Kreatives Köln: kaschkasch

Wir hörten zum ersten Mal von Florian Kallus und Sebastian Schneider a.k.a. Designstudio kaschkasch, bevor sie sich kaschkasch nannten. Da waren sie noch Florian Kallus und Sebastian Schneider, Studierende der Akademie für Gestaltung Münster. Mit Florian kamen wir zum ersten Mal in Kontakt, als wir sein Projekt „Table & Lamp“ auf dem DMY Festival 2010 in Berlin sahen. „Table & Lamp“ ist nichts Komplizierteres als ein Tisch, eigentlich ein Schreibtisch, mit einer frei einstellbaren und ausrichtbaren Leuchte. Es war und ist eines dieser Projekte, das durch seine zurückhaltende Offensichtlichkeit und seine Liebe zum Detail in der Umsetzung beeindruckt. Aus verschiedenen Gründen ist „Table & Lamp“ hier leider noch nie aufgetaucht, ganz im Gegensatz zu Sebastians Projekt „Franzel“, Gartentisch und Bank, das wir auf der IMM Cologne 2011 sahen und das einfach über den am besten durchdachten Klappmechanismus verfügt. Ein Vertreter des inspirierten und kompetenten Design Thinking, dem wir – wie nur wir es können – mit einem der schlimmsten Fotos gehuldigt haben, das wir jemals gemacht haben. Jemals.

Florian und Sebastian machten 2011 ihren Abschluss und zogen im Anschluss nach Köln. In einer ehemaligen Sattlerei in dem angenehm unhippen Stadtteil Zollstock gründeten sie kaschkasch und realisierten von dort aus Projekte im Bereich Möbel- und Leuchtendesign für internationale Hersteller wie, unter anderem, Zeitraum, Normann Copenhagen, Bolia oder Müller Möbelwerkstätten.

Wir haben uns mit Florian Kallus getroffen, um über die Vor- und Nachteile Kölns zu sprechen, über das Leben als junger Designer und darüber, was ein „kaschkasch“ eigentlich ist. Zunächst begannen wir aber wie immer mit der Frage „Warum Design?“.

Florian Kallus: Sebastian und ich haben beide ursprünglich Ausbildungen im Bereich Tischlerei absolviert. In meinem Fall hat sich durch die Ausbildung ein Interesse an Möbeln und Inneneinrichtung entwickelt und ganz besonders eine Faszination für Ästhetik, Funktion und das Zusammenspiel der beiden und so habe ich mich dann dazu entschlossen, Produktdesign zu studieren.

smow Blog: Du und Sebastian habt euch an der Akademie für Gestaltung Münster kennengelernt. Habt ihr euch von Anfang an gut verstanden und regelmäßig gemeinsam an Projekten gearbeitet, oder …?

Florian Kallus: Während des Studiums waren wir Freunde, haben aber nicht ständig zusammengearbeitet. Wir haben eher beide unser eigenes Ding gemacht, uns aber zusätzlich zu unserer Freundschaft auch für die Arbeit des anderen interessiert und diese geschätzt. Und dann haben wir – größtenteils, weil wir beide unser eigenes Studio gründen wollten – an einem gemeinsamen Abschlussprojekt gearbeitet, in dessen Rahmen wir fünf Produkte und eine Firma entwickelten, die diese vermarkten sollte. Wir erarbeiteten einen Businessplan und hatten sogar einen Namen, „kaschkasch“. Zwei von diesen fünf Objekten nahm Magazin schließlich in Produktion und so war die Entscheidung, kaschkasch professionell weiterzuführen im Grunde gefallen …

smow Blog: Fiel die Entscheidung, euch in Köln niederzulassen, genauso schnell?

Florian Kallus: So sehr wir Münster auch mochten, brauchten wir beide nach dem Abschluss doch einen Ortswechsel. Zu dieser Zeit erschienen uns nur Köln, Hamburg oder Berlin realistische Optionen für die Gründung eines Designstudios zu sein. In Hamburg kannten wir niemanden, hatten keine Verbindung zur Stadt und obwohl Berlin in vielerlei Hinsicht die einfache Variante gewesen wäre, dachten wir, dass man geografisch doch ein wenig isoliert ist. So hat Köln letztlich mehr Sinn ergeben, denn die Lage ist sehr zentral, man kann schnell überall hinreisen und außerdem hatten wir dort persönliche Verbindungen, was nicht unwichtig ist.

smow Blog: War es denn auch rückblickend die richtige Entscheidung? Ist Köln ein guter Standort für Designer?

Florian Kallus: Für uns hat sich Köln als exzellenter Standort herausgestellt. Es gibt hier unglaublich viel Industrie, auch in der Umgebung, wenn man das Ruhrgebiet als Ganzes betrachtet. Zudem schätze ich die Mentalität und Offenheit der Menschen hier in Köln sehr. Als wir hier angekommen sind war es deutlich spürbar, dass wir überall mit echter Offenheit begrüßt wurden. Generell ist es so, dass man sehr kritisch behandelt wird – wenn einem nicht sogar schlicht misstraut wird -, wenn man als Designer zu einem Hersteller oder einer Werkstatt geht, um ein Projekt zu besprechen. Hier in Köln waren alle nicht nur sehr offen, sondern wollten auch mit uns zusammenarbeiten. Zudem ist die generelle Atmosphäre hier in Köln so, dass man unglaublich viel Freiheit hat.

smow Blog: Wir verstehen das so, dass ihr euch ein gutes Netzwerk kompetenter Partner aufgebaut habt, mit denen ihr an der Entwicklung von Projekten zusammenarbeiten könnt?

Florian Kallus: Genau. Bei unserem Studio um die Ecke ist zum Beispiel ein Schreiner, der entweder kleine Teile für uns produziert oder uns seine Werkstatt nutzen lässt. Daran sieht man auch wieder diese Offenheit, die es hier gibt. Drüben in Ehrenfeld gibt es einen Metallarbeiter, der nicht nur Prototypen und Teile für uns herstellt, sondern uns auch in technischen Fragen berät und hilft. Es ist super, wenn du jemanden hast, der nicht nur mit dir zusammenarbeitet, sondern der auch gern an deinen Projekten arbeitet und engagiert ist. Wir wissen das beide unglaublich zu schätzen.

smow blog: Aber kann man sich Köln leisten? Gibt es genügend Platz für Studios und Werkstätten?

Florian Kallus: Es gibt Platz, aber im Allgemeinen ist der Immobilienmarkt in Köln sehr hart umkämpft, egal ob im Bereich Wohnungen, Werkstätten, Ateliers, oder was auch immer. Zurzeit ist es sehr schwierig, etwas Passendes zu finden, das man sich auch leisten kann. Dass wir unseren Raum hier gefunden haben und er sich als so passend herausgestellt hat, war ein echter Glücksfall.

smow Blog: Und von außen? Findet ihr, Köln wird von außerhalb ernst genommen? Fühlt ihr euch hier gut sichtbar? Oder ist es eher so, dass die Möbelindustrie jeden Januar nach Köln zur IMM kommt und sich den Rest des Jahres auf etwas anderes konzentriert?

Florian Kallus: Das ist schwer zu beantworten, denn wir kennen nur die Situation hier in Köln. Ich denke nicht, dass Köln auf internationaler Ebene als Designmetropole wahrgenommen wird, teilweise, weil für viele Ausländer Deutschland Berlin ist und für alle deutsches Design Design aus Berlin ist. In der Vergangenheit haben wir ausländischen Medien zum Beispiel Interviews gegeben und sie fragen, wie das Leben als Berliner Designer ist, oder wie es sich anfühlt, in Berlin zu leben und zu arbeiten. Wir müssen dann erklären, dass wir nicht in Berlin sind, sondern in Köln, was sie nicht immer verstanden haben. Trotzdem haben wir das nie als Problem empfunden und fühlen uns wirklich sichtbar und ernst genommen.

smow Blog: Ein kleiner Themenwechsel. Ihr arbeitet seit 2011 als kaschkasch zusammen, waren die letzten vier Jahre so hart, wie ihr erwartet habt, oder sogar härter …?

Florian Kallus: Am Anfang haben wir uns wirklich vorgestellt, dass es viel einfacher sein würde, als es dann war. Das ist wahrscheinlich gar nicht so schlecht, denn wenn wir gewusst hätten, wie schwierig es werden würde, hätten wir vielleicht nicht angefangen! Ein wenig Naivität ist manchmal gut für die Motivation. Als besonderes Problem hat sich das Lizenzsystem herausgestellt, nach dem Designer bezahlt werden. Das heißt, dass zwischen der Fertigstellung eines Entwurfs und der ersten Zahlung leicht zwei Jahre liegen können. Das bedeutet praktisch, dass wir erst jetzt wirklich Geld aus den Lizenzen verdienen und das nach etwas über vier Jahren im Geschäft. Manche haben das große Glück, ihre Karriere mit einem erfolgreichen Produkt zu beginnen, mit dem sie all ihre laufenden Kosten decken können. Das sind aber Ausnahmen und für die Mehrheit ist es ein langer, harter Weg. Und die Mehrheit von denen, die anfangen, weiß nicht, wie hart oder wie lang.

smow Blog: Wir vermuten, dass für diejenigen, die nicht das eine große Erfolgsprodukt haben, so wie ihr, die Alternative ist, zu versuchen, viele Produkte mit vielen Herstellern zu entwickeln, die zusammen einen regelmäßigen Cashflow garantieren?

Florian Kallus: Ganz bestimmt. Trotzdem ist es schwierig, das zu erreichen. Ich vergleiche das immer gern mit einem KFZ-Mechaniker, der seine eigene Werkstatt aufmachen will. Wenn man beginnt und noch nie einen Kunden hatte, ist es sehr schwierig, seinen ersten Kunden zu gewinnen. Dieser erste Kunde verhilft einem dann aber zu mehr Kundschaft. Die Produkte, die wir zurzeit haben, sind praktisch dieser schwierige erste Kunde. Da wir nun den ersten Kunden gewonnen haben, sind wir sichtbar geworden, haben einen Ruf, und selbst wenn der zweite und dritte Kunde keineswegs einfach ist, ist er einfacher.

smow Blog: Du sagst, es ist schwierig, den ersten Kunden zu gewinnen. Helfen Messen einem jungen Designer in diesem Zusammenhang?

Florian Kallus: Ja, ich denke schon. In den ersten drei Jahren haben wir alles Mögliche gemacht. Wir waren drei Jahre hintereinander in Mailand und auch in Köln, Frankfurt, Paris, New York, überall. Wir waren in jedem Jahr auf vier bis fünf Messen, was natürlich sehr teuer ist. Aber auf diesen Messen sicherten wir uns die ersten Verträge. Die Normann Copenhagen Leuchte Cap oder der Menu Spiegel sind zum Beispiel direkt durch Messen entstanden und sind nun zentrale Projekte in unserem Portfolio. Kürzlich haben wir mit Living Divani den an der Wand zu befestigenden Schreibtisch Fju herausgebracht. Dieses Projekt haben sie zuerst im Rahmen des SaloneSatellite gesehen und ein solches Ergebnis zu erzielen ist sehr schwierig, wenn man mit einem Anruf oder einer E-Mail beginnt.

smow Blog: Ist die Medienberichterstattung für einen jungen Designer hilfreich? Kann sie dazu beitragen, die Aufmerksamkeit eines Herstellers zu erregen?

Florian Kallus: Wenn ich wirklich ehrlich sein soll, macht man das am Anfang, weil man denkt, dass es etwas bringt. Ich persönlich denke aber, dass es sehr wenig bringt. In den letzten vier Jahren hat uns nur ein einziges Mal ein Hersteller kontaktiert, weil er etwas von uns in der Presse gesehen hat! Für mich ergibt Medienpräsenz nur Sinn, wenn man Produkte auf dem Markt hat, wenn man Produkte bewirbt, die Menschen tatsächlich kaufen können. Zudem haben wir kürzlich verstanden, dass viele Hersteller nicht so sehr an einem Prototyp interessiert sind, der in einem Magazin oder auf einer Online-Plattform gut aussieht, sondern eher an einem Produkt, das man mit einer anderen Firma in Produktion hat. Denn das zeigt, dass man versteht, was man tut, dass man den Prozess versteht und in der Lage ist, ein Produkt vom Prototyp bis hin zur Markteinführung und Werbung zu durchschauen. Da besteht wieder eine Ähnlichkeit zur Autowerkstatt: Wenn jemand einmal sieht, dass wir, im übertragenen Sinne, ein Auto reparieren können, dann haben sie mehr Vertrauen, mit uns zusammenzuarbeiten.

smow Blog: Mit Herstellern zu arbeiten bedeutet, viel mehr nach deren Vorgaben zu arbeiten. Ändert sich eure Arbeit, wenn ihr mehr nach Vorgaben arbeitet?

Florian Kallus: Sie ändert sich ein bisschen, das haben wir definitiv bemerkt. Einerseits ist es ein wenig stressiger, denn man hat viel mehr Deadlines. Und obwohl die Vorgaben in der Regel nicht so spezifisch sind, muss man mit den Prozessen, Fähigkeiten, Preisstrukturen und oft auch mit den bevorzugten Materialien des Kunden arbeiten. Auf der anderen Seite ist es aber sehr viel angenehmer mit Vorgaben zu arbeiten, denn dann gibt es eine realistische Chance, dass etwas dabei herauskommt, eher, als wenn man etwas designt und dann versucht und hofft, es mithilfe eines Herstellers zu platzieren.

smow Blog: Haben sich die internen kaschkasch-Prozesse auch verändert? Wer macht was und wie entwickelt ihr Projekte?

Florian Kallus: Ich würde sagen, wir haben eher unsere Nischen im Studio gefunden, als dass sich etwas verändert hat. Sebastian ist eher der Techniker und zum Beispiel vorrangig für die 3D-Zeichnungen verantwortlich, während ich mich eher mit dem Gesamtkonzept und der Ästhetik des Objekts beschäftige. Was sich aber nicht geändert hat ist, dass wir beide eigene Ideen entwickeln und sie dann dem anderen vorstellen, sie kritisch diskutieren und nur dann weiterführen, wenn wir beide vollkommen überzeugt davon sind.

smow Blog: Am Ende noch ein Blick in die Zukunft. Plant ihr, in Köln und beim Möbeldesign zu bleiben?

Florian Kallus: Vorerst planen wir definitiv, in Köln zu bleiben und unseren Schwerpunkt im Bereich Möbeldesign zu lassen. Nicht zuletzt, weil wir im Bereich Möbel ein hohes Maß an Erfahrung und Expertise entwickelt haben. Was aber zurzeit sehr motivierend ist und was wir viel mehr vertiefen möchten, ist Lichtdesign. Licht ist ein riesiges Thema und ein faszinierender Markt, der zurzeit so vielfältig ist und sich so rasant entwickelt, dass das Thema für uns als Designer sehr verlockend ist. Also arbeiten wir im Moment daran, zahlreiche Lichtprojekte zu entwickeln und würden uns sehr gern weiter in diese Richtung bewegen.

smow Blog: Am Ende noch eine Frage, die aus technischer Sicht wahrscheinlich die erste Frage hätte sein sollen. Euer Name, warum „kaschkasch“? Ist das eine Art Wortspiel mit „cash“ oder „cache“ oder …?

Florian Kallus: Nein, nein, der Name kommt einfach von unseren Nachnamen KAllus und SCHneider……nicht komplizierter als das, aber es ist auch ein Name, an den Menschen sich erinnern können, was in der Möbelindustrie sehr nützlich ist!

Weitere Details über kaschkasch und ihre Arbeiten gibt es auf http://kaschkasch.com.

 

Tagged with: , , ,