5 neue Designausstellungen im Juli 2016

Die „Ludi Apollinares“-Spiele, die zu Ehren Apollos stattfanden – wurden im Juli 212 v. Chr.* ins Leben gerufen und beinhalteten eine Mischung aus Wagenrennen, Spielen, Tänzen und rituellen Opferungen.

Die folgenden fünf neuen Designausstellungen, die im Juli 2016 eröffnen, können vielleicht nicht mit einem aufregenden Wagenrennen dienen. In vielerlei Hinsicht eignen sie sich aber sehr gut dafür, den griechisch-römischen Gott der Künste, der Poesie, der Musik und des Wissens zu feiern.

Und kein vergoldetes Rind, keine Ziege und keine Färse muss leiden.

„Fast Forward: The Architecture of William F. Cody“ im A+D Architecture and Design Museum, Los Angeles, Kalifornien, USA

Die „Wüstenmoderne“ ist fraglos eher eine Nischenbranche innerhalb der modernistischen Architektur, wenngleich eine der interessanteren und fotogeneren. Sie sind gewissermaßen die Katzenbilder der Architektur, die Bilder der reduzierten Arbeiten in der kalifornischen Wüste, grundsätzlich mit Sonnenauf- oder Sonnenuntergang, die fast allen Betrachtern ein Lächeln entlocken. Allerdings hat die Wüstenmoderne anders als Katzenbilder mehr als den visuellen Wert zu bieten. Indem sie das formale Verständnis und die Konstruktionstechniken, die eine Generation früher entwickelt wurden, auf die Besonderheiten der kalifornischen Wüste anwendeten, schufen Richard Neutra, E. Stewart Williams oder William F. Cody Arbeiten, die, obwohl sie universell designt wurden, nur in dieser Umgebung funktionieren. Sie zeigen eine andere Perspektive auf die modernistische Architektur und ermöglichen somit ein neues Verständnis und eine neue Wertschätzung der Prinzipien, auf denen die Konstruktionen basieren. Und sie machten das Coachella Valley zu einem der hipsten Partyorte, lange bevor es die moderne Schickeria entdeckte und es kaputt machte. Anlässlich William F. Codys 100. Geburtstag verspricht „Fast Forward“ nicht nur eine überschwängliche Feier zu Ehren des Lebens und der Arbeit eines der führenden Protagonisten des Genres. Durch eine Zusammenarbeit mit Studierenden der Cal Poly San Luis Obispo werden auch zeitgenössische Interpretationen einiger Möbel-, Licht- und Typografiedesigns Codys ausgestellt. So geht die Ausstellung eher der allgemeineren Frage nach, inwiefern man ein Design „updaten“ kann, insbesondere ein Design, das zu einer bestimmten Zeit und in einem bestimmten Kontext kreiert wurde.

„Fast Forward: The Architecture of William F. Cody“ wurde am Sonntag, den 10. Juli im A+D Architecture and Design Museum, 900 E. 4th Street, Los Angeles, CA 90013 eröffnet und läuft bis Sonntag, den 25. September.

Shamel Residence, Palm Desert, California by William F. Cody (Photo © Julius Shulman, courtesy A+D Museum Los Angeles)

Shamel Residence, Palm Desert, Kalifornien von William F. Cody (Foto © Julius Shulman, mit freundlicher Genehmigung des A+D Museum Los Angeles)

„World of Malls. Architekturen des Konsums“ im Architekturmuseum der Technischen Universität München

Alles begann mit gelegentlichen Märkten im Freien, Außenstellen, oft an Kreuzungen, wo Händler aus weit entfernten Regionen sich trafen und ihre Waren anboten, bevor sie weiterzogen. Im Laufe der Jahrhunderte wurden diese Außenstellen dauerhafter und größer, es entstanden Basare, Handelsplätze oder Marktstädte, Zentren des Handels, des Handwerks, der Kultur und der politischen Macht und diese Orte entwickelten sich so immer mehr zu etwas, das weit über das einfache Kaufen und Verkaufen hinausging. Es entwickelten sich auch effiziente Steuersysteme. Seit Ende des Zweiten Weltkriegs und größtenteils dank der Entwicklungen in Amerika, wird das Shopping-Erlebnis von „der Mall“ verkörpert. „World of Malls“ konzentriert sich eher auf die Architektur der Shopping Malls als auf deren kulturelle und gesellschaftliche Bedeutung und präsentiert 23 Beispiele aus der ganzen Welt, anhand derer die Kuratoren nicht nur die architektonische Entwicklung der Shopping Mall seit den 1950er Jahren, sondern auch die Entwicklung der Beziehung des Einkaufszentrums zur weiteren städtischen Umgebung zeigen wollen. So stellen sie die Frage, ob die Dinge wirklich „fortgeschritten“ sind, seit die Händler von damals unter dem Baum am Ententeich standen. Oder ob einfach nur alles größer geworden ist.

„World of Malls. Architekturen des Konsums“ wird am Donnerstag, den 14. Juli im Architekturmuseum der Technischen Universität München, Pinakothek der Moderne, Barer Straße 40, 80333 München eröffnet und läuft bis Sonntag, den 16. Oktober.

The Horton Plaza, San Diego, California by Jon Jerde (Photo © The Jerde Partnership)

The Horton Plaza, San Diego, Kalifornien von Jon Jerde (Foto © The Jerde Partnership)

„Nathalie Du Pasquier: Big Objects Not Always Silent“ in der Kunsthalle Wien, Österreich

Als eines der Gründungsmitglieder der Memphis Group spielte Nathalie Du Pasquier eine wichtige Rolle dabei, die Haltungen gegenüber Kunst, Design, Form, Funktion und letztlich Ästhetik neu zu formen. Im Wesentlichen tat sie dies durch die vielen von ihr gestalteten Textil- und Laminatdesigns sowie dem, was man als „Oberflächendesigns“ bezeichnen könnte und die in ihrer abstrakten Grellheit den Memphis Stil mitdefinierten. Nach der Memphis Gruppe setzte Nathalie Du Pasquier ihre Entdeckung von Farben und Formen durch künstlerische Arbeiten fort und seit den späten 1980er Jahren arbeitet sie ausschließlich als Künstlerin. Das Werk der Autodidaktin Nathalie Du Pasquier konzentriert sich größtenteils auf Stillleben. Ihre frühen künstlerischen Arbeiten drücken eine wunderbare Naivität aus und wurden über die Jahrzehnte und durch die steigende Konzentration auf einige eingeschränkte Formen immer puristischer. Sie wurden dann von 2D- zu 3D- und skulpturalen Objekten, die formal oft an Memphis erinnern, wenn auch ohne die Funktionalität, die Kunst von Design trennt. Obgleich sie als Designerin größtenteils in Vergessenheit geraten ist, ist das Interesse an Nathalie Du Pasquiers Textildesigns  in den letzten Jahren wieder gestiegen. Dies zeigte sich hauptsächlich in Wrong for Hays Neuauflage einer Auswahl ihrer Designs. Die Ausstellung „Big Objects Not Always Silent“ in der Kunsthalle Wien verspricht Arbeiten aus Nathalie Du Pasquiers Werk aus verschiedenen Jahrzehnten und Genres. Das Ausstellungskonzept sieht eine ausführliche Präsentation der Künstlerin und ihres Werkes vor und stellt auch interessante Entdeckungen der Beziehung zwischen Kunst und Design in Aussicht.

„Nathalie Du Pasquier: Big Objects Not Always Silent“ wird am Freitag, den 15. Juli in der Kunsthalle Wien, Museumsplatz 1, 1070 Wien, Österreich eröffnet und läuft bis Sonntag, den 13. November.

Arizona carpet by Nathalie Du Pasquier, 1983 (Photo: Studio Azzurro, Courtesy Memphis Milano)

Arizona Teppich von Nathalie Du Pasquier, 1983 (Foto: Studio Azzurro, mit freundlicher Genehmigung von Memphis Milano)

Friends + Design im Kunstgewerbemuseum Dresden

In der Branche der freischaffenden Produktdesigner ist es so, dass enge Freunde oft direkte „Mitbewerber“ sind. Zwar nicht im kämpferischen Sinn, denn die Branche ist zumindest noch nicht so hart umkämpft, Mitbewerber sind sie nichtsdestotrotz. Die Erfolgschancen sind gering, die Unfähigkeit und der Widerwille des Marktes, alles zu absorbieren, bedeutet, dass nur sehr wenige freischaffende Produktdesigner von ihrer Kreativität wirklich gut leben können. Der alte Kumpel aus Unizeiten oder der Atelierpartner ist oft genauso eine Gefahr für die Karriere wie ein ehrlicher Ratgeber. Was macht man da? Die Antwort des Kunstgewerbemuseums Dresden war es, befreundete internationale Designer zusammenzuführen, sie damit zu beauftragen, ein gemeinsames Projekt zu entwickeln und so die freundliche Rivalität, diese merkwürdige Spannung, die zwischen Designern besteht, in einen kreativen Prozess einfließen zu lassen und potenzielle neue Einblicke in das Verständnis von und den Ansatz zum Design der ausgewählten Sieben zu ermöglichen.

„Friends + Design“ wurde am Samstag, den 9. Juli im Kunstgewerbemuseum, Schloss Pillnitz, Wasserpalais,
August-Böckstiegel-Straße 2, 01326 Dresden eröffnet und läuft bis Dienstag, den 1. November.

Friends + Design at the Kunstgewerbemuseum Dresden (Photo Marco Cappelletti © DSL Studio, Courtesy Kunstgewerbemuseum Dresden)

Friends + Design im Kunstgewerbemuseum Dresden (Foto Marco Cappelletti © DSL Studio, mit freundlicher Genehmigung des Kunstgewerbemuseum Dresden)

„New Romance: art and the posthuman“ im Museum of Contemporary Art, Sydney, Australien

Kunst ist nicht Design und sollte nie damit verwechselt werden. Allerdings können Kunst und Design einander beeinflussen, neue Perspektiven aufeinander bieten und in Kombination können sie oftmals unser Verständnis der gegenwärtigen Gesellschaft effektiver voranbringen, als einer von beiden allein. Eine Vorstellung wie dieser Dialog funktionieren könnte, verspricht „New Romance: art and the posthuman“Die Ausstellung wurde gemeinsam vom Museum of Contemporary Art Australia und dem Korean National Museum of Modern and Contemporary Art organisiert und ursprünglich in Seoul präsentiert. Gezeigt werden Arbeiten von 18 koreanischen und australischen Künstlern, die darlegen, was der Begriff „menschlich“ heute bedeutet und in Zukunft bedeuten könnte. Die Ausstellung betrachtet das Thema aus verschiedenen Perspektiven und stellt eine Mischung aus Objekten, Videos und Performances in Aussicht, die sich auf Themen wie gegenwärtige Kommunikation, die Entwicklung ethischer Realitäten und unsere Beziehung zur natürlichen Welt konzentrieren. Wir hätten es bevorzugt, wenn einige Designer miteingebracht worden wären, aber als Kunstausstellung verspricht „New Romance“, eine sehr zum Nachdenken anregende, informative und vor allem unterhaltende Erkundung unserer zeitgenössischen Welt.

„New Romance: art and the posthuman“ wurde am Donnerstag, den 30. Juni im Museum of Contemporary Art, 140 George Street, The Rocks, Sydney eröffnet und läuft bis Sonntag, den 4. September.

Airan Kang, Digital Book Project, 2016 (Photo Courtesy and © the artist and Gallery Simon, Seoul)

Airan Kang, Digital Book Project, 2016 (Foto mit freundlicher Genehmigung und © der Künstler und Gallery Simon, Seoul)

* Wir wissen, dass es keinen „Juli 212 v. Chr.“ gab, aber  „Quintilis 212 v. Chr.“ oder sogar „Quintilis im Jahre des Konsulats von Flaccus und Pulcher“ zu schreiben, wäre auch nicht besonders hilfreich gewesen…

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