„Maison et Objet“ Paris Herbst 2017: High 5!!

Während Mailand den Anfang des Sommers einläutet, so markiert Paris das Ende von eben jenem: Die angenehme Wärme der lombardischen Sonne und der kühle Wind der Alpen machen Platz für die rege Knackigkeit von „Maison et Objet“. C’est la vie!

Die 2017er Ausgabe von „Maison et Objet“ war eine befremdliche Mischung aus barocken und malerischen, fantasievollen, skandinavischen Elementen. Fast so als hätte der Philippe Starck der späten 1980er die Idee von Hygge für sich entdeckt. Und in vielerlei Hinsicht ist die „Maison et Objet“ 2017 genauso beängstigend, wie sie sich anhört. Unser einziger Trost besteht darin, dass die Verantwortlichen blind dem Geiste der Mode folgen, und Trends in der Mode gehören immer, wirklich immer, irgendwann der Vergangenheit an. Ein Glück, dass auch einige Objekte ehrlichere Ursprünge haben. Dabei gilt wie immer: Wir konnten uns nicht alles anschauen und möchten uns hiermit bei allen Ausstellern entschuldigen, deren Werke wir nicht betrachtet haben. Nichtsdestotrotz sind hier unsere Top 4 der „Maison et Objet“ Ausstellung vom Herbst 2017. Und ein bisschen 90s Revival…

„Basic Chair“ von Sebastian Marbacher für Details

Seit der Gründung 1995 in Köln führt „Details“ ein sorgfältig kuratiertes Portfolio von fast schon idiosynkratischen, auf jeden Fall aber originellen Stücken, die alternative Ansätze für jeden Tag bieten. Somit bietet der Hersteller genau das richtige Portfolio für den „Basic Chair“ von Sebastian Marbacher. Der Gewinner des „Swiss Design Award“ 2017 ist erstens ein halber Stuhl und zweitens alles andere als „basic“. Der Name soll einen aber nicht in die Irre führen, er ist einfach spielerischer Natur. Und so denkt man zunächst der Stuhl sei „basic“, erinnert er doch sehr stark an ein Möbelstück, das in weniger als 5 Minuten gebaut werden könnte. Bei näherer Betrachtung fällt jedoch die intelligente Konstruktion und die sorgfältige Planung des sehr reduzierten, bescheidenden Objekts auf. Wobei es doch etwas Zeit braucht, um sich daran zu gewöhnen. Nähert man sich ihm unbekümmert, so wie wir es getan haben, dann wird man schockiert sein: Das Erlebnis sich auf etwas zu setzen ist mit nichts vergleichbar, was man je erlebt hat. Da ist weniger als man denkt, weniger als man sich erhofft und vermutlich wird man ein erstauntes „Ohhhh!“ ausrufen wenn man sich setzt… zumindest, wenn man uns ähnlich ist. Aber hat man sich erst einmal sicher niedergelassen, dann ist der Komfort sehr hoch, die Stabilität superb, die Rückenlehne unterstützend und das Sitzerlebnis als solches höchst zufriedenstellend. Es ist ein Basic-Stuhl wie man ihn sich wünscht. Durch die Möglichkeit, ihn zu kleinen, kompakten Türmen zu stapeln, ist der „Basic Chair“ ein Objekt ohne hohe Ansprüche, ein ehrliches Stück Handwerkskunst mit einer äußerst charmanten Persönlichkeit.

“Basic Chair” von Sebastian Marbacher für Details, gesehen bei “Maison et Objet” Paris 2017

“Basic Chair” von Sebastian Marbacher für Details, gesehen bei “Maison et Objet” Paris 2017

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… gestapelt…

„Dost“ von Rianne Koens für Puik

Kein Loungesessel, aber auch nicht ganz ein Beistellstuhl ist „Dost“: ein Stuhl in dem man durchaus etwas mehr Zeit verbringen kann. Das haben wir zwar nicht getan – vielmehr konnten wir das nicht, immerhin waren wir bei einer Ausstellung – aber die Versuchung war definitiv gegeben. Wir hätten ihr nur zu gerne nachgegeben, wenn es denn die Zeit zugelassen hätte. Ein trügerisch geräumiger Stuhl, dessen wahres Volumen sich erst bei seiner Benutzung offenbart. Die außergewöhnlich hohe Qualität der Rückenlehne ist für uns das Hauptmerkmal: Man kann fast spüren, wie „Dost“ das Gewicht von den Schultern nimmt, Philip Larkins „Toad“ vom Rücken entfernt wird und der Stuhl einem dann verspricht, dass alles gut werden wird. Man sitzt nicht auf „Dost“, man sitzt in „Dost“. Die ausgeklügelten Armlehnen und der angenehme Sitzwinkel tun ihr Übriges.

Dost by Rianne Koens for Puik, as seen at Maison et Objet Paris 2017

Dost by Rianne Koens for Puik, as seen at Maison et Objet Paris 2017

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… Rückseite…

„Flax Chair“ von Christien Meindertsma & Enkev für Label/Breed

Gemeinsam mit der holländischen Firma Enkev, die Naturfasern verarbeitet, entwickelten Christien Meindertsma und Label/Breed den „Flax Chair“, der (tatsächlich) ein Stuhl aus Flachs ist. Besser gesagt: Flachs gemischt mit einer biologisch abbaubaren Polymilchsäure, die dem Stuhl seine Festigkeit gibt. Einen Prototypen des zweifachen Gewinners des „Dutch Design Awards“ 2016 haben wir bereits bei der Dutch Design Week 2016 gesehen. Damals durfte man sich noch nicht auf den Stuhl setzten; dieses Problem wurde jedoch mittlerweile gelöst und die marktreife Version im Rahmen der „Maison et Objet“ 2017 vorgestellt. Ein erfreulich bequemer Stuhl: Erfreulich vor allem deshalb, weil der „Flax Chair“ den angenehmsten, natürlichsten Schwung besitzt. Seine Rücklehne erlaubt eine gewisse Freiheit und leistet gleichzeitig natürliche Unterstützung, sodass man uneingeschränkt und gleichzeitig extrem stabil sitzen kann. War der Stuhl ursprünglich nur in der natürlichen Flachs-Farbe vorhanden, so soll es in naher Zukunft auch weitere Farben geben. Neben der Tatsache, dass der „Flax Chair“ aus erneuerbaren Materialien gefertigt wird, ist auch jeder Stuhl aus einem einzigen Materialstück gefertigt. Dadurch wird ein Prozess der müllfreien Produktion gewährleistet. Dieser prägt maßgeblich die Silhouette des Stuhls, die an die frühen 1950er Sperrholz-Möbel erinnert und ihm somit zugleich Charme verleiht.

Flax Chair by Christien Meindertsma & Enkev for Label Breed, as seen at Maison et Objet Paris 2017

Flax Chair by Christien Meindertsma & Enkev for Label Breed, as seen at Maison et Objet Paris 2017

„Bang“ & „Kaboom“ von Hermann August Weizenegger für Pulpo

Bei jeder Messe gibt es die Produkte, die neu sind, und es gibt die Produkte, die uns neu sind. So zum Beispiel auch die Stühle „Bang“ & „Kaboom“ von Hermann August Weizenegger. Obwohl wir immer bei dem Pulpo-Stand stoppen wenn wir vorbeikommen, haben wir es doch irgendwie geschafft, „Bang“ & „Kaboom“ zu verpassen. „Bang“ & „Kaboom“ stellen alles dar, was man sich von Hermann August Weizenegger erhofft: Sie sind übertrieben, bis zum Äußersten überzogen und fast schon eine Beleidigung des guten Geschmacks. Trotzdem sind sie zurückhaltend, kultiviert und stur auf das Wesentliche fokussiert, während sie zu jeder Zeit ihre nonchalante Eleganz beibehalten. Stühle mit hoher Rückenlehne sind nichts Neues. Dennoch, um auf unsere Einleitung zurückzukommen, lässt es sich nicht leugnen, dass „Bang“ & „Kaboom“ etwas barockes an sich haben. Nicht auf eine kirchliche Art und Weise, sondern vielmehr so wie die Modernisten sich klassische Elemente zu Eigen machten und sie dazu nutzen die Exzesse der Neoklassiker umzuschiffen. So sind „Bang“ & „Kaboom“ eine Evolution des Barocken für das Moderne Zeitalter.

Bang & Kaboom by Hermann August Weizenegger for Pulpo, as seen at Maison et Objet Paris 2017

Bang & Kaboom by Hermann August Weizenegger for Pulpo, as seen at Maison et Objet Paris 2017

Sash! – „Encore une fois“

Während unseres Aufenthalts bei der „Maison et Objet“ hat eine weibliche Stimme kommende Gesprächsrunden und andere Events mit dem Satz „Mesdames, Messieurs…“ angekündigt . Jede Ankündigung vervollständigten wir fortan mit dem Satz  „le disc-jockey Sash! est de retour“. Als wir die Pariser Messehallen durchquerten war „Encore une fois“ DER Ohrwurm, der uns begleitete… Und so, aufgrund einer mangelnden fünften Entdeckung, dachten wir uns, wir teilen unseren Soundtrack für die „Maison et Objet“ 2017, um euch einen kleinen Einblick in unsere Welt zu verschaffen…

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