5 Neue Architektur- und Designausstellungen im Oktober 2021

In früheren Zeiten war der Oktober in den germanischen Ländern als Monat des Weines bekannt. Das bezog sich wahrscheinlich weniger auf das Getränk und vielmehr auf die Traube und die Ernte, und damit auf die Verheißung des neuen Weins.

Auch unsere Ausstellungsempfehlungen können in vielerlei Hinsicht als eine monatliche Ernte der neuen Architektur- und Designausstellungen betrachtet werden. Das heißt genauer gesagt – und um im germanischen Sprachgebrauch zu bleiben – als eine Auslese: eine wohlüberlegte Auswahl gut gereifter Konzepte und Räumlichkeiten, die den erfahrenen als auch den unerfahrenen Betrachters anregen und beleben werden.

Unser Quintett neuer, denkwürdiger Jahrgänge des Weinmonats 2021 versammelt Ausstellungen in Ulm, Stockholm, ’s-Hertogenbosch, Paris und Tokio.

5 New Architecture & Design Exhibitions for October 2021

„Der Ulmer Hocker : Idee ─ Ikone ─ Idol“ im HfG Archiv, Ulm, Deutschland

Obwohl die Hochschule für Gestaltung (HfG) Ulm nur von 1953 bis 1968 existierte, hat sie, wie oft bemerkt, einen fast mythischen Platz in der westdeutschen Designgeschichte eingenommen. Sie ist, wie es im Volksmund heißt, zur Ikone geworden. Genau das trifft auch auf ein Möbelstück zu, das an der Schule für die Schule entwickelt wurde. Der Ulmer Hocker ist, wie der Titel der neuen Ausstellung im Archiv der HfG bereits deutlich macht, selbst zur Ikone geworden.

Ursprünglich handelte es sich beim Ulmer Hocker aber um eine Idee. Und diese Idee verspricht für uns der interessanteste Punkt der Ausstellung zu werden. Uns interessiert die Geschichte der Entstehung, Entwicklung und Realisierung eines Möbelstücks, das so einfach, so logisch, so archetypisch ist, dass man kaum glauben kann, dass es jemand erfinden, bzw. entwerfen musste. Dieser Hocker hat doch sicherlich schon immer existiert!

„Der Ulmer Hocker : Idee ─ Ikone ─ Idol“ verspricht eine Ausstellung zu werden, die uns hilft, den Ulmer Hocker besser zu verstehen, die uns besser würdigen lässt, was die Geschichte des Ulmer Hockers uns über die Gestaltung von Möbeln lehren kann, und wird uns hoffentlich auch neue Einblicke in die Geschichte und das Erbe der HfG Ulm ermöglichen.

“Der Ulmer Hocker : Idee ─ Ikone ─ Idol” wird am Freitag, den 8. Oktober im HfG-Archiv Ulm, Am Hochsträß 8, 89081 Ulm eröffnet und läuft bis Sonntag, den 27. Februar. Bitte informieren Sie sich auf der Website des HfG-Archivs über aktuelle Informationen zu Öffnungszeiten, Kartenverkauf und Sicherheits-/Hygienevorschriften.

The Ulm Stool: Idea ─ Icon ─ Idol at the HfG Archiv, Ulm

„Der Ulmer Hocker : Idee ─ Ikone ─ Idol“

„Scandinavian Design & USA – People, Encounters and Ideas, 1890–1980“ im Nationalmuseum, Stockholm, Schweden

Einer der entscheidendsten Momente in der US-amerikanischen Geschichte des Designs ist eng mit einem skandinavisch-amerikanischen Austausch verbunden: Der Finne Eliel Saarinen bot dem aus Missouri stammenden Charles Eames ein Stipendium an der Cranbrook Academy of Art an. Dabei handelte es sich um eine Einrichtung zu deren wichtigsten Lehrkräften neben der Familie Saarinen auch der schwedischer Bildhauer Carl Milles und die finnische Keramikerin Maija Grotell zählten, die wiederum einen wichtigen Beitrag zu den Positionen und Stiftungen der Schule leisteten. Charles Eames nahm die Einladung an und aus diesem Schritt sollte sich einer der wichtigsten Stränge des amerikanischen Mid-Century Modernism entwickeln.

Wie der Titel der neuen Ausstellung des Nationalmuseums Stockholm jedoch deutlich macht, begann der skandinavisch-amerikanische Austausch im Bereich des Designs schon viel früher.

“Skandinavisches Design & USA” ist eine Koproduktion des Nationalmuseums in Zusammenarbeit mit dem Los Angeles County Museum of Art, dem Milwaukee Art Museum und dem Nasjonalmuseet, Oslo. Die Ausstellung zielt darauf ab, Design in Skandinavien und Amerika nicht nur im Kontext direkter Kooperationen und des Austauschs auf professioneller Ebene zu erforschen. Es soll auch um skandinavisches Design im Kontext des Transfers von Ideen, Positionen und Objekten durch Migration gehen und um den Missbrauch skandinavischen Designs als reines Instrument der Politik und Kulturpolitik.

Die Ausstellung verspricht somit eine breit gefächerte konzeptionelle Basis, die durch eine vielfältige Auswahl von Objekten, Genres, Positionen und Beteiligten untermauert wird. So soll “Scandinavian Design & USA” differenzierte Perspektiven auf die Entwicklung des Designs in Amerika und Skandinavien im 20.Jahrhundert und auf den populären Begriff „skandinavisches Designs“ liefern.

Die Ausstellung “Scandinavian Design & USA – People, Encounters and Ideas, 1890-1980” wird am Donnerstag, den 14. Oktober, im Nationalmuseum, Södra Blasieholmshamnen 2, 111 48 Stockholm, eröffnet und läuft bis Sonntag, den 9. Januar. Bitte informieren Sie sich auf der Website des Nationalmuseums über aktuelle Informationen zu Öffnungszeiten, Eintrittskartenverkauf und Sicherheits-/Hygienevorschriften.

Big Toobs bunk beds by Jim Hull and Penny Hull, part of Scandinavian Design & USA – People, Encounters and Ideas, 1890–1980 at the National Museum, Stockholm (photo © Associates/LACMA, courtesy National Museum, Stockholm)

Big Toobs Stockbett von Jim Hull und Penny Hull, ein Teil von „Scandinavian Design & USA – People, Encounters and Ideas, 1890–1980“ im Nationalmuseum, Stockholm (photo © Associates/LACMA, mit freundlicher Genehmigung des National Museum, Stockholm)

„Goth – Designing Darkness“ im Design Museum Den Bosch, ’s-Hertogenbosch, Niederlande

Jugendliche Subkulturen finden immer wieder neue Anhänger und auf keine trifft das wohl mehr zu als auf “Goth”. Goth, so scheint es, ist unsterblich.

Mit der Ausstellung “Goth – Designing Darkness” will das Design Museum Den Bosch, wenn man so will, Licht ins Dunkel bringen und nicht nur die Geschichte des Goth, sondern vor allem Goth als Bestandteil der Kulturgeschichte erforschen. Dazu schaut die Ausstellung auf Goth in einer Reihe verschiedener Genres, wir unter anderem Kunst, Kleidung, Design und Architektur.

Auf diese Weise sollen nicht allzu einfache Klischees, die sich um Goth ranken, dekonstruiert werden, es soll auch erklärt werden worin die ungebrochene und unnachgiebige Anziehungskraft von Goth besteht – und das betrifft Old Goths, New Goths, Non Goths, Oh No! Goths! und angehende Goths gleichermaßen.

All das geschieht nicht nur, wie die Kuratoren anmerken, in einer Stadt mit einer erstaunlichen, gotisch-barocken Altstadt, sondern auch in der Geburtsstadt des zuweilen erstaunlich düsteren Hieronymus Bosch.

“Goth – Designing Darkness” wird am Samstag, den 16. Oktober im Design Museum Den Bosch, De Mortel 4, 5200 AA Den Bosch eröffnet und läuft bis Montag, den 18. April. Bitte informieren Sie sich auf der Website des Design Museum Den Bosch über aktuelle Informationen zu Öffnungszeiten, Kartenverkauf und Sicherheits-/Hygienevorschriften.

Interior of the Großes Schauspielhaus, Berlin, by Hans Poelzig, ca. 1919-1920, part of Goth – Designing Darkness (Photo © Technische Universität Berlin, courtesy Design Museum Den Bosch

Innenraum des Großes Schauspielhaus‘, Berlin, von Hans Poelzig, ca. 1919-1920, ein Teil von „Goth – Designing Darkness“ (Photo © Technische Universität Berlin, mit freundlicher Genehmigung des Design Museum Den Bosch

„Ettore Sottsass. The Magic Object“ im Centre Pompidou, Paris, Frankreich

Ettore Sottsass ist zweifellos eine der rätselhaftesten Figuren in der Geschichte des Designs. Aber auch wenn es schwerfällt, lohnt es sich, sich dieser schwierigen Figur zu nähern.

“Ettore Sottsass. Das magische Objekt” verspricht eine Präsentation von rund 400 Werken, 500 Fotografien und 200 Dokumenten aus den 1940er bis zu den 1980er Jahren und deckt alle Genres ab, in denen Sottsass tätig war. So will die Ausstellung nicht nur eine reich bebilderte Einführung in die Sottsass-Biografie bieten, sondern durch den versprochenen Umfang und die Vielfalt des präsentierten Materials erhellen, wie diese Biografie zu den unterschiedlichen Phasen von Sottsass‘ Karriere beigetragen und sie beeinflusst hat.

Es soll dadurch deutlich werden, warum Ettore Sottsass eine der wichtigeren Figuren in der Designgeschichte ist.

“Ettore Sottsass. The Magic Object” wird am Mittwoch, den 13. Oktober im Centre Pompidou, Place Georges-Pompidou, 75004 Paris eröffnet und läuft bis Dienstag, den 4. Januar. Bitte informieren Sie sich auf der Website des Centre Pompidou über aktuelle Informationen zu Öffnungszeiten, Kartenverkauf und Sicherheits-/Hygienevorschriften.

Ettore Sottsass 1917 - 2007 (Photo Barbara Radice, 1984 © and courtesy Studio Ettore Sottsass)

Ettore Sottsass 1917 – 2007 (Photo Barbara Radice, 1984 © and courtesy Studio Ettore Sottsass)

 

100 Years of Mingei: The Folk Crafts Movement” im Nationalmuseum für moderne Kunst, Tokio, Japan

Die reiche und vielfältige Geschichte des Handwerks und des Designs in Europa führt dazu, dass sich unter den Europäern eine sehr eurozentrische Sichtweise auf Handwerk und Design durchsetzt hat. Wir neigen dazu uns so sehr in unsere eigene Geschichte zu vertiefen, dass wir vergessen, dass es da draußen noch andere Geschichten gibt.

Andere Geschichten, die uns helfen könnten, unsere eigene Geschichten, in die wir so vertieft sind, besser zu verstehen.

Eine solche Geschichte handelt von Mingei.

Die Mingei-Bewegung entstand in den 1920er Jahren in Japan und strebte, stark vereinfacht, eine Vorrangstellung traditioneller handwerklicher Materialien und Verfahren an. Sie war, ähnlich wie analoge Strömungen in Europa, eine kritische und hinterfragende Reaktion auf die Industrialisierung und Urbanisierung des späten 19. und frühen 20. Jahrhunderts. Wie die Kuratoren von “100 Jahre Mingei” anmerken, ging es dabei nicht nur um Objekte, sondern auch um die Netzwerke und Rahmenbedingungen, innerhalb derer Produktion, Vertrieb und Konsum stattfanden. Es handelte sich also um eine Bewegung, die sich der komplexen Beziehungen zwischen Gesellschaft und Gebrauchsgegenständen bewusst war.

Da diese Bewegung gegen Ende des Jugendstils aufkam, stellt sich die sehr relevante Frage nach einem möglichen europäischen Einfluss auf Mingei. Diese Frage wird noch interessanter, wenn man die japanischen Einflüsse auf den Jugendstil und dann auf die internationale Moderne mitdenkt. “100 Jahre Mingei” dürfte in jedem Fall interessante Einblicke in die Entwicklung von Handwerk und Design in Japan und in die Rezeption des kulturellen Erbes Japans liefern.

“100 Years of Mingei” wird am Dienstag, den 26. Oktober im National Museum of Modern Art, 3-1 Kitanomaru-koen, Chiyoda-ku, Tokyo 102-8322 eröffnet und läuft bis Sonntag, den 13. Februar. Bitte informieren Sie sich auf der Website des National Museum of Modern Art über aktuelle Informationen zu Öffnungszeiten, Eintrittskartenverkauf und Sicherheits-/Hygienevorschriften.

Habiro Iron Kettle, Yamagata Prefecture, c. 1934, part of 100 Years of Mingei. The Folk Crafts Movement at National Museum of Modern Art, Tokyo (photo © and courtesy National Museum of Modern Art, Tokyo)

Habiro Eisenkessel, Präfektur Yamagata, c. 1934, ein Teil von „100 Years of Mingei. The Folk Crafts Movement“ im National Museum of Modern Art, Tokyo (photo © und mit freundlicher Genehmigung des National Museum of Modern Art, Tokyo)

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