. Ergänzt wird dies durch sieben eigens für die Ausstellung in Auftrag gegebene Arbeiten internationaler zeitgenössischer Künstler und Designer wie Christien Meindertsma, Finnegan Shannon und Amie Cunat. Diese treten in einen Dialog mit der Geschichte der Shaker, ihren Möbeln, ihrer Architektur, ihren Praktiken und ihren Glaubensvorstellungen.
Diese Perspektiven eröffnen einen frischen, alternativen Blick auf die Möbel und Architektur der Shaker sowie die vielfältigen Gespräche, die sich mit ihnen führen lassen – jenseits der seit Jahrzehnten tradierten Deutungen. Somit werden auch differenzierte Betrachtungen der im 18. Jahrhundert in Amerika gegründeten Gemeinschaft ermöglicht, deren Bedeutung in den USA bis heute relevant ist.
Die Shaker. Weltenbauer und Gestalter wird am Samstag, den 7. Juni, im Vitra Design Museum, Charles-Eames-Straße 2, 79576 Weil am Rhein, eröffnet und ist bis Sonntag, den 28. September, zu sehen. Weitere Informationen finden Sie unter: www.design-museum.de
So sehr das Bauhaus auch als Wiege des europäischen funktionalistischen Modernismus gilt, ist diese Sichtweise doch viel zu eng gefasst und sollte erweitert werden – ebenso wie die gängige Wahrnehmung der Rolle der Cranbrook Academy of Art bei der Entwicklung des Mid-Century Modern in den USA. Zweifellos war Cranbrook von zentraler Bedeutung, jedoch nicht allein verantwortlich. Wir müssen das populäre Verständnis von Design in den USA der 1940er-, 1950er- und 1960er-Jahre erweitern.
Genau das verfolgt das Cranbrook Art Museum mit der Ausstellung Eventually Everything Connects. Sie präsentiert rund 200 Objekte von Cranbrook-Absolvent:innen wie Harry Bertoia, Charles Eames oder Eero Saarinen sowie von weiteren wichtigen Persönlichkeiten, die nicht direkt mit Cranbrook verbunden waren. Ohne sie wären die Entwicklungen jener Zeit jedoch ganz anders verlaufen. Dazu zählen die ungarische Emigrantin Eszter Haraszty, die Ende der 1940er Jahre als Textildesignerin zu Knoll Associates kam und Anfang der 1950er Jahre das Textil-Department leitete, sowie Tomoko Miho, die als Grafikdesignerin und Creative Director bei George Nelson Associates tätig war und zudem für zahlreiche Kampagnen und das Corporate Design von Herman Miller verantwortlich war. Oder Edward J. Wormley, ein viel zu wenig gewürdigter Designer, dessen Interpretation des Modernismus humaner und etwas dekadenter war: reduziert, funktional und auf einfache Produktion ausgelegt, dabei aber mit einer eigenen Form von Luxus.
Das Cranbrook Art Museum legt mit der Erweiterung der bekannten Erzählung um die bekannten Hauptakteur:innen besonderen Wert darauf, „Frauen, LSBTIQ*-Personen und Designer:innen mit Migrationshintergrund“ dieser Zeit hervorzuheben – eine überfällige und wichtige Würdigung. Einerseits, um jene Kreativen aus ihrer relativen Anonymität zu holen, die den Mut hatten, nicht zur permanent sichtbaren, dominanten Gesellschaftsschicht zu gehören. Andererseits ist dies im Kontext eines zeitgenössischen Amerikas wichtig, das nicht nur zu vergessen droht, sondern die Vielfalt, die es einst groß gemacht hat, geradezu zu verleugnen scheint. Auch wenn diese Vielfalt damals oft nicht offen ausgesprochen werden konnte, ist es heute umso wichtiger, sie sichtbar zu machen.
„Eventually Everything Connects“ ermöglicht somit ein besseres Verständnis der Designentwicklung im Amerika des 20. Jahrhunderts – nicht zuletzt durch die Entmythologisierung vieler gängiger Diskurse über das Mid-Century Modern – und hilft, die Komplexität von Design in jeder Epoche zu begreifen. Damit wird die Absurdität deutlich, sich nur auf wenige Namen und Schlagworte zu konzentrieren, und die Notwendigkeit unterstrichen, Komplexität und Vielfalt umfassend anzuerkennen – damals wie heute.
Die Ausstellung „Eventually Everything Connects: Mid-Century Modern Design in the US” wird am Samstag, den 14. Juni, im Cranbrook Art Museum (39221 Woodward Ave, Bloomfield Hills, MI 48303) eröffnet und ist bis Sonntag, den 21. September, zu sehen. Weitere Informationen finden Sie unter: https://cranbrookartmuseum.org.
Aktuelle Debatten über die Chancen und Risiken von KI vermitteln oft den Eindruck, als stünde die Menschheit zum ersten Mal vor grundlegenden Fragen, die durch eine neue Technologie aufgeworfen werden. Es wirkt, als wäre KI die allererste Neuerung in der langen Geschichte der menschlichen Gesellschaft, die droht, alles auf den Kopf zu stellen und den Verlauf unserer Entwicklung radikal zu verändern. Dabei ist es in Wahrheit so, dass wir schon immer vor solchen grundlegenden Fragen standen, sobald neue Technologien entstanden sind.
Man könnte sogar sagen, dass dies begann, als die Steinzeit allmählich von der Bronzezeit abgelöst wurde.
Und seit jeher verlaufen Debatten über neue Technologien meist genauso polarisiert wie heute bei der KI.
Mit Soft Robots. Mit der Ausstellung „The Art of Digital Breathing” möchte das Copenhagen Contemporary einen Beitrag zur globalen KI-Diskussion leisten. Gezeigt werden Arbeiten und Positionen von etwa 15 internationalen zeitgenössischen Künstler*innen, die in verschiedenen Formaten, Materialien und Medien arbeiten. Diese Werke versprechen, Aspekte der heutigen und zukünftigen Interaktion zwischen Mensch und Maschine auf individueller und gesellschaftlicher Ebene zu erforschen.
Durch die Vielfalt der vertretenen Perspektiven und Kontexte bietet diese Ausstellung die Möglichkeit, eine differenzierte Sichtweise auf die grundlegenden Fragen zu gewinnen, die KI aufwirft, sowie auf den Umgang mit den Herausforderungen jeder neuen Technologie.
Sie lädt dazu ein, den Sinn und Wert polarisierter Debatten zu hinterfragen und stattdessen einen offeneren Dialog zu fördern. Denn wie die Geschichte lehrt, sind die Folgen einer neuen Technologie stets offen – nicht zuletzt, weil schon die nächste Neuerung in den Startlöchern steht.
Soft Robots. The Art of Digital Breathing wird am Freitag, den 20. Juni, im Copenhagen Contemporary, Refshalevej 173A, 1432 Kopenhagen, eröffnet und ist bis Mittwoch, den 31. Dezember, zu sehen. Weitere Informationen finden Sie unter: https://copenhagencontemporary.org
Miguel Milá, 1931 in Barcelona geboren, machte sich erstmals in den 1950er Jahren als Designer einen Namen – im Umfeld der Plattform Trabajos Molestos (zu Deutsch etwa „Ärgerliche Arbeiten“), die er gemeinsam mit Francisco Ribas Barangé und Eduardo Pérez Ulibarri gründete und die auch als Tramo bekannt ist. Das Kollektiv wurde besonders durch die TMM- und TMC-Stehleuchten bekannt: höhenverstellbare Lampen, bei denen der Schirm mühelos am zentralen Schaft nach oben und unten gleitet. Dies ist ein frühes Beispiel für nutzerorientiertes Design, lange bevor dieser Begriff geprägt wurde. Zugleich stellt es eine Weiterentwicklung der Designpositionen der 1920er und 1930er Jahre in der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg (1939–1945) dar.
Damit begann Milás professionelle Laufbahn, in der er Werke schuf, die ebenso vielseitig wie faszinierend, spielerisch, kommunikativ und innovativ sind. Ein Beispiel hierfür ist die Cesta-Lampe von 1961, eine tragbare Lampe aus einer Zeit, in der es tragbare Lampen noch kaum gab. Zwar war sie kabelgebunden und nicht mit einem wiederaufladbaren Akku ausgestattet, doch bereits hier zeigt sich Milás visionäres Denken. Ein weiteres Beispiel ist die MMS von 1963: ein Beistelltisch, der gleichzeitig ein stapelbares Konzept darstellt und sowohl als Regalsystem als auch als funktionales Designelement im Innenraum eingesetzt werden kann. Ein weiteres Beispiel ist Tombal von 1990: ein Regenschirmständer, der auch als Aschenbecher genutzt werden kann – und umgekehrt –, zwei wichtige Objekte im Gastgewerbe, die jedoch nicht immer gleichzeitig benötigt werden.
Die Ausstellung „Miguel Milá. Dissenyador (pre)industrial verspricht die Präsentation von rund 200 Produkten, Prototypen, Plänen und weiteren Exponaten aus fast sieben Jahrzehnten seines Schaffens. Sie bietet einen informativen Überblick über sein Werk und seinen Einfluss – sowohl in Katalonien als auch weit darüber hinaus – und ist eine angemessene Gelegenheit, das Leben, die Arbeit und das Vermächtnis eines faszinierenden, wenn auch oft unterschätzten Designers zu würdigen. Miguel Milá verstarb im August 2024 im Alter von 93 Jahren.
Miguel Milá. Dissenyador (pre)industrial wird am Donnerstag, den 19. Juni, im Disseny Hub Barcelona (Plaça de les Glòries Catalanes 37-38, 08018 Barcelona) eröffnet und läuft bis Sonntag, den 28. September. Weitere Informationen finden Sie unter: www.dissenyhub.barcelona
Verner Panton fragte einst: „Warum gibt es Möbelausstellungen, aber keine Ausstellungen für Interior Design?“, und ergänzte: „Darum geht es doch – ums Wohnen – nicht wahr?"1
Idealerweise lebt man in einem Raum, der nicht nur funktional und praktisch, sondern auch ästhetisch ansprechend ist.
Die „Schöner Wohnen“-Kunsthalle in Tübingen verspricht, wenn auch keine klassische Interior-Ausstellung im Sinne Pantons, so doch eine Ausstellung mit Interior-Design-Entwürfen, die ihre Urheber bewusst unter dem Motto „Schöner Wohnen“ präsentieren. Es sind Positionen zu „Schöner Wohnen“, von denen wir vermuten, dass sie offen zur Diskussion gestellt werden – genau das, was Panton einforderte: ein aktiver Diskurs über Wohnräume statt des passiven Konsums dessen, was die Möbelindustrie anbietet.
Dies soll über das Medium der architektonischen Zeichnung geschehen.
Konkret soll eine Präsentation von architektonischen Zeichnungen seit 1900 Einblicke geben, wie die ausgewählten Gestalter „Schöner Wohnen” in ihrer Zeit definierten. Zudem soll sie den Zugang zu Reflexionen darüber ermöglichen, wie sich die Positionen zu Innenräumen und Interior Design in den letzten 120 Jahren verändert haben, warum diese Veränderungen entstanden sind und wie sie zum Vorherigen stehen.
Zudem soll die Ausstellung eine verkürzte (Hi)Story der Entwicklung der architektonischen Zeichnung im Kontext des Interior Designs über diesen Zeitraum darstellen.
Dadurch werden auch gezieltere Betrachtungen zur Rolle und Funktion der architektonischen Zeichnung im Interior Design ermöglicht: Ein Format, das sich im Laufe der Jahrzehnte vom handgezeichneten Kunstobjekt zu computergenerierten Darstellungen entwickelt hat und das in Zukunft unvermeidlich zu KI-generierten Objekten sowie immersiven VR-/AR-/KI-Erfahrungen werden wird. Daraus ergeben sich wichtige Fragen, wie die Zukunft der architektonischen Zeichnung die Zukunft des Interior Designs – und damit die Gestaltung unserer Lebensräume – beeinflussen wird.
Fragen, die sich – wie so viele – besser beantworten lassen, wenn man den Weg kennt, den man bisher gegangen ist.
Schöner Wohnen. Die Ausstellung „Architekturvisionen von 1900 bis heute” wird am Sonntag, den 8. Juni, in der Kunsthalle Tübingen, Philosophenweg 76, 72076 Tübingen, eröffnet und läuft bis Sonntag, den 19. Oktober. Weitere Informationen finden Sie unter: https://kunsthalle-tuebingen.de
1Verner Panton: Meine Design-Philosophie, BÜROszene, Vol 47, Nrs. 1–2, 1995