Hommage à Pierre Jeanneret

Die Chandigarh Kollektion von Pierre Jeanneret und Le Corbusier

Pierre Jeanneret (rechts) mit Le Corbusier

Chandigarh: Ein Gemeinschaftsprojekt mit klarer Handschrift

Die Möbel, die heute unter der Bezeichnung Hommage à Pierre Jeanneret von Cassina neu aufgelegt werden, entstanden in den 1950er-Jahren im Kontext des ambitionierten Stadtbauprojekts Chandigarh im Norden Indiens, das 2016 in die Liste des UNESCO-Welterbes aufgenommen wurde. Während Le Corbusier die übergeordnete städtebauliche Planung verantwortete, war Pierre Jeanneret als Chief Architect für die Umsetzung vor Ort verantwortlich – über viele Jahre hinweg und mit weitreichender Eigenständigkeit. Neben der architektonischen Ausführung entwarf er auch Möbel für zentrale öffentliche Einrichtungen wie Gerichte, Universitäten und Verwaltungsgebäude. Diese Stücke zeichneten sich durch funktionale Gestaltung, robuste Materialien und handwerkliche Schlichtheit aus. Sie waren für den alltäglichen Gebrauch gedacht und trugen – als Bestandteil eines umfassenden, gemeinschaftlich gedachten Modernisierungsprojekts – nicht die Namen einzelner Gestalter.

Warum eine Hommage – und keine Urheberschaft?

Obwohl Pierre Jeanneret maßgeblich an der Gestaltung beteiligt war, wird er oft nicht als alleiniger Designer genannt. Dies ist auf mehrere Faktoren zurückzuführen: die enge Zusammenarbeit mit Le Corbusier, die lückenhafte Dokumentation vieler Entwürfe und Jeannerets eigene Bescheidenheit. Er verstand seine Arbeit als Dienst an der Gesellschaft und nicht als Mittel zur Selbstvermarktung. Die Bezeichnung „Hommage“ ist eine heutige Würdigung dieser Haltung: Sie ehrt sein gestalterisches Feingefühl und seine zentrale Rolle im Projekt Chandigarh, ohne die komplexe Entstehungsgeschichte der Möbel zu vereinfachen oder zu überhöhen.

Zeitloses Design mit neuer Sichtbarkeit

Heute bringt Cassina ausgewählte Entwürfe aus Chandigarh in präziser Fertigung neu auf den Markt – als bewusste Hommage an Pierre Jeanneret. Dazu zählen zwei Sitzmöbel, die heute unter den Namen Capitol Complex Chair und Capitol Complex Armchair geführt werden. Diese Bezeichnungen nehmen Bezug auf ihren ursprünglichen Einsatzort (Kapitol-Komplex) im Regierungsviertel von Chandigarh. Die Möbel stehen exemplarisch für Jeannerets Handschrift: formal reduziert, klar in der Linienführung und dennoch komfortabel durch gepolsterte Sitz- und Rückenkissen. Diese Neuauflagen verbinden das ursprüngliche Designverständnis mit hochwertiger Handwerkskunst und machen die stille Modernität seiner Entwürfe wieder erlebbar. Sie zeigen: Jeannerets Werk ist aktueller denn je – funktional, klar und kompromisslos im Anspruch.